„Superhelden ohne Umhang nennt man Papa“ steht beim Herrn um die vierzig mit Strohhut auf dem T-Shirt und er erklärt vor der Kamera, dass ein intakter Planet das beste Geschenk für unsere Kinder sei. Der Superheld ist einer von vielen Protagonisten im Imagefilm der Münchner Parents-for-Future-Bewegung und nur der Auftakt für so etwas, wie eine gehörige Portion Fremdscham.
Andererseits: Warum Spielverderber sein, wenn doch die Überwindung der Schamgrenze die Welt retten kann – oder doch nicht? Gleich nach Papa folgt eine jung gebliebene Oma, die findet, dass Kinder viel klüger, scharfsinniger und schlauer sind als Erwachsene.
„Weil es aller-, aller-, allerhöchste Zeit ist!“, sagt ein Vater im lustigen bunten T-Shirt am offenen Fenster mit einem Tamburin in der Hand. „Weil meine Enkel auf einer bewohnbaren Erde leben sollen.“, sagt die nette Oma mit Ostseestrand im Nacken und einem Greta-Pappschild in der Hand – „Omis for future“ hat sie da mit Filzstift drauf geschrieben und sogar noch einen blauen Planeten dazugemalt. Nun ist diese alte Dame wahrscheinlich noch der sympathische Teil dieser orientierungslos wirkenden Zelluloidgroteske.
Eine neue Infantilität trifft auf einen Helikoptergeschwaderanflug.
„Weil die Jugendlichen extrem viel Power haben und ich mich gerne davon anstecken lasse“, erzählt die mit den Händen rudernde aufgeregte Mutti, deren 17-jährige Tochter schon seit Tagen überlegt, wie sie Mutti erklären soll, dass diese bitte am Wochenende nicht wieder mit in den Club kommen soll, dass würde Papa mit seiner neuen Frau am Papawochenende doch auch nicht machen.
„Weil wir alle Kinder dieser Erde sind“, sagt die Mutter, die alleine auf dem Kinderspielplatz auf eine Weise schaukelt, dass man sich für den Moment Sorgen macht und fragen möchte: „Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“
Dann folgt der Vater im stramm sitzenden bis zum letzten Knopf geschlossenen lila Paisley-Hemd, nimmt die Sonnebrille in Zeitlupe ab, das schüttere Haar weht im Spielplatzwind: „Weil es cool ist!“, also er meint die Teilnahme an Parents-for-Future und als zufälliger Zuschauer wird man emotional sofort erreicht, also in dem Sinne, dass man sich zwischen Lachanfall und Schreikrampf entscheiden muss.
Interessant vielleicht noch der Vater auf dem Schulhof, der erzählt, sein Sohn sei zu ihm gekommen und hätte zu ihm gesagt hätte: „Papa, ich werde keine Kinder mehr haben.“ Und er sei deshalb empört, wie leichtsinnig die Politiker mit diesem Problem umgehen. Er meint hier selbstverständlich die Klimakatastrophe und würde nicht einmal auf die Idee kommen, dass möglicherweise auch seine ausgeprägte Apokalypsesehnsucht und seine Klimaparanoia ursächlich für das Chaos im Kopf des Kindes sein könnten.
„Ich unterstütze die Fridays-for-future, weil ich Angst habe“, sagt eine ganz geknickt ausschauende Mutter. „Weil ich eine ganz normale Mutter bin, die einen ganz normalen Wunsch hat“, erzählt die nächste Mutter und sie kann dabei noch so überzeugt energisch mit dem Kopf wackeln, es wirkt deshalb nicht einen Deut glaubwürdiger.
Besagte Direktorin schrieb nämlich an ihre Elternschaft per Email:
„Anbei eine Einladung, die an uns Lehrer und Schulleitungen geschickt wurde. Ich denke, das ist eine Veranstaltung, die auch an die Eltern kommuniziert werden müsste und würde Sie daher bitten, die Information über die Klassenelternsprecher an die Elternschaft weiter zu leiten.
Vielen herzlichen Dank!
Mit freundlichen Grüßen
Xxxxx Xxxxxx, Rektorin“
Das allerdings ist nicht zulässig, verstößt es doch gegen das Neutralitätsgebot auch an Schulen. Die Schule muss politisch und weltanschaulich neutral sein. Dieses Neutralitätsgebot gehört sogar zu den wichtigsten Grundprinzipien unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung.
Der Focus schrieb zur Debatte: „Wenn ein Lehrer beispielsweise im Unterricht Wahlflyer für seine Partei verteilt, wäre das ein Kündigungsgrund. Dabei ist es völlig unerheblich, ob der Pädagoge für die Grünen, für die AfD oder die NPD wirbt. Sind die Lehrer verbeamtet, sind sie darüber hinaus auch in ihrer Freizeit bei politischer Betätigung zur Mäßigung verpflichtet.“
Die Ortsgruppe München der Parents-for-Future – das sind die mit dem Filmchen – ignorierte also am 10. Juli dieses Neutralitätsgebot und versandte einen Brief an „die Direktorinnen und Direktoren, Lehrerinnen und Lehrer der Schulen in Stadt und Landkreis München sowie angrenzenden Landkreisen“ in der Hoffnung, ein paar Direktoren zu finden, die sich darüber hinwegsetzen im Sinne der Bewegung.
Die Aufforderung im Schreiben lautet, mit der Schule aktiv zu werden und auf folgender Veranstaltung zu erscheinen:
„MUNICH FOR FUTURE – Große Klima-Demo am Sonntag 21.7., 16 Uhr Odeonsplatz“ (…) Dazu laden wir insbesondere auch Sie als Direktorinnen, Direktoren, Lehrerinnen und Lehrer herzlich ein. Wir freuen uns auf Sie! Darüber hinaus stehen wir Ihnen natürlich auch gerne jederzeit als Gesprächspartner zur Verfügung.“
Besonders aufmerksam: Die Parents-for-Future sind schon vernetzt mit den „Scientists4future“, die dankenswerterweise für die Schulddirektoren „10 Fakten zum Klimawandel“ angehängt haben. Biblische Dimensionen, die Apokalypse naht.
Und im Anschluss an diese zehn Gebote für die Schulen mahnen die Parents-for-Future noch einmal eindringlich:
„Machen wir uns nichts vor: Ein „Weiter so“ führt unsere Kinder in eine Zukunft, die wirtschaftliche Unsicherheit, Bedrohung durch Kriege, Verlust existenzieller Lebensgrundlagen und Gefährdung durch Krankheiten bedeuten würde. Deshalb müssen wir Erwachsenen jetzt handeln.“
Ein irritierender Schlusssatz? Jedenfalls dann, wenn man sich fragen würde, was eigentlich die Wirtschaft und wer Lebensgrundlagen zerstört, was den Wohlstand vernichtet und wer sich am Ende um den letzten Platz in der sozialen Hängematte prügeln wird. Unsere Kinder und die Kinder, die als „Klimaflüchtlinge” zu uns gekommen sind, nur um festzustellen, das hier schon lange kein paradiesisches Klima mehr herrscht?