Was sind das für merkwürdige Zeiten, wenn eine Bundesfamilienministerin sich gemein macht mit einer Stiftung, die sich gemein macht mit Schnüffelstaatmethoden, die an solche der untergegangenen DDR erinnern, wenn man annehmen möchte, dass diese Ministerin doch mit besonderer Obacht ausgestattet sein müsste, wenn sie ihre Kindheit selbst in diesem Teil Deutschlands verbracht hat.
Nun könnte man das alles für einen düsteren zwar, aber doch für einen albernen Kindergartenzirkus halten, zu offensichtlich sind die Demokratie-Aussetzer aus dem Familienministerium und aus der Stiftung sowieso. Aber weit gefehlt, wenn Falko Liecke (CDU), Jugendstadtrat von Berlin-Neukölln, von eben dieser Stiftung mit einem Stasi-Spitzel an ihrer Spitze verklagt wird, weil er Eltern vor genannter Broschüre gewarnt hatte, weil er die Jüngsten seines Bezirks schützen wollte, wenn er es nicht dulden mochte, dass Kindergärten und Kitas, dass seine jüngsten Neuköllner von Broschüren der aus Bundesmitteln so hoch subventionierten Stiftung kontaminiert werden.
Es ging also vor Gericht. Die Mühlen mahlen dort etwas langsamer, aber nun ist es amtlich: Das Berliner Verwaltungsgericht hat der Stiftung und somit auch der ihr gewogenen Bundesministerin eine schallende Ohrfeige verpasst, als es ausdrücklich für rechtens empfand, dass der Berliner auf der Homepage seines Bezirks weiterhin vor dem Ratgeber der Amadeu Antonio Stiftung („Ene, mene, muh – und raus bist Du“) warnen darf, wenn es in der „Handreichung“ darum geht, Erzieherinnen und Erziehern Strategien im Umgang mit Kindern aus rechtsextremen Elternhäusern zu geben.
Nun ist schon grundsätzlich ziemlich bizarr, dass die Stiftung und mit ihr womöglich auch die Vorwort schreibende Familienministerin überhaupt die Hoffnung gehegt hatten, diese Kritik des Neuköllner Christdemokraten irgendwie untersagen zu können. Kleine Pikanterie am Rande: Franziska Giffey war zeitweilig im selben Kiez zu Hause, wie Falko Liecke, als sie von 2015 bis 2018 Bezirksbürgermeisterin von Neukölln war. Alte Rechnungen könnten hier also auch eine Rolle gespielt haben.
Nun hat das Gericht Liecke vollumfänglich Recht gegeben. Gegenüber Cicero teilte der Politiker mit, er hätte „die Korken knallen lassen“, als das Gericht bekannt machte, dass die Unterlassungsaufforderung an Liecke nichtig ist, die ihm unter Androhung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000 Euro untersagen wollte, vor genannter Broschüre zu warnen.
Hochrichterlich wurde nun also die Glaubwürdigkeit der Stiftung in Frage gestellt, die nicht hatte darlegen können, wo Liecke rechtswidrig gehandelt hätte. Der nämlich hätte sich mit seiner Äußerung tatsächlich „im Rahmen des ihm zugewiesenen Aufgabenbereichs bewegt“ und dabei „das Sachlichkeitsgebot gewahrt.“
So ausgestattet mit gutem Recht nahm Liecke sogleich für sich in Anspruch, nun auch der Bundesfamilienministerin Ratschläge erteilen zu dürfen, als er ihr nach dem Urteil empfahl, künftig genauer hinzuschauen, was ihr Ministerium mit Steuergeldern fördere. Sei es ihm gegönnt.
Nein, was hier hochgekocht hat, ist nur ein Fettauge auf der Suppe, die dicksten Brocken schwimmen weiterhin gemütlich in dieser antidemokratisch angerichteten Suppe, sponsored by Familienministerium. Beim nächsten Mal allerdings sollte Franziska Giffey ihr Lätzchen nicht vergessen, sonst bekleckert sie sich erneut. Sinnvoller wäre es wohl sowieso, zu Hause zu essen. Solange sie im Bundesministerium noch eines hat.