Von allen Parteien erntet die SPD gegenwärtig das meiste Mitleid. Doch nur wenige Tage nach der Auflösung der Andrea Nahles im Säurebad der eigenen Partei, ist diese nicht nur kopflos – was sie bildlich gesprochen auch schon vorher war – sondern auf bestem Weg zu neuen Ufern.
I.
Man muss nur nach Bremen blicken. Die drei künftigen Koalitionsparteien Rot-Grün-Rot haben dort zwar bei der Landtagswahl insgesamt mehr verloren als die CDU allein gewonnen (SPD minus 7.9, Grün plus 2.3, Linke plus 1.8, macht insgesamt minus 3.8 gegenüber plus 4.3 für die CDU), trotzdem darf der große Verlierer SPD weiter regieren, und die stärkste Partei bleibt in der Opposition. Und obwohl die Grünen in Bremen keineswegs so große Sieger sind wie in den bundesweiten Umfragen, bestimmen sie dies ganz allein. Bremen tickt eben anders. Nein, tickt es nicht.
II.
Für die Unionsparteien auf Bundesebene ist Bremen ein Menetekel. Die Grünen sind auch im Bund längst auf Volksfront gebürstet, sie geben es nur nicht offen zu. Wäre nicht weiter schlimm, wenn sich nicht die deutschen Wähler bereits daran gewöhnt hätten, dass die Grünen in Berlin die Richtlinienkompetenz ausüben, ob sie selbst mit an der Regierung sind oder nicht. Selbst ein Kanzleramt unter der grünen Flagge der Ökopropheten schreckt immer weniger. Jeder zweite wünscht sich einen grünen Kanzler (YouGov). Ja, neuerdings freunden sich sogar bereits die Vertreter der Wirtschaft, die in Deutschland seit jeher die größten Opportunisten sind, mit dem Gedanken an eine Kanzler*in namens Baerbeck oder Habock an.
III.
Die CDU hat die Alternative zwischen sich erschießen, erhängen oder vergiften – fast völlig unabhängig vom nächsten Wahlergebnis. Denn sie steckt in einer strategischen Falle, in der sie sich selbst gefangen hat. Sie regiert mit einer SPD, mit der sie nur noch die Angst vor den nächsten Wahlen gemeinsam hat. Also muss sie die Koalition solange am Leben erhalten, wie es die Verfassung zulässt, und wird dafür jedes nötige Zugeständnis eingehen. So hält der grüne Vormarsch Schwarz und Rot notdürftig zusammen. Es steht jetzt schon fest, dass die SPD nicht noch einmal mit den schwarzen Grünen koalieren wird. Das will sie mit den grünen Grünen.
IV.
Und die Grünen wollen es auch. Jamaika? Die Grünen würden den Preis für Jamaika so hoch treiben, dass Lindners FDP sich selbst aufgeben müsste. Der Liberale hat sich verzockt. Dass Angela Merkel niemals etwas anderes war als ein grünes U-Boot in der CDU, spielt keine Rolle mehr. Denn die Grünen rücken immer weiter nach Links. Alles Linksgerücke hat der CDU am Ende nichts genützt – sie kommt nicht hinterher. Merkel wird ihren Lebenstraum Schwarz-Grün nicht nur nicht mehr im Kanzleramt erleben, sondern ihre eigene Partei in die Opposition treiben. Sie wird vielleicht sogar stärkste Partei bleiben, aber auch damit nur die stärkste Opposition werden.
V.
Markus Söder ist der Klassiker eines Opportunisten. Jetzt, wo er alles geworden ist, was er werden kann, ist ihm alles andere egal. Er freut sich schon jetzt auf grün-rot-rot in Berlin, weil er dann von München aus wieder straflos auf Preußen schießen darf. Nur, dass er damit nichts mehr beeinflussen kann. Ist ihm auch scheißegal, Hauptsache die Bayern wählen aus Renitenz CSU.
VI.
Stehen die deutschen Gelbwesten etwa schon in den Startlöchern? Von wegen. Die große Mehrheit der Deutschen wird sich an die Herrschaft der grünen Moralnationalisten gewöhnen. Sie haben sich, lang ist´s her, schon an ganz anderes gewöhnt. Wenn das einst in Bonn entwickelte Modell Deutschland zerbrochen ist, wird es keiner gewesen sein wollen. Wir haben doch nichts gewusst! Und außerdem das Klima – dagegen musste man etwas tun.
VII.
Achtung Satire! Ich paraphrasiere nun in böser Absicht einen alten Witz. Er geht so: Nicht alles, was die Grünen getan haben, war schlecht. Dass es in Deutschland keine Autobahnen mehr gibt, ist wirklich Klasse.