Boris Johnson war selbst einst Journalist beim Spectator. James Forsyth brachte eben dort auf den Punkt, was auf den neuen Premierminister wartet: „Boris Johnson’s first 100 days will make or break him.”
Wie der neue Mann in Downing Street No. 10 das Ganze angeht, fasst Forsyth so: „His speech from the steps of Downing Street on Wednesday afternoon was full of announcements designed to address the Tories’ electoral vulnerabilities. He pledged to start recruiting 20,000 more police officers immediately, to take action on social care and increase school funding.”
Johnson kündigte gleich mal Schwachstellen der Tories bei bevorstehenden Wahlen an und was er tun will: 20.000 mehr Polizisten sofort, mehr Sozialfürsorge, mehr Geld für Schulen.
Da sind wir bei der ersten Parallele von Boris Johnson zu Donald Trump. Beider Priorität ist Wahlkampf. Alles, ausnahmslos alles, was The Donald unternimmt, ist auf die nächste Präsidentschaftswahl ausgerichtet. Alles, ausnahmslos alles, was BoJo tut, zielt auf die nächsten Parlamentswahlen.
Daraus folgt die zweite Parallele. Forsyth definiert es für Johnson so: „Boris will need the public to put pressure on parliament. This is why it’s worth keeping a close eye on how opinion polls react to his premiership.” Der Brite braucht den öffentlichen Druck, um sich im Parlament durchzusetzen. Der Amerikaner kam nur auf diese Weise ins Amt und kann nur über die permanente Mobilisierung der öffentlichen Meinung im Amt bleiben.
Deshalb hat Boris Johnson ein Wahlkampf-Kabinett zusammengestellt. Forsyth: „His cabinet looks like a team created with an election in mind; the technocrats have been replaced by those more comfortable on the television and the stump.”
Die dritte Parallele ist möglicherweise die entscheidende. Beide, Boris und Donald haben eine emotionale Botschaft.
Die von Donald Trump kennt jeder: „Make America Great Again.” Boris Johnson kennt sie auch und lässt sich in seinem ersten Statement im Parlament nicht lumpen: „Making this country the greatest place on earth.”
Es ist ein Versprechen für eine bessere Zukunft. Das erscheint auf den ersten Blick trivial. Aber in Deutschland hat sich nur ein „Weniger” als Versprechen eingebürgert: Weniger für den Bürger, mehr für den Staat. Weniger Selbstbestimmung, mehr Europa. Weniger Wohlstand, aber wachsende Leistungen für Zuwanderer. Weniger Wachstum, mehr Klima. Weniger Sicherheit, aber offene Grenzen. Weniger Bildungsanstrengung, besser Noten. Trump und Johnson dagegen stellen wieder ihre Bürger und Wähler in den Mittelpunkt. Im übrigen deren Mehrheit, nicht kleinste Minderheiten, denen die Herrschaft über die Mehrheit versprochen wird. Deswegen werden sie als Populisten beschimpft. Sie werden es ertragen.
Was Boris und Donald sonst gemeinsam haben von der Frisur über die gemeinsame Herkunft aus der Mittelschicht und so weiter, beschäftigt die Boulevardpresse. Für die üblichen Beschimpfungen sorgt die Qualitäts-Presse. Der Spiegel etwa titelt: MAD in England. So einfach ist das. Wer nicht ins Berliner Konzept passt, kann einfach nur verrückt sein. Dabei offenbart so eine Zeile nur die Unfähigkeit, Entwicklungen analysieren und nachvollziehen zu können. Damit isoliert sich Deutschland, das umgeben ist von „Verrückten”. Wir sind zurück im Reich der Überheblichkeit und Selbstüberschätzung. Denn Donald und BoJo sind die Wichtigeren, die sich nicht um die Meinung des deutschen Mainstreams scheren. Italiens Lega und namentlich Innenminister Matteo Salvini gehören dazu wie Viktor Orbàn und die polnische Regierung. Lauter Verrückte?
Wie Forsyth sagt, die ersten hundert Tage werden es zeigen. In einer Welt voller Spießer und Verwechselbarer in Politik und Medien im ganzen Westen, haben Männer wie Boris und Donald gute Chancen, die Herzen der Bürger zu erreichen.