Tichys Einblick
Panikattacken bewirken Abstumpfung

Klima: Auf zum letzten Gefecht gegen das CO2 – und wenn es noch so sinnlos ist

Schüler und Eltern für Future überschlagen sich, Politiker laufen hinterher und wollen sich an die Spitze einer Bewegung setzen, die im Kreis läuft und auf der Stelle tritt: Die lustigsten Bocksprünge der Klima-Betroffenen.

Nicolò Campo/LightRocket via Getty Images

Die Maßnahmen zur Rettung des Weltklimas überschlagen sich: Kohlekraftwerke sollen ganz schnell erkalten, auf den Tisch kommen nur noch vegane Menüs ganz ohne Fleisch, Milch und Butter, im Deutschlandfunk wird die Forderung laut, den Konsumenten solle „Fleischkonsum, Wohnraum, Autofahren und übermäßiger Konsum madig gemacht werden“. Innerdeutsche Flüge sind ohnehin nur noch für Politiker und Beamte auf der Strecke Berlin-Bonn erlaubt, Mallorca ist gestrichen, Reit im Winkel und Ruhpolding sollen wieder mit den Sonderzügen zu Megaurlaubszielen werden – zurück in die 50er; der Postwirt wird wieder zum Ballermann auf bayrisch.

Absurdistan
CO2-Steuer - auch auf Atemluft?
Urlaubsexotik gibt es dann nur noch im Rahmen der Blumeninsel Mainau. In Konstanz, der ersten Stadt, die den Klimanotstand ausgerufen hat, sollen in öffentlichen Kantinen nur noch einmal pro Woche Fleisch angeboten werden, sonst nur vegan, wegen Klima. Aber wer will dann noch an den Bodensee fahren – und vor allem, wie: der ist mit der Bahn notorisch schlecht angebunden und wo man dann vielleicht befürchten muss, dass die Schaufensterscheiben der letzten verbliebenen Metzgereien mit einem „KS“ für Klimaschwein besprüht werden. Der Fanatismus paart sich mit einer bürokratischen Genauigkeit im erfinden, messen und wiegen schikanöser Maßnahmen, was bekanntlich in Deutschland höchst gefährlich ist.

Und natürlich soll der Energieverbrauch noch weiter verteuert werden, sei es durch eine Steuer oder eine Zertifikate-Lösung. »Benzin und Heizöl werden teurer«, fordert Umweltministerin Svenja Schulze von der SPD und ihre Parteifreundin Malu Dreyer weiß auch warum: »Durch die Klimaprämie pro Kopf erreichen wir, dass die Menschen mit geringeren Einkommen stärker profitieren, weil sie typischerweise weniger CO2 verbrauchen.«  Wer schneller spricht, als er denkt, bringt eben Verbrauch und Produktion durcheinander. Ansonsten ist der Sound des schnellen Handelns perfekt, wird im Brustton der Überzeugung vorgetragen und Panik glimmt gretagerecht in den Augen. Da darf die CDU nicht fehlen: Weil die Grünen 100 Milliarden für ein Klima-Sofort-Programm fordern, will CDU-Fraktionschef Ralf Beinhaus gleich viele „Hunderte“ Milliarden einsetzen – wer hat noch nicht, wer braucht noch ein paar Nullen?  Bei so viel dynamischer Entschlossenheit geht die Frage eines kleinen Steuerzahlers schnell unter: Aber stimmt es auch, was die sagen? Passt es zueinander?

Chaos im Klima-Kuddelmuddel

Pharisäer allewege
Bahnfahren predigen und selber fliegen
Wie immer dauern Antworten länger, weil Argumente mehr Raum und Nachdenken mehr Zeit benötigen als Aktionismus und Reden: Dass Veganismus von vielen Ernährungswissenschaftlern als bedenklich, für manche Ernährungstypen sogar als schädlich eingestuft wird und die dafür benötigten Eiweißmengen häufig aus Regenwäldern stammen, die zu Soja-Farmen abgeholzt werden; dass Strom auch fließen muss, wenn der Wind nicht weht und Stromspeicher nicht vorhanden sind: egal.

Egal, dass das Abschalten der Kernenergie den so schädlichen CO2-Ausstoß um 18 Prozentpunkte gesteigert hat und Deutschland damit ein Öko-Sünder par excellence ist: auch egal, weil Logik nicht zählt, wenn das heiße Herz den Mund zum sprudeln bringt. Dumm nur: Mit den AKW in Betrieb hätte Deutschland kein Problem mit der Einhaltung irgendwelcher Klimavereinbarungen. Stattdessen wird um den großen Klimafehler auszubügeln mit Klein-Klein korrigiert – das hilft buchstäblich nichts, aber quält und schikaniert. So wird jetzt empfohlen, fürs Klima nicht mehr warm zu duschen, einen Wasserkocher statt Herdplatte und Toaster statt Backofen zu benutzen: Also erst mal Gas geben beim Konsum.  Natürlich Bahn statt Auto und wenn Auto, dann E – dass die notwendige Verkehrsinfrastruktur nicht zur Verfügung steht und neue Autos – egal mit welchem Antrieb – erst gebaut werden müssen und damit jene Ressourcen verbrauchen, die sie eigentlich einsparen sollen: geschenkt. 

Der ökologische Fußabdruck der Öko-Tipps zieht eine Schneise der Verwüstung durch die Öko-Bilanz wie eine Dinosaurier-Herde von der Sorte Prontosaurus (30 Tonnen Lebensgewicht) im Schrebergarten.

CO2-Zertifikate senken Benzinpreis

Lemminge
Alle wollen die CO2-Steuer
Der Teufel liegt wie immer im Detail. Wird CO2 einheitlich bepreist, werden also Abgaben unabhängig von der Verwendungsform wie Heizen, Benzin, Produktion usw. vereinheitlicht, wie es CO2-Steuer und Zertifikatslösung gleichermaßen fordern, dann wird der Benzinpreis sinken, denn Benzin und auch Diesel ist heute schon hoch besteuert und wird somit entlastet. Dass E-Autos Strom brauchen, Plastiktüten aus Deutschland nicht in den Indischen Ozean gelangen, sondern in 99 Prozent der Fälle in der nach deutscher Tradition perfekt geordneten Mülltrennung und -verwertung landen: ignoriert. Beton soll durch Holz ersetzt werden. Schön, nur leider sterben die Wälder gerade, weil Trockenheit und der Verzicht auf Ungezieferbekämpfung den Borkenkäfer zum alles zerstörenden Schädling päppeln.

Oder soll es wieder zum Kahlschlag der Wälder kommen, die eigentlich das böse CO2 binden, weil Pflanzen es fürs Wachstum brauchen, und zwar notwendigerweise? Also Abholzen oder doch lieber Aufforsten für den Klimawandel? Wobei Aufforstung als Wunderwaffe angeboten wird – allerdings dauert das ein Jahrhundert und bekanntlich sind wir bis dahin schon zehn mal tot. Landwirtschaft und Industrie sollen mit Abgaben belastet werden, die ihre Produkte kräftig verteuern und den Konsum einschränken. Damit der Export dann nicht ganz zusammenbricht, müssten allerdings dann allerdings CO2-Grenzen eingezogen werden.

Wer darüber hinaus exportiert ins liederliche Ausland, erhält die Abgabe zurückerstattet, wie derzeit die Mehrwertsteuer, die für Exportgüter nicht abgeführt wird. Das ist machbar, aber wollten wir nicht gerade Grenzen abschaffen? Und die Rückgabe der vorher abkassierten Öko-Steuer – wie soll die gehen? Pauschal – dann fehlt jede Lenkungswirkung. Also gemessen? Gibt es dann einen CO2-Steuerjahresausgleich, indem Euros abgezogen für jeden Flug und Auto-Kilometer und Euros gutgeschrieben werden für nachweisliches Nicht-Atmen und Verzicht auf Fleisch? Jedenfalls würde eine Branche wachsen – die Bürger-Überwachungsbehörde, zuständig für Konsumkontrolle und ökologisch korrekte Verhaltensweisen, kurz: Blockwart-Ministerium.

Konsumiert! Konsumiert! Konsumiert! 

SPD will von Pendlern nicht gewählt werden
Sozial nach Malu Dreyer: »Benzin und Heizöl werden teurer.«
Während der Klima-Aktionismus also immer neue Einschränkungen des Konsums erfindet, soll an anderer Stelle gleichzeitig der Konsum angeheizt werden: Die neue Präsidentin der EZB, Christine Lagarde, hat das Amt deshalb zuerkannt bekommen, weil sie die Zinsen noch weiter senken soll; notfalls soll Bargeld reduziert werden, um das Horten und Verstecken von Kaufkraft zu verhindern. Denn die EZB soll europaweit den Konsum anheizen. In Südeuropa, mittlerweile aber auch im hochverschuldeten Frankreich läuft die Wirtschaft nicht, es droht Arbeitslosigkeit und ohne Steuern auf Konsum der Staatsbankrott. Deswegen also sollen mit Hilfe der Geldpolitik Konsumverweigerer und Sparer bestraft, Investitionen und Konsum angekurbelt werden. Können wir das so hinnehmen oder sollte Deutschland die konsumorientierte Euro-Zone verlassen und eine Klima-Mark einführen, die auf Konsumanheizung verzichtet? Raus aus dem Euro, um mit der Mark das Klima zu retten – das wäre der logische Schritt. Er wird nicht kommen.

Die Konsumenten reagieren längst auf ihre Art. Der Absatz spritfressender SUVs erreicht ebenso Rekordhöhe wie Urlaubsflüge. Immer neue Panikattacken führen zu Abstumpfung.

Am Ende geschieht – gar nichts. 

Anzeige
Die mobile Version verlassen