Salvinis Platz im Saal der Innen- sowie Außenministerkonferenz in Paris blieb also leer. Saftig war der Brief des italienischen Vize-Premiers, der bereits Sonntagabend kommuniziert wurde. Frankreichs Innenminister Castaner machte eine gute Miene zum angespannten Spiel um die Seenotrettung genannte illegale Einwanderung im Mittelmeer. Man kann davon ausgehen, dass Italiens Position alle Vertreter bestens verstanden haben – bereits weit vor Salvinis Brief. Im Grunde genommen war Italiens Position und die von Malta nicht erst seit der Farce Sea-Watch 3 bekannt.
Nur die eindeutige „Attacke“ auf Frankreich und Deutschland und deren Hauptprotagonisten Macron und Merkel hatte an nicht gekannter Schärfe zugenommen. Kurz, knapp und deutlich: Italien und Malta wollen keine weiteren illegalen Einwanderer mehr an Land lassen. Tempi passati. Dafür sei Salvini gewählt worden und im kleinen Malta sind die Kapazitäten restlos überstrapaziert.
Während sich die Minister der 28 EU-Mitgliedsnationen von einer Konferenz hin zum nächsten Arbeitskreis verabreden (ganz dem Motto, und wenn Du nicht mehr weiter weißt, dann gründe einen …), im Wissen der wahren Problematik im Mittelmeer und vor Libyen, gaben die Hilfsorganisationen SOS Méditerranée und „Ärzte ohne Grenzen“, bekannt, sie würden die „Seenotrettung” auf dem Mittelmeer wieder aufnehmen. Sicher befinden sich damit auch die Schleuserboote wieder in Wartestellung.
Sie sehen sich als professionelle „Seenotretter”, müssten also helfen, das neue Rettungsschiff „Ocean Viking“, so berichteten italienische Medien schon vor Tagen, ist nach Angaben der Organisationen bereits seit vergangenen Donnerstag – wohl von Norwegen aus – wieder auf dem Weg in Richtung Mittelmeer.
Der Vorschlag Italiens und Maltas, außerhalb und nah an den Herkunftsländern in Libyen und den anderen Maghrebstaaten Hotspots und Aufnahmezentren für eine Registrierung und Asylprüfung aufzubauen, wurde von der Seite der Franzosen und Deutschen kaum notiert, geschweige denn ernsthaft diskutiert – und das, obwohl Italien etliche Mitstreiter der EU auf seiner Seite weiß.
Um so erstaunlicher ist, dass das Treffen in Paris zwar ohne Lösung zu Ende ging, Deutschland und Frankreich sich aber unisono zuversichtlich zeigten, spätestens im September eine einheitliche Lösung zu finden, sprich 14 (Macron) oder 15 (Maas) Unterstützer-Nationen. Wenn man den Herren Glauben schenkt, geht also das Ertrinken im Mittelmeer weiter, bis die Politik aus dem Urlaub zurück kehrt. Oder weiß sie, dass die Boote der Schlepper erst in See stechen, wenn die Taxi-Boote zur Weiterführung des Transports bereit stehen Dann kann man ja noch bis September warten; EU-Zynismus pur.
Das nächste Treffen ist also erst im September, die Politiker machen bald Urlaub. Bis dahin, so scheint es, kann die Lage mit irgendeinem NGO-Boot jedoch auch wieder eskalieren. Italien hat Klartext gesprochen, aber in der Rolle des unmenschlichen Buhmanns taugt das Land der EU immer. Auch als Ablenkungsmanöver von hausgemachten Fehlern.