Tichys Einblick
The Irony Man

SPD: Der Kandidat (der Herzen)

Bislang war Ralf Stegner vor allem für diejenigen Lieblingskandidat als SPD-Chef, die der Partei einen noch schnelleren Abstieg wünschen. Aber der will nun tatsächlich antreten.

imago images / sepp spiegl

Da müssen sie sich nicht wundern, die Spezialdemokraten, dass die Sache nicht mehr nur langsam aus dem Ruder läuft. Nach Siggi, Schulz und Nahles noch eine Extra-Hürde aufzubauen, als sei es so leicht in der ausgezehrten Partei überhaupt noch einen geeigneten Einzelkandidaten (m/w/d) zu finden. Entsprechend sieht, nach 37 Tagen, das Kandidatenfeld aus.

Da präsentiert die „Welt“ aus heiterem Himmel einen Kandidaten namens Maier, der Start-Up-Unternehmer sein soll und mit der Politik der SPD-Spitze gänzlich unzufrieden (und Sohn von Ingrid-Matthäus-Maier, einstmals FDP). Nun schiebt die „Bild“-Zeitung auf die elegante Art auch noch Ralf Stegner aufs Kandidatenpodest. „Warum Ralf Stegner eine Frau sucht …“ fragt „Bild“ scheinheilig, als wolle der Ralf aus der Pfalz (jetzt Bordesholm) seine Sibylle ersetzen, ohne die er wohl immer noch mit Schnurrbart und Karl-Lauterbach-Fliege herumliefe. Aber auch ohne „Bild“-Abonnement ahnt der Leser schnell, dass der Stegner Ralf eine Zweitfrau sucht, als Partnerin an der SPD-Parteispitze.

Schon spottet der Wiener „Kurier“ dezent: „Wird das das neue Gesicht der SPD?“ Damit wollen wir es mit den Bulldogge-Witzen belassen, allerdings nicht ohne auf die Alternative eines Rauschebartes osmanischer Prägung zur Steigerung der Wahlchancen zu verweisen. Damit würde Stegners Markenzeichen – hängende Mundwinkel – modisch kaschiert.

Viel interessanter ist, warum Stegner eine Frau lange suchen muss, denn würden die Partei-Damen mal Stegners Profil auf Wikipedia mit all den einseitigen Quellen anschauen, müssten sie sich eigentlich vor Ralfs Türe nur so drängeln. „Ein in Kultur badender Feingeist, der Musiktipps twittert und eine Zeitlang Gedichte ausdünstete“, sei der Ralf, behauptet die „taz“, ein Spaßklops, der für gute Laune sorge „bis unter die Decke“. Zudem ein ausgebildeter Fußballschiedsrichter, und in Harvard war er auch. Irgendwie.

Aber liebe Leser, die Ihr Euch vielleicht schon zu früh freut, dass die SPD mit einem Vorsitzenden Stegner endgültig den 5%-Limbo schaffen könnte, gemach. Noch hat sich Ralf, der sonst zu allem etwas zu sagen hat, in der Kandidatencausa nicht klar geäußert. „Ich sage derzeit dazu nichts – erst, wenn es handfest was zu sagen gibt.“ Natürlich sehen Beziehungsbeobachter jetzt dreimal hin, wenn Ralf auf Twitter postet: „Bürotermine im Kieler Landeshaus und dann geht es wieder nach Berlin, wo ich gemeinsam mit meiner Kollegin Natascha Kohnen eine innerparteiliche Arbeitsgruppe zu Grundsatzfragen leite.“

Ralf und Natascha? Vom Wähler gleichermaßen verkannt, aber innerparteilich? Gingen auch Ralf Stegner und Johannes Kahrs zusammen? Die mit „Gut so“ und „…und das ist auch gut so“ als erste Thilo Sarrazins Rausschmiss (Verfahrensrevision läuft) begrüßten?

Der Unfug mit dem Pas de Double

Vielleicht haben sich die amtierenden Damen (und Thorsten) von der SPD- Übergangsregierung die Pärchenvariante ja ausgedacht, um Ego-Shooter (wie Siggi & Martin) zu verhindern? Nur dummerweise trauen sich als Paar nun auch denkbar Ungeeignete aufs Tanzparkett. Als erste forderte Gesine Schwan, die wohl dachte, es handele sich um Damenwahl, Kevin Kühnert auf, der dankend ablehnte.

Es folgten Christina & Michael. Michael Roth ist seit Frank-Walter im Außen-Ministerium für die vielen Christopher-Street-Day-Paraden zuständig, die die BRD großzügig finanziell unterstützt. Seine Partnerin Kampmann kennt selbst im Homeland NRW kaum jemand, obwohl sie da zwei Jahre lang Gedönsministerin war. Michael verwechselt schon mal Russland mit Iran, was Homosexuellenverfolgung angeht, wirft aber für den parteiinternen Wahlkampf sein großes Herz in die Waagschale. „Wir (also Deutschland) nehmen alle auf, wenn Italien und die anderen Mediterranen die Häfen öffnen“, frohlockte er bei Hart aber Fair.

Als die Schleusen des Frohsinns erst einmal geöffnet waren, ließ sich auch Karl „die Fliege“ Lauterbach nicht mehr abhalten, als Vorsitzender der SPD zu kandidieren. Seine Lady-Quote Nina Scheer ist Tochter des langjährigen SPD-Abgeordneten Scheer, außerdem spielt sie Violine.

Und die Paarung Flensburger Oberbürgermeisterin Simone Lange und Bautzener Oberbürgermeister Alexander Ahrens wollen wir auch nicht unterschlagen. Und nun also auch noch Ralf, der sich zuerst auf Brautschau begeben muss. Vielleicht ist das aber alles nur ein großes Kunstprojekt? Vom Zentrum für politische Schönheit? Aber sind die Aktivisten nicht inzwischen verboten?

Lesen Sie Stephan Paetow auch auf
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