Das war ja zu erwarten: Der dubiose Abmahnverein Deutsche Umwelthilfe e.V. will die Böllerei zu Silvester verbieten lassen. In 31 Städten hat der Verein ein Verbot beantragt, angeblich um die Innenstadtbereiche vor Luftverschmutzung zu schützen.
Stuttgart, Berlin, Gelsenkirchen, Hagen, Köln und viele weitere Städte sollen von dem Böllerverbot betroffen werden. Die Deutsche Umwelthilfe verkündet großspurig wie eine Regierung neben der Regierung: »In einem ersten Schritt sollen die 31 Städte von der Silvester-Böllerei befreit werden, die nachweislich am stärksten unter der Luftbelastung mit Feinstaub leiden. Für die Bürger in den übrigen besonders belasteten Städten führt die DUH am 21. August 2019 ein Fachgespräch mit dem Deutschen Städtetag, um dort über ein möglichst flächendeckendes Ende der privaten Silvester-Böllerei zu verhandeln«, verkündet DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
»Fachgespräch« – das Wort hat in diesem Zusammenhang schon seinen eigenen Reiz. Die Belastung mit gesundheitsschädlichem Feinstaub an Silvester entspreche 16 Prozent der jährlichen Menge aus dem Straßenverkehr«, werfen die »Fachleute« des Vereins in den öffentlichen Raum.
Der Blick in die Statistiken des Umweltbundesamtes straft den Umwelthilfe-Verein Lügen: Der Feinstaubanteil steigt wie zu erwarten durch explodierende Knallkörper an. Doch ähnlich schnell verteilen sich die Partikel wieder. Etwa ein bis drei Stunden nach Ende des Feuerwerks sind die Werte wieder drastisch nach unten gegangen. Nur bei Nebel dauert es etwas länger. Der Feinstaub konzentriert sich auf die Orte, an denen Feuerwerke abgebrannt werden; die Werte sinken außerhalb schnell ab, auf dem Land zeigen die Daten kaum Feinstauberhöhungen aus Silvesterknallern.
Das Erstaunliche: Trotz Feuerwerk werden die Tagesgrenzwerte an den meisten Orten in Deutschland nicht überschritten. Die Tageswerte liegen stets unter den EU- Richtwerten. Die Messexperten des Umweltbundesamtes haben dies erst beim letzten Silvesterspaß überprüft.
Wiederum die PR-Experten des Umweltbundesamtes hingegen wissen so genau nicht Bescheid: Mal veröffentlichen sie, dass 4.000 Tonnen Feinstaub in die Luft geblasen werden wie zu Silvester 2016, im Jahr darauf sollen es angeblich 5.000 Tonnen gewesen sein; auf diese Zahl hat sich auch der Verein Umwelthilfe eingeschossen. Danach sollen es wieder 4.500 Tonnen gewesen sein. Ziemliche Unterschiede, doch die Feuerwerkshersteller betonen, dass sie keine Schwankungen im Absatz der Feuerwerkskörper bemerken, im Gegenteil: der Verkauf auf dem deutschen Markt sei eher rückläufig. Die Mengen, die das Umweltbundesamt angibt, sind offenbar nur mit viel Fantasie zustande gekommen. Selbst diese augenscheinlich windigen Werte betragen nur zwei Prozent des gesamten Feinstaubes von rund 220.000 Tonnen, die pro Jahr in Deutschland freigesetzt werden.
Erst im Frühjahr steigen die Werte richtig an, wenn Milliarden von Blüten ihre Feinstäube verteilen. Die Natur hat schuld. Hat eigentlich ein Epidemiologe schon errechnet, um wieviel Sekunden länger die Bürger leben, wenn Feuerwerke verboten werden? Sie kennen auch keine Antwort darauf, warum seinerzeit die Leute in der von Braunkohlesmog belasteten DDR unter deutlich weniger Asthma gelitten haben.
Also Drama pur des umstrittenen Abmahnvereins, um die eigenen Kassen zu füllen. Eine Antwort, warum der Verzicht auf ein Silvesterfeuerwerk eine angeblich zu hohe Feinstaubbelastung senken würde, bleibt er schuldig.
Die Rückstände von Feuerwerkskörpern sind übrigens anders zusammengesetzt als von Verbrennungsprozessen. Hier sind es Rußteilchen mit Kondensaten, bei Feuerwerkskörpern bleiben lösliche Salze übrig. Es werden keine schwermetallhaltigen Salze bei der Zusammenstellung der Feuerwerkskörper verwendet, die übrigens in ihrer genauen Zusammensetzung zugelassen werden müssen.
Ginge es dem Abmahnverein tatsächlich um die Gesundheit, müssten Kerzen am Adventskranz verboten werden. Eine Kerze überschreitet bereits den von der EU festgelegten Feinstaubgrenzwert um das Zweifache. Und hier ist die Exposition um ein Vielfaches länger in einem geschlossenen Raum als bei einem Feuerwerk.
Und der Verein müsste Anträge stellen, den U-Bahn-Verkehr schnellstens zu verbieten. In den U-Bahnhöfen hatte die DEKRA einst Messwerte um die 100 bis 120 Mikrogramm pro Kubikmeter Feinstaub nachgewiesen – das ist mehr als das Doppelte des Tagesgrenzwertes. Da hilft nur schnell nach oben zu Deutschlands »dreckigster Kreuzung«, dem Stuttgarter Neckartor. Das ist mit 25 Mikrogramm pro Kubikmeter ein Luftkurort.