DFB-Boss Reinhard Grindel musste gehen. Ist es notwendig? Vielleicht. Selbstverschuldet ist der Rücktritt auf jeden Fall. Doch nicht etwa allein wegen der Vorwürfe. Angeblich soll er als Aufsichtsrat einer DFB-Tochter heimlich 78.000 Euro kassiert haben, obendrein wohl noch eine geschenkte Luxus-Uhr. Dabei sind solche Geschenke in Fifa-Kreisen nicht unüblich. Grindel verteidigte sich dabei intern zu defensiv: Rechtlich sei das alles okay. Nein, nicht für ihn.
DFB-Grindel schießt sich selbst ins Abseits
Wäre Grindel Wahlmann für die Grünen bei der Bundespräsidentenwahl wie sein Bundestrainer Löw, käme er mit einer Bewährungszeit davon. Aber für einen nachtschwarzen Ex-Politiker und früheren Nicht-Sportfunktionär gibt es keine Schonfrist. Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt, vom Fußball sonst wenig Ahnung, liefert den Beweis frei Haus: „Herr Grindel war von Anfang an eine falsche Besetzung.“ Ihm fehlte zudem die Lockerheit, weiß ein DFB-Funktionär. Und als Journalist und Politiker hätte er die Krise besser meistern müssen.
Der langjährige ZDF-Journalist, trat 1977 in die CDU ein und wechselte 2002 endgültig in die Politik. Von 2002 bis 2016 saß er im Bundestag, wirkte dort als streitbarer Konservativer. Multikulti war nicht sein Ding. Grindel erschreckte die Grünen mit seiner Forderung: „Wer Ja zu Deutschland sagt, wer gerne bei uns leben will, von dem kann ich auch die Entscheidung für die deutsche Staatsbürgerschaft unter Ablegung seiner alten Staatsbürgerschaft erwarten“. Er war zudem einer der scharfzüngigen Nachfrager im Joschka-Fischer-Untersuchungsausschuss des Bundestages. Auch das rächt sich jetzt. Wer eine grüne Ikone wegen seiner radikalen Steinewerfer-Vergangenheit anprangert, wird jetzt vom linksgrünen Medienbetrieb kollektiv für Vergehen abgestraft.
Als Konservativer im fest im Visier
Bei CDU-Grindel ist das Relotius-Medium „Spiegel“ hellwach. Da wird recherchiert, was das Zeug hält: „Grindel verschwieg Einkünfte von Tochterunternehmen“. Despoten-Werbung der Nationalspieler Özil und Gündogan für Erdogan vor den Türkeiwahlen waren für das „Flaggschiff der Demokratie“ keine tiefschürfende und enthüllende Investigation wert. Dabei hatte sich der Bundestrainer hochgradig mit seiner Türkei-Connection durch seine Partner ARP Sportmarketing Hannover sowie der Kooperationsfirma Family & Football belastet. Sie betreuten nicht nur Löw, sondern auch seine Nationalspieler Özil und Gündogan, in der gleichzeitig auch Özils Bruder Mutlu und Gündogans Onkel arbeiteten. Doch diese Affäre interessierte das Gros der Qualitätsmedien nicht. Journalisten heulen im Stadion via YouTube nur, wenn sie diskriminierende Äußerungen von Fans über Spieler mit Migrationshintergrund aufschnappen. Menschenjagd auf Zehntausende Demokraten in der Türkei durch das Erdogan-Regime, fotografisch untermalt von Nationalspielern wie Özil und Gündogan, sind hingegen keine öffentlichen Tränen wert. Wohl nicht einmal, wenn Erdogan im Sommer als Trauzeuge Mesut Özil bei seiner Hochzeit zur Seite steht, wie türkischen Medien berichten.
Grindels Rücktritt ist allerdings auch keine Träne wert. Eine Kollekte hat der 57-jährige Hamburger nicht nötig. Der Ex-DFB-Boss fällt butterweich. Wie „Bild“ schreibt, darf er seine Posten im Uefa-Exekutivkomitee (zwei Jahre) und im Fifa-Council (vier Jahre) behalten. Jährlich brächte ihm dieser Doppeljob etwa 500.000 Euro ein.