„Führende Kraft der linken Mitte“ wollen die Grünen werden, so lautet die offizielle Sprachregelung. Dieses Ziel werden die Grünen erreichen – gleichzeitig aber stoßen sie die bürgerlichen Wähler der Mitte zurück. Das zeigt der aktuelle Meinungstrend des Meinungsforschungsinstituts INSA-Consulere, der TE exklusiv vorliegt.
Gefragt wurde danach, wer es gut fände, wenn die Grünen die SPD als führende Kraft links der Mitte ablösen. Unter allen Befragten finden das nur 28 Prozent gut. Schließlich unterstützt nur ein Viertel der CDU-Wähler die linke Führungsrolle der Grünen. Die Zustimmung zu den Grünen ist also nicht lagerübergreifend; bei vielen Wählern stoßen sie auf Ablehnung: 41,2 Prozent sind ablehnend. Damit ist die Hoffnung der Grünen, als „Partei der Mitte“ politikentscheidend zu werden, vorerst eine Hoffnung, an der sich auch nichts ändert, wenn in den TV-Studios und vielen Redaktionen Robert Habeck bereits zum zukünftigen Kanzler ausgerufen wird: Den Grünen wird von den Wählern insgesamt nicht zugetraut, das linke Lager anzuführen.
Denn die Wähler, die sich in der Mitte verorten, sind mehrheitlich gegen die Grünen als führende Kraft links der Mitte (30,4 Prozent dafür, 39,1 Prozent dagegen). Noch deutlicher ist es bei den Wählern rechts der Mitte. Hier sind nur 17,4 Prozent für die Grünen als führende Kraft links der Mitte und 65,8 Prozent sind dagegen. Hier liegen die Sympathien eindeutig noch bei der SPD, die das linke Lager anführen sollte. Aber das ist der Wunsch der Wähler, die sich tendenziell eher in der Mitte und rechts davon verorten – und nach wie vor eine Mehrheit bilden.
Aber im linken Lager wird die Führungsfrage anders beurteilt. Dort hat die SPD ihre bislang unbestrittene Führungsrolle verloren – sie ist nur noch eine Koalitionspartei unter grüner Führung. Eine Mehrheit der Wähler, die sich links der Mitte verorten, plädieren für die Grünen als führende Kraft links der Mitte. 42 % der Anhänger des linken Lagers wollen die Grünen als führende Kraft, nur 37,7 Prozent lehnen den Führungsanspruch der Grünen ab.
Sogar viele SPD-Wähler haben die Hoffnung aufgegeben: selbst mehr als jeder vierte SPD-Wähler (27,1 Prozent) ist für die Grünen als stärkste Kraft im linken Lager. Jeder zweite SPD-Wähler (52 Prozent) ist dagegen, dass die Grünen die SPD als stärkste Kraft links der Mitte ablösen. Demgegenüber wünschen sich verständlicherweise drei von vier Grünen-Wählern (74,3 Prozent), dass ihre Partei die SPD als führende linke Kraft ablöst. Sie ordnen ihre Partei also auch als dezidiert „links“ ein.
Nimmt man die soziale Lage dazu, wird noch deutlicher, wer die Grünen wählt und ihnen die Führung des Landes anvertrauen will: Wähler, die sich selbst der „Oberschicht“ zuordnen, wollen zu 36,1 Prozent die Grünen als führende Kraft; bei der „Unterschicht“ sind es nur 26,9%. Und die Grünen finden Anhänger bei den Schülern und Studenten – fast jeder Zweite will dort die Grünen in Führung sehen (44%). Wenig Zuspruch finden die Grünen als Führungskraft bemerkenswerterweise bei islamischen Wählern: nur 19,4 Prozent möchten sich da Habeck und Baerbock anvertrauen. Es sind eingebürgerte Wähler, die sich vermutlich vom betont links-hedonistischen Gestus und der Forderung nach weiterer Einwanderung der Grünen abgestoßen fühlen.
Regional analysiert: In NRW, wo die SPD bei den letzten Landtagswahlen katastrophal abgeschnitten hat, ist die Zustimmung zu den Grünen am größten; im Saarland und in Sachsen mit nur 17 Prozent am geringsten. Offensichtlich entscheiden der Auftritt in den Ländern über die Zustimmung und der jeweilige Zustand der SPD: Versagt sie vor Ort als Partei, treten die Grünen an ihre Stelle.
Herman Binkert, der Gründer und Geschäftsführer von INSA bilanziert: „Im Lager links der Mitte gibt es eine Mehrheit für die Grünen.“
Das ist für zukünftige Koalitionsträume entscheidend. Die Option, dass die Grünen mit der CDU nach der Macht greifen, wird von ihren Wählern nicht unbedingt geteilt – danach sollen die Grünen eine linke Mehrheit organisieren.
„Die Grünen-Wähler erwarten von ihrer Partei, dass sie bereit ist, die führende Kraft links der Mitte zu sein. Die Wähler der Grünen würden es wahrscheinlich nicht akzeptieren, wenn ihre Funktionäre hier kneifen,“ so Binkert. Auch die CDU käme unter Druck in einem grün-schwarzen Bündnis: Schließlich lehnt ein Viertel ihrer Wähler die linke Führungsrolle der Grünen ab.