In der Bundesregierung hat sich ein wahres Unwesen an extern bestellten „Beratern“ und extern in Auftrag gegebenen „Studien“ breitgemacht. Kaum ein Hahn allerdings kräht danach, dass es hier um Milliarden geht – das Ganze selten mit erkennbarem praktisch-politischem Nährwert.
Beispiel 1:
Die Bundesministerien gaben zwischen Oktober 2013 und Juni 2019¬¬¬¬ fast 1,3 Milliarden Euro für externe „Studien“ aus, zum Beispiel für empirische Forschung, Sachverständigengutachten, Begleitforschung und demoskopische Untersuchungen. Siehe https://www.maz-online.de/Nachrichten/Politik/Milliarden-Kosten-Die-Studien-Republik-So-viel-gibt-die-Bundesregierung-fuer-wissenschaftliche-Unterstuetzung-aus Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Hagen Reinhold hervor. Nicht eingerechnet sind Gelder für Beraterfirmen. Die annähernd 1,3 Milliarden verteilen sich dabei wie folgt: das Bundesumweltministerium gab 454 Millionen Euro aus; das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie rund 229 Millionen Euro; das Verkehrsministerium etwa 175 Millionen Euro. Vergleichsweise preiswert waren andere Ministerien: das Justizministerium (4,4 Millionen Euro), das Auswärtige Amt (5,9 Millionen) und das Finanzministerium (6,9 Millionen). Das in diesem Fall rühmliche Schlusslicht bildet mit 1,8 Millionen Euro das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. So weit einige Summen! Nicht immer offengelegt wird, was die einzelnen Studien gekostet haben. Das Bundesarbeitsministerium etwa begründet diese Verschleierungstaktik mit dem „Recht auf Wahrung von Geschäftsgeheimnissen“. Siehe ferner die 108 (!) Seiten umfassende Antwort der Bundesregierung auf die Anfrage des FDP-Abgeordneten Hagen Reinhold allein zu den Studien des Umweltministeriums. Interessanterweise wird dort mancher Auftragnehmer nur mit „N.N.“ benannt. So viel zum Thema Transparenz!
Beispiel 2:
Allein im ersten Halbjahr 2019 investierte die Bundesregierung mindestens 178 Millionen Euro in externe Beratung. Das ergibt sich aus einer Umfrage des Finanzministeriums in den 14 Ressorts, die auf Anfrage des Linken-Abgeordneten Matthias Höhn durchgeführt wurde. Am teuersten war das Innenministerium mit 78,7 Millionen Euro, gefolgt vom Verkehrsministerium mit 47,7 Millionen Euro. Das Bildungsministerium benötigte dagegen am wenigsten zusätzliche Expertise. Dort wurden in den ersten sechs Monaten des Jahres nur 293.000 Euro für Berater ausgegeben. Vom Kanzleramt und vom Verteidigungsministerium gibt es keine Angaben. Bei letzterem sei die „entsprechende Erhebung (…) noch nicht abgeschlossen“, so die regierungsamtliche Antwort. Apropos Verteidigungsministerium: Der Einsatz von externen Beratern etwa der Firma McKinsey wird seit Anfang des Jahres vom Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss überprüft. Es geht um Summen in der Größenordnung von über 200 Millionen Euro; und es geht um den Vorwurf unkorrekter Auftragsvergabe bis hin zu Vetternwirtschaft.
Beispiel 3:
Seit 2006 hat die Bundesregierung mindestens 1,2 Milliarden Euro für mehr als 6.000 Verträge mit externen Beratern ausgegeben. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Finanzministeriums beim Kanzleramt und den 14 Bundesministerien, die auf Anfrage ebenfalls des Linken-Abgeordneten Matthias Höhn im Februar 2019 durchgeführt wurde. Die höchsten Ausgaben für Expertise von außen meldeten das Finanzministerium selbst mit 258 Millionen und das Innenministerium mit 208 Millionen Euro. Gänzlich rekonstruierbar aber sind all die Zahlen nicht, denn die entsprechenden Akten müssen nur fünf Jahre aufbewahrt werden. Für die Jahre bis 2014 sind daher teilweise keine oder nur lückenhafte Unterlagen vorhanden. Außerdem definieren die einzelnen Ressorts unterschiedlich, was unter „Berater- und Unterstützungsleistungen“ zu verstehen sei. Das Sichtbare ist also womöglich nur die Spitze eines Eisbergs. Ab 2014 sind, soweit vollständige Akten existieren, die Ausgaben für externe Regierungsberater jedenfalls deutlich gestiegen. 2014 lagen sie laut Aufstellung des Finanzministeriums noch bei 63 Millionen Euro, 2015 waren es schon 105 Millionen, 2016 stieg die Zahl auf 243 Millionen und 2017 bei 248 Millionen Euro. Für 2018 haben noch nicht alle Ministerien Zahlen gemeldet. Siehe hier.
Fragen über Fragen: Was soll dieses sündteure Studie- und Berater-Unwesen? Hat die Bundesregierung nicht mehr als 20.000 zumeist hochdotierte Mitarbeiter? Öffnet die Bundesregierung sich damit nicht interessengeleiteten Einflüssen? Ist dieses Unwesen eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für unterbeschäftigte oder gar willfährige „wissenschaftliche“ Gefolgsleute? Siehe oben die „N.N.“-Auftragnehmer!
Und: Warum gaben vor allem vergleichsweise kleine Ministerien, nämlich die für Umwelt und für Verkehr, so viele Gelder aus? Will das Umweltministerium damit den ohnehin nicht mehr steigerbaren Öko-Populismus und Klima-Hype weiter befördern? Und was das Verkehrsministerium betrifft: Warum gab es dort nicht wenigstens eine Studie, die den Herrn Verkehrsminister davon abgehalten hätte, für den Wahlkampf-Rohrkrepierer „PKW-Maut“ Hunderte von Millionen in den Sand zu setzen?
Es ist alles nur noch ein Kasperltheater. Die Regierenden wollen sich offenbar mit externer „Expertise“ immunisieren gegen Angriffe auf ihre mangelnde Kompetenz und auf ihre Unfähigkeit bzw. Unwilligkeit, Entscheidungen zu treffen. Regierungsamtliche Unmündigkeit eben!