Es war eigentlich ein erfreulicher Wochenbeginn: Israels Fußballer hatten am Sonntagabend torreich 4:2 gegen Österreich gewonnen. Goalgetter Eran Zahavi traf dreimal und der arabisch-stämmige Mittelstürmer Munas Dabbur stellte den Endstand her. Der in Salzburg kickende Israel-Palästinenser, der stolz den Davidstern auf seinem Nationaltrikot trägt, umarmte am Spielende freudestrahlend seine Mitspieler. Haifa, der Austragungsort des Spiels, Tel Aviv, Jerusalem und ganz Israel hatten Grund, bis tief in die Nacht zu feiern, sind sie doch der Endrunde bei der Europa-Meisterschaft 2020 ein ganzes Stück nähergekommen.
Aber Nahost ist nicht Europa. Kurz nach 5 Uhr früh wurden nicht nur Fußballbegeisterte jäh geweckt. Eine vom UN-Mitgliedsland Iran unterstützte Hamas-Rakete aus Gaza schlug im Großraum Tel Aviv in ein Wohnhaus ein, verletzte sieben Personen, darunter zwei Kinder. Das erfolgreiche Raketen-Abwehrsystem Iron Dome hat nicht funktioniert, 100-Prozent-Lösungen gibt es nicht.
Nahost ist nicht Europa, denn in Israel wurde keine Schule geschlossen, Flughäfen sind in Betrieb, der Alltag läuft ab wie eh und je, die Verkehrsstaus in den Ballungsgebieten sind unvermindert. Der Multi-Kulti-Israeli läßt sich nicht einschüchtern, was in die kurzgefasste allgemeingültige Aussage mündet: wir haben schon Schlimmeres in unserer leidvollen jüdisch/israelischen Geschichte überlebt und wer Angst hat, agiert auf der Verliererseite. Oder eine Weisheit, die Israels erste Ministerpräsidentin Golda Meir zugeschrieben wird: “To be or not to be ist keine Frage eines Kompromisses. Entweder wir leben oder wir sterben“.
Der Unterschied zwischen Nahost und Europa – hier konzentrieren wir uns auf Israel und Deutschland – besteht darin, dass sich Israel seit 71 Jahren gegen Millionen gewaltbereiter, religiös fanatisierter Muslimen mit schier unerschöpflichen Geldquellen für Waffen verteidigen muss. Deutschlands Medien und Politik lassen nicht davon ab, Israel in die Rolle überreagierender Besatzer zu drängen sowie Palästinenser zu bedauernswerten Opfern zu erklären. Gefordert werden vom Winzigland Israel territoriale Zugeständnsisse und die Öffnung der Grenze zu Gaza aus humanitären Gründen gegenüber einem inhumanen Regime. Würde Israel 24 Stunden eine Grenzpolitik a la Merkel betreiben, gäbe es ein Blutbad a la Syrien. Dies ist keine Phantombehauptung, sondern gelebte Realität in Nahost. 2005 hat sich Israel auf Anraten großer Teile der westlichen Welt inklusive EU und Deutschland einseitig aus dem Gazastreifen zurückgezogen. Reaktion seither aus Gaza: 14.000 Raketen und in der Folge davon drei Gaza-Kriege, der vierte steht vor der Tür.
Nahost ist nicht Europa, weil Israel trotz aller Feindschaft und Kriege täglich hunderte von Lastwagen mit lebensnotwendigen Utensilien in den Gazastreifen ein- und ausfahren lässt. Denn die Zwei-Millionen-Bevölkerung muss überleben, darf der radikalen Hamas nicht noch mehr zugetrieben werden. Selbst ein Emissär aus Quatar mit mehreren Millionen US-Dollar bar im Koffer ist kürzlich mit israelischer Genehmigung nach Gaza eingereist. Mit diesem Geld soll das Elend der Menschen gelindert werden. Denn im Gegensatz zur Hamas kämpft Israel nicht gegen die Bevölkerung, sondern ausschließlich gegen Terroristen.
Nahost ist nicht Europa, was auch daran zu erkennen ist: seit Monaten verteidigt Israel seine Grenze zu Gaza gegen gewaltbereite Angreifer mit großem Medien-Echo weltweit. Seit Wochen demonstrieren aber auch arabische Mütter und Väter für bessere Lebensumstände und weniger Unterdrückung für sich und ihre Kinder in Gaza. Politiker und Medien-Vertreter, die sich gerne gegen Israel in die Brust werfen, versagen Gaza-Bewohnern verbale Unterstützung in ihrem gewaltlosen Kampf gegen Hamas und Iran. Warum? „No Jews, no News“.
In welche Zwickmühle sich die Bundesregierung und EU manövriert hat, zeigt eine Meldung von FoxNews.com, der US-Nachrichtenagentur des gleichnamigen TV-Senders. Demzufolge verweigerte das Auswärtige Amt in Berlin vergangene Woche Auskunft über Irans Bemühungen, sich in Europa Nuklear- und Raketen-Technologie zu besorgen. Eine entsprechende Antwort des Staatsministers Niels Annen auf eine Anfrage der Agentur liege vor. Auch ein Sprecher des Bundeskanzleramtes erklärte dazu: dem sei nichts hinzuzufügen.
Gewöhnlich veröffentlicht das Zollamt entsprechende Statistiken. FoxNews.com moniert: die Verschleierung dieser Zahlen unterdrücke Beweise für Irans Verstöße gegen das Nuklear-Abkommen aus dem Jahr 2015. Würden die Zahlen öffentlich werden, hätten Bundesregierung und EU deutliche Probleme am Iranabkommen (JCPOA) festzuhalten, das die USA, Israel und auch Kanada bekanntlich ablehnen.
Die regierungskritische „Jerusalem Post“ nennt als Motiv für die Geheimhaltung von Fakten: Der deutsche Außenhandel mit dem Iran könnte darunter leiden. 2018 ist er gegenüber dem Vorjahr leicht gesunken, beträgt aber immer noch über drei Milliarden.
Die Bundestagsstenographen kennen den Satz aller Fraktionen inzwischen auswendig: Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson. Heute früh ist die schillernde Seifenblase über Tel Aviv wieder einmal geplatzt.