Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU, Verteidigungsminister vom 28. Oktober 2009 bis 3. März 2011) hat Bundeskanzlerin Merkel vorgeworfen, sie sei die Hauptverantwortliche für die Sparmaßnahmen in der Bundeswehr. Zu Guttenberg weist Merkel die Schuld für die Kürzungen während seiner Amtszeit zu. Wörtlich sagte er in einem Interview mit dem NDR: „Die Sparbemühungen damals gingen vom Bundeskanzleramt aus und sie wurden vom Bundesfinanzminister mit großer Vehemenz mitgetragen und den Schuh muss sie sich schon mit anziehen.“ Merkel habe „erhebliche Sparanstrengungen“ unternommen, kritisierte Guttenberg. Und weiter: „Ich habe so ein bisschen das Gefühl, dass die Aufmerksamkeit hin zur Bundeswehr wieder gelitten hat in den letzten Jahren. Und dass man wieder mehr dafür machen muss, um den Menschen in unserem Lande deutlich zu machen, was diese Männer und Frauen tatsächlich leisten. Und da ist es nicht allein mit Bahntickets getan. Das ist sicher eine schöne Initiative, aber das muss natürlich weitergehen.“
Richtig ist, dass die Bundeswehr vor allem seit 2005 zu einer Reformruine verkam. Seitdem stellte bzw. stellt die CDU/CSU insgesamt sechs Verteidigungsminister: Rühe, Jung, zu Guttenberg, de Maiziere, von der Leyen und nun Kramp-Karrenbauer. Man könnte fünfen davon – AKK aufgrund der kurzen bisherigen Amtszeit ausgenommen – die Schuld am desaströsen Zustand der Bundeswehr zuschreiben. Aber das wäre zu kurz gegriffen. Denn eines muss festgehalten werden: Seit 2005 steht an der Spitze der Bundesregierung nur ein Name – Angela Merkel. Für sie war die Bundeswehr immer ein nebensächliches Thema, sonst hätte sie hier das eine oder andere Mal von ihrer Richtlinienkompetenz Gebrauch gemacht und in Koalitionsverhandlungen zugunsten der Bundeswehr Flagge gezeigt.
Das Bundeskabinett folgte zu Guttenbergs Vorschlag am 15. Dezember 2010. Ab dem 1. März 2011 sollte niemand mehr einberufen werden. Vonseiten der CDU und ihrer Kanzlerin gab es keinen Widerstand, die FDP sah in diesem Beschluss ohnehin die Erfüllung eines lange gehegten Wunsches. Auch die CSU machte die Pläne ihres damaligen Stars bereitwillig mit. Der CSU-Parteitag hatte der Aussetzung der Wehrpflicht am 20. Oktober 2010 mit überwältigender Mehrheit zugestimmt. Ohne Gegenrede bei nur wenigen Gegenstimmen folgten die 1.000 Delegierten „ihrem“ Bundesverteidigungsminister. Dieser hatte das praktische Ende der Wehrpflicht mit folgendem Satz begründet: „Es ist eine sicherheitspolitische wie eine patriotische Verantwortung, die wir für die Bundeswehr haben.“
Also: Zu Guttenberg hat die Bundeswehr maßgeblich mit entkernt und dafür gesorgt, dass sie in der Öffentlichkeit kaum noch sichtbar ist. Was sollen also die Krokodilstränen? Und was soll der Vorwurf des „Gedruckses“, wenn es zu Guttenberg selbst war, der zwei seiner wichtigsten Leute vor die Tür gesetzt hat: nämlich Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhahn und Staatssekretär Peter Wichert. Beide hätten ihn, zu Guttenberg, gerade vier Wochen im Amt, am 25. November 2009 unvollständig über alle Berichte zur Bombardierung zweier Tanklastwagen bei Kundus im Norden Afghanistans am 4. September 2009 (also zu Jungs Amtszeit) informiert. Das Verteidigungsministerium hat diesen personellen Aderlass lange nicht verschmerzt. Und das Vertrauen der Truppe in den „Neuen“ war von Anbeginn an angekratzt.
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