Manchmal ist eine Talk-Show hilfreich. Etwa wenn der Finanzstaatssekretär Michael Meister davon spricht, dass er die Stückelung der Währung nicht antasten will – und dann im selben Atemzug davon spricht, dass jeder, der mehr Bargeld in der Tasche hat, eigentlich ein potentieller Mädchen- oder Rauschgifthändler ist. DA muss er sogar selber über seinen Unsinn lachen. Politik ist, wenn man sich selber nicht mehr glaubt. Schlimmer noch, der Staatssekretär: Wer Bargeld führt, macht sich mitschuldig am Terroranschlag in Paris. Man glaubt es nicht – die wirre Phantasie der Politik schreckt vor immer weniger zurück, wenn es um den Kampf gegen die Freiheit des Bürgers geht. Sie bestellt sich ein Gutachten und glaubt, dass die Bürger das auch glauben, und wenn sie es nicht glauben, so werden sie dazu gezwungen. Alles, was Sie zum Thema wissen sollten steht hier aufgearbeitet.
Theo Waigel über die Politik an und für sich
Da hilft, wenn Theo Waigel die Politik so darstellt, wie sie wirklich ist: Verbot des 500-Euro-Scheins oder eine neue Bargeld-Höchstgrenze ist nur der Einstieg. Wer Bargeld-Höchstgrenzen vereinheitlicht, wird sie unweigerlich auf die geringste nationale Höchstgrenze herabsetzen. Nicht das gilt, was jetzt gesagt und versprochen wird, sondern was dahinter steckt. Es ist schon mutig, wenn Waigel der Bundesregierung rät, nicht massiv gegen die Wünsche der Bürger durchzuregieren. Ob das die Große Koalition beeindruckt, dieser Ruf aus der Vergangenheit?
FDP-Chef Christian Lindner jedenfalls sieht seine Chance, die FDP als Partei der Freiheit zu positionieren: Nicht jede potentielle oder auch nur herbeibegutachtete Politik rechtfertigt neue Gesetze zur Kontrolle aller Bürger. Die Freiheit stirbt nicht plötzlich. Sie stirbt an der Salamitaktik, die die Verantwortung auf andere abwälzt und sich so unbeteiligt und harmlos gibt wie die neuesten, konzertierten Aktionen von Bundesregierung und EZB. Für diese Bundesregierung ist die schrittweise Abschaffung des Bargelds keine Abschaffung des Bargelds.
Dabei geht es um mehr als nur einen großen Geldschein oder eine immer weiter herabgesetzte Höchstgrenze.
Der 500er und ich
Ich habe noch nie einen 500 Euro-Schein im Geldbeutel gehabt. Und wer zahlt noch ein Auto in bar im Jahrhundert der Kreditkarte? Warum also die Aufregung über die Abschaffung des 500-Euro-Scheins und einer Barzahlungsgrenze? Doch, die Aufregung lohnt. Denn der eigentliche Grund ist: Durch diese Tricks wird unser Geld immer weniger wert. Nein, ich rede nicht von der Inflation, der Kaufkraft. Noch nicht. Es geht um die Qualität des Geldes an sich.
Weil Tatsache ist: Wenn wir nur noch Geld auf dem Konto haben, können wir nicht mehr frei darüber verfügen. Bank und Regierung entscheiden dann, wieviel uns noch ausbezahlt wird.
Und wehe Du hast mehr: Beispiel Zypern, vor zwo Jahren: Wer mehr als 100.000 Euro auf dem Konto hatte – zahlt Strafsteuer. 20 Prozent. Einfach so. Das sind bittere Erfahrungen, gegen die nur Bares schützt.
Sind wir alle Kriminelle?
Vor diesem Hintergrund ist es unglaubwürdig, wenn Staatssekretär Meister immer wieder von der bösen Kriminalität spricht, die angeblich an das Bargeld gebunden ist. Und FDP-Chef Christian Lindner zeigt, wie es zu dieser schrittweisen Begrenzung der Freiheit kommt: Neue Gesetze, die nicht angewandt werden, dienen letztlich nur als Begründung für weitere Gesetze. Immerhin gibt es schon längst tief gestaffelte Gesetze, die jeden Barbetrag ab 15.000 € erfassen. Der gläserne Bürger ist längst Realität. Da hat Christian Lindner Recht, wenn er sagt, dass erst die bestehenden Gesetze angewandt werden sollten, ehe immer neue erfunden werden.
Und Meister glaubt trotzdem, dass neue Gesetze helfen. Worauf er nicht kommt: Verbrecher halten sich nicht an Gesetze. Die Bargeldabschaffung richtet sich eben nicht gegen die Mafia – sie macht den Normalbürger gläsern und manipulierbar.
Noch ist es in Deutschland nicht so weit. Aber die Vorbereitungen laufen. Eine weiterer Grund, warum schrittweise das Bargeld abgeschafft werden soll: Sie wollen unser Vermögen mit „Negativ-Zinsen“ abschmelzen. So soll uns das Sparen abgewöhnt werden. Wir sollen statt sparen sofort konsumieren, damit die Wirtschaft in Frankreich, Italien und Griechenland endlich anspringt. Deshalb drängt Frankreich jetzt auf die Geld-weg-Gesetze für Deutschland.
Vorbild ist der Bankensektor: Schon heute zahlen Banken für ihre Dispo-Guthaben bei der Europäischen Zentralbank negative Zinsen. Das Geld der Banken schrumpft über Nacht. Es wird entwertet. Der Ausweg: Die Banken und Unternehmen legen sich wieder Geld in den Tresor, in 500er-Scheinen. Auch das soll zukünftig unmöglich sein. Mit kleinen Scheinen wird das Bargeldhamstern aber teurer, es sprengt die Tresore. Allein deswegen könnte der Negativ-Zins von derzeit 0,3 % auf 0,75 Prozent erhöht werden, rechnet der Münchner Wirtschaftsprofessor Hans-Werner Sinn vor.
Und wir? Wenn wir nur noch Konto-Geld haben, dann gilt auch für uns: Wer spart, ist der Dumme, weil jeden Tag sein Konto-Geld weniger wird. Ich sage: Es soll uns gestohlen werden.
Übrigens: Schon jetzt erhöhen Banken und Sparkassen ihre „Gebühren“ für Konto, Kredit- und Geldkarte. Noch können wir ausweichen – auf Bargeld.
Es sind nicht „Terroristen“ oder die Mafia, die den 500er mißbrauchen. Es sind Sie und ich, denen es an das Geld geht.
Sie sollen den Euro sanieren, statt für die Euro-Schulden bei uns abkassieren. Die Zuschauer bei Anne Will scheinen es schon kapiert zu haben.
„Sie leben doch in einem Rechtsstaat“, hält Meister der Autohändlerin Nancy Schneider entgegen, die um die Freiheit wegen der umfassenden Bargeldkontrolle fürchtet. Das Publikum – lacht. Es lacht. Das ist noch erschütternder als die Zahlen, die Lindner über die gewaltige Zahl der Konto-Abfragen anführt. Sie lachen.
Das ist der eigentlich Hinweis auf den Vertrauensverlust, den die Politik der Großen Koalition ausgelöst hat: Sie lachen nur noch über den Staatssekretär. Es ist aber kein fröhliches, sondern ein bitteres Lachen.
Manchmal ist eine Talkshow eben doch informativ.