Entweder ist sie überfordert, oder sie hat schwache Nerven, oder sie meint, sich nach wie vor brav vor ihre Vorgängerin als Parteichefin und nun auch ihre Kabinettschefin Merkel stellen zu müssen, oder sie will nach so manchem Kommunikationsdesaster endlich mal „Muckis“ (Muskeln) zeigen: Wahrscheinlich treffen auf die CDU-Vorsitzende und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer alle vier dieser Vermutungen zu.
Jetzt lanciert sie – wie zuvor schon ehemalige oder amtierende CDU-Beta-„Promis“ namens Karin Prien, Elmar Brock oder Ruprecht Polenz – ohne greifbaren Grund den Gedanken eines Parteiausschlussverfahrens gegen das CDU-Mitglied Hans-Georg Maaßen (56), den vormaligen, 2018 aus mehr als durchsichtigen Gründen entlassenen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz. Siehe hier.
Man fasst es nicht. Maaßen ist seit 1978, damals sechzehnjähriger JU-ler, CDU-Mitglied. AKKs Begründung jetzt? Eigentlich keine! Außer ein wenig Blabla: Maaßen habe keine Verbindung mehr zur Union. Und wörtlich: „Es gibt aus gutem Grund hohe Hürden, jemanden aus einer Partei auszuschließen. Aber ich sehe bei Herrn Maaßen keine Haltung, die ihn mit der CDU noch wirklich verbindet.“ Als ehemalige Landesinnenministerin des Saarlands sei sie, AKK, auch „froh, dass Herr Maaßen keine Verantwortung mehr für den deutschen Verfassungsschutz“ habe. Dass AKK mit solchen unbedachten Sätzen selbst zwei Fragen aufwirft, merkt sie offenbar nicht: Was verbindet eigentlich AKK und Merkel noch mit einer CDU eines Konrad Adenauer oder eines Helmut Kohl? Und wollte man sich des vormaligen Verfassungsschutzpräsidenten Maaßen nicht vor allem deshalb entledigen, weil man bereits den stromlinienförmigen Nachfolger Thomas Haldenwang im Auge hatte? Ob das der Sicherheitslage Deutschlands gutgetan hat!?
Was könnte Maaßens angeblich parteischädigendes Verhalten sein? Dass er Mitglied der „WerteUnion“ ist, die nichts anderes ist als eine Vereinigung, der es um die Wiederbelebung vormaliger CDU-Prinzipien geht? Dass er in der Causa „Chemnitz 2018“ belegt hat, wie die Regierungsspitze einem banalen Video aufgesessen ist und in dieses Video völlig zu Unrecht eine „Hetzjagd“ hineinprojiziert hat? Dass er die Merkel’sche Grenzöffnung vom Spätsommer 2015 immer noch für politisch und juristisch untragbar hält? Siehe hier. Dass er in einem Interview für die „Junge Freiheit“ vom 9. August 2019 vor einer „Erosion unserer Demokratie“ gewarnt hat? Aber Maaßen wäre nicht Maaßen, würde er ob der AKK-Drohung klein beigeben. Postwendend wirft er seiner Partei einen Linksruck vor. „Nicht ich habe mich von den Positionen meiner Partei entfernt, sondern die CDU ist unter der früheren Parteivorsitzenden (Angela Merkel) weit nach links gerückt“, sagt er.
Zurück zu AKK: Was „reitet“ sie? Will sie am Beispiel Maaßen ein Exempel statuieren und die Partei wieder voll auf Merkel-Linie bringen? Ist ihr der mehrmals kläglich gescheiterte Versuch der SPD, sich von Parteimitglied Thilo Sarrazin zu trennen, keine Lehre? Hat AKK übersehen, dass das CDU-Mitglied Maaßen im Vorfeld der anstehenden Landtagswahlen etwa in Sachsen für die CDU weitaus mehr und erfolgreichere Wahlkampfauftritte hinlegt als sie selbst und Kanzlerin Merkel zusammen? Will AKK unbedingt verhindern, dass Maaßen als ein passabler zukünftiger sächsischer Innenminister gehandelt wird?
Oder aber will sie – unbewusst und unwillentlich – die Sozialdemokratisierung der CDU so weit treiben, dass sie die SPD mit der CDU auf dem Weg in den Niedergang begleiten will?