Für mehr Rechte, einen offiziellen Aufenthaltstitel und bessere Bedingungen allgemein gingen die Schwarzafrikaner und Migranten aus Nordafrika vor kurzem auf den Straßen von Paris auf die Barrikaden. Was für ein Anblick kurz vor den Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag. Lautstark und voller Inbrunst demonstrierten sie ausgerechnet vor dem Pantheon. Mit Ruhm bekleckert sich Frankreichs Präsident Emmanuel Macron derzeit auch nicht – im Gegenteil, ganz viel Symbolpolitik im Allgemeinen. Seinen Machtanspruch für Frankreich durch Gesten und eine subtile EU-Politik irgendwie zu festigen versuchend, hebt Macron zudem den moralischen Zeigefinger in Sachen „Flüchtlingspolitik”, das ausgerechnet gegenüber Italien und den Visegradstaaten – aber Matteo Salvini hat es die französische Regierung derzeit ganz besonders angetan.
Etliche von ihnen, berichtet die Reportage von Giuseppe de Lorenzo und Costanza Tosi des Il Giornale, die auch wegen der vorhandenen französischen Sprachkenntnisse über die Grenzen wollten, meist auch über die Alpen geschleust, erleben in Frankreich dann eher die Hölle denn ein Herzliches Willkommen, wie es Macron stets offensiv medienwirksam für Redaktionen und Kameras propagiert.
Überhaupt ist das Frankreich des Emmanuel Macron bekannt dafür, dass es Flüchtlings- und Migrationspolitik gern bei Nacht- und Nebelaktionen abwickelt (man erinnere sich an Räumungen der letzten Jahre z.B. improvisierter Camps oder des „Dschungels“ von Calais).
Die Glücklichen, die es dennoch mit ihren Schleusern und ein paar Fahrzeugwechseln bis nach Frankreich schaffen, meistens werden sie in alten Sprintern durch die Gegend kutschiert, rausgelassen und gleich von den Streifen aufgegriffen, erleben dann Frankreichs wahres Gesicht bei der Registrierung, wie ein paar illegale Einwanderer, die anonym bleiben wollen, den Reportern berichten.
Einmal in einer Zelle der Aufnahmezentren oder Dienststellen nah der Grenzen angekommen, meistens spät in der Nacht (der Einwanderer kann nicht vor morgen früh abgelehnt werden; aber es wird oft ein Schnellverfahren angestrebt), werden die illegal Eingereisten sofort in Gewahrsam genommen, in die Zelle eines Containers gebracht, ohne Nahrung oder Wasser müssen sie dort erst einmal bis zur Aufnahme des Verfahrens ausharren. Ein anonymer Migrant berichtet: „Sie lassen uns auf dem Boden schlafen, ohne Betten oder Decken…“.
Doch die etwas mehr als unfreundliche Aufnahme und unsanfte Behandlung durch Staatskräfte an den Grenzen ruft nun auch soziale Institutionen und NGO auf den Plan – wie neulich, als „Mèdecins du Monde“ der Staatsanwaltschaft von Nizza Meldung erstattete, weil das Verhalten der Gendarmerie zwischen Menton und Ventimiglia untragbar und inakzeptabel gewesen sein soll.
Es ist die Rede von „willkürlichen Inhaftierungen“, und untragbaren Zuständen in den zwischenzeitlichen Unterbringungen. Die Einwanderer würden auf „15 Quadratmetern ohne Möbel“ untergebracht, die Toiletten wären schlichtweg „unbrauchbar“. Auch zu gewalttätigen Übergriffen und Missbräuchen käme es gelegentlich, aber das wollte die Eingewanderten wohl nur den Reportern gegenüber loswerden.
„Letzte Nacht war ich in diesem Container“, erklärt einer der Männer, sie ließen ihn auf dem Boden schlafen, „auf dem Boden!“. Dreizehn lange Stunden „nur“ warten, ohne Rechte. „Sie gaben uns weder Essen noch Wasser. Es gab nur ein Glas zum Trinken.“ Man habe in dieser Zeit bis zum Abschluss des Verfahrens auch keinen Ausgang, außerdem Stacheldrähte überall – da ist jedes Anker- und Aufnahmezentrum in Deutschland in der Tat humaner – genauso in Italien.
Enttäuscht und übermüdet bekommen die Beamten natürlich den Frust der Migranten ab (so könnte es sich auch manchmal auf NGO-Schiffen abspielen, wenn der erwünschte Zielhafen außer Reichweite gerät). Sehr wütend und auch verwirrt, eskaliert es manchmal an den Grenzen bei den Rückführungen.
Solche Flüchtlingsströme und Ausweisungen werden in Zukunft wohl noch den Europäischen Gerichtshof beschäftigen, denn die NGO, auch als „Anwälte“ der Migranten zu sehen, möchten hier alle Register ziehen.
Die Anschuldigungen gehen nämlich noch weiter gegen die französische Regierung, wie die italienischen Recherchejournalisten berichten.
Die wenigen Frauen und Kinder würden gezwungen zusammen mit den Männern in einem Raum oder Zimmer zu schlafen, was für sehr viele einer Erniedrigung gleichkommen würde. Auch würden sich das Wachpersonal und die Polizisten nicht immer angemessen verhalten. Es käme zu verbalen Entgleisungen. Kurzum, viele Migranten bezeichnen die französischen Beamten als Rassisten.
Laut der französischen Stiftung „Anafè“, die sich für die rechtliche Unterstützung von Flüchtlingen einsetzt, bestünde das einzige Ziel der Gendarmerie darin, Migranten so schnell wie möglich nach Italien zurückzuschicken.
Und so erleben die meisten Illegalen den krassen Widerspruch zwischen Macrons freundlich ausgesprochenen „Einladungen“, einer Willkommenskultur auf französisch, und der tatsächlichen Abwicklung und Behandlung vor Ort. Frankreich wies die Sea-Watch 3 mit Carola Rackete und 43 Migranten an Bord ab. Was Macron in seiner zur Kunst erhobenen Symbolpolitik nicht davon abgehalten hat, Carola Rackete im Anschluss für eine Verdienstmedaille vorzuschlagen.
Bei Matteo Salvini dagegen wissen wirklich alle auf den NGO-Schiffen, woran sie sind.