Tichys Einblick
Wagemutiger Vorstoß aus Bayern

Söder (CSU): „Die Marine braucht für die Sicherung der Handelsseewege einen Hubschrauberträger“

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat die Idee Merkel-Kramp-Karrenbauer vom Flugzeugträger in abgespeckter Form aufgegriffen. Er will, dass die Marine einen Hubschrauberträger kriegt.

Hannes Magerstaedt/Getty Images

Weltweit gibt es 15 Länder, die über Flugzeugträger verfügen. In der Summe kreuzen derzeit knapp 50 davon die Meere. In der NATO stehen mit solchen Kriegsschiffen zahlenmäßig die USA an der Spitze, schließlich Großbritannien, Frankreich, dann Italien und Spanien. Selbst Länder wie Ägypten, Australien, Brasilien, Indien, Japan, Südkorea, Thailand haben solche „Geräte“, Russland ohnehin. China wird bald folgen, und die Türkei steht kurz vor der Inbetriebnahme eines ersten solchen Schiffes.

Unter den Flugzeugträgern unterscheidet man die herkömmlichen Träger, die mit Jet- oder Propeller-Kampfflugzeugen bestückt sind, und Hubschrauberträger. Deutschland hat weder das eine noch das andere, es hatte dergleichen auch in der NS-Zeit nicht – sondern nur beinahe. Am 8. Dezember 1938 war die „Graf Zeppelin“ als angehender Flugzeugträger vom Stapel gelaufen. Deren Ausbau verzögerte sich wegen des Krieges. 1943 stoppte Hitler den Fertigbau; die „Graf Zeppelin“ wurde in die Oder-Mündung geschleppt und als Ersatzteillager ausgeschlachtet.

Angesichts der genannten Länder mit Flugzeugträgern muss es verwundern, dass Deutschland als eines der wirtschaftsstärksten und zugleich rohstoffabhängigsten Länder der Welt und Europas sich solche Schiffe nicht leistet – nicht leisten will. Über die eine oder andere Drei-Zeilen-Meldung von Spitzenpolitikern ist die Frage nach dem Bau eines deutschen Flugzeugträgers auch nicht hinausgekommen. Merkel und Kramp-Karrenbauer (als CDU-Vorsitzende und Noch-nicht-Verteidigungsministerin) taten sich im Frühjahr 2019 reichlich ahnungslos damit hervor, indem sie von einem europäischen Flugzeugträger schwadronierten. (Siehe hier.) Vermutlich war ihnen in ihrer Ahnungslosigkeit gar nicht klar, dass herkömmliche Flugzeugträger – siehe Frankreichs „force de frappe“ mit der „Charles de Gaulle“ – atomgetrieben und atombewaffnet sind. Und daran sollte sich das demnächst von Merkel gänzlich atomkraftbefreite und von Haus aus atomwaffenfreie Deutschland beteiligen? Vermutlich war beiden auch nicht klar, was solche Schiffe kosten. Nun müsste es zwar kein Flugzeugträger sein in der Dimension der US-amerikanischen „Gerald R. Ford“, die 13 Milliarden Dollar gekostet hat; aber auch in kleinerer Ausfertigung geht so etwas schnell in die satten Milliarden.

Versenkung vor Stapellauf
Angela Merkel will einen Flugzeugträger
Nun hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Idee in etwas abgespeckter Form aufgegriffen. Er will, dass die Marine der Bundeswehr einen Hubschrauberträger bekommt. Das hat er soeben beiläufig in einem Interview mit der „Bild am Sonntag“ vom 15. September 2019 schlagzeilenträchtig von sich gegeben. (das ganze Interview hier.)

Wörtlich meinte Söder folgendes: „Die Marine braucht mehr funktionsfähige Schiffe, um unsere Handelsseewege zu sichern. Dazu gehört meiner Meinung nach auch ein Hubschrauberträger. Damit könnten wir vom leider bald eisfreien Nordmeer bis zum Südchinesischen Meer unseren Bündnisverpflichtungen nachkommen.“ Sieht man einmal von der „grünen“ Aussage zum Nordmeer ab, dann ist man versucht zu sagen: „Na sowas, der traut sich was!“ Denn Söder wird wissen, was das kostet (nämlich Milliarden, die nicht da sind), wie lange der Bau eines solchen Schiffes dauert (vermutlich acht Jahre) und dass über eine solche Argumentation (Handelswege freihalten) schon einmal ein Bundespräsident gestolpert ist.

Am 22. Mai 2010 hatte der damalige Bundespräsident Horst Köhler im Deutschlandradio in einem Interview auf dem Rückflug nach einem Besuch in Afghanistan etwas ungelenk gesagt: „Meine Einschätzung ist aber, dass insgesamt wir auf dem Wege sind, doch auch in der Breite der Gesellschaft zu verstehen, dass ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit auch wissen muss, dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen.“

Kritiker Köhlers sprachen umgehend von „Kanonenbootpolitik“, die dieser wolle, seine Äußerung sei „brandgefährlich“. Wenige Tage später, am 31. Mai, trat Köhler
nicht zuletzt wegen dieser Kritik zurück. Auch CDU und CSU hatten ihm nicht zur Seite gestanden und damit so getan, als dürfe Deutschland keine Interessen etwa an der Sicherung von Handelswegen haben.

Söder dürfte dieselben Gegen-„Argumente“ auf sich ziehen. Nur wird er deswegen nicht zurücktreten. Aber Recht hat Söder (zumindest diesmal), Recht hat er auch mit seiner Forderung, dass Deutschland alsbald das Zwei-Prozent-Ziel anstreben soll. Gemeint sind zwei Prozent BIP-Anteil für Rüstung und Verteidigung; im Moment liegen wir bei 1,3 Prozent, und die GroKo hat sich für 2025 gigantische 1,5 Prozent vorgenommen. Eines Landes wie Deutschland ist es jedenfalls unwürdig, dass die gesamte deutsche Marine so klein und so schwach ist wie noch keine deutsche Marine zuvor. Ein deutscher Hubschrauberträger wäre von daher eine Dame ohne Unterleib.

Solche Politik ist auch einer Wirtschaftsmacht wie Deutschland unwürdig. Oder weiß man nicht, wie wichtig das Offenhalten der Meerengen von Hormus und Malakka ist? Aber dieses von den „Eliten“ zur naiv-pazifistischen und ökopopulistischen Korrektheit umerzogene Deutschland will wohl seine weitere eigene Verzwergung und ein Kappen der Nachschubwege von Rohöl.


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