Ein Jahr GroKo. Die Feier erinnert an einen Kindergeburtstag. Nur ohne erwachsene Betreuer. Oder an den ersten Jahrestag nach schwerer Erkrankung: der Patient hat überlebt, gesund geworden ist er nicht. Nur er selbst will es nicht wahrhaben.
I.
Die SPD hat es geschafft, dass sich in der Bundesregierung fast alles nur noch um sie dreht. Die Beteiligten nennen das komischerweise: „Konzentration auf Sachfragen“. Sozialpolitischer, steuerpolitischer Wahnsinn greift ungebremst weiter um sich. Sachliche Feststellung: Die Bundesrepublik rutscht nach links, ohne nennenswerte Gegenwehr der Unionsparteien. Solange Merkel regiert, darf der Schwanz mit dem Hund wedeln. Und solange der Schwanz das darf, wird er die Koalition nicht beenden. Der Hund hat sein Schicksal dem Schwanz überlassen. Dem gehen zwar die Haare aus und er klemmt immer wieder mal frustriert zwischen Merkels Beinen. Der Schwanz will zur Mitte der Legislaturperiode sein Wedeln evaluieren. Nur den Wählern will er es nicht überlassen.
II.
Deshalb sollten die Unionsparteien nicht auf die SPD warten. Sie müssten selbst evaluieren. Doch die Union dreht sich nur um sich selbst, schnappt nach dem eigenen Schwanz. Merkel darf regieren, solange sie will. Dass der Schwanz die SPD ist, fällt solange nicht auf.
III.
Merkel und AKK spielen das alte Spiel, nur mit verteilten Rollen. Das heißt: Seit Merkel die Führung mit AKK teilt, hat sie zwar mehr Spaß am Regieren, aber die Regierten nicht an ihr. Die Medien neigen dazu, beides zu verwechseln. AKK ist für den Diskurs zuständig. Merkel für alternativloses Schweigen. Deshalb findet sie zunehmend Gefallen am Kanzler-mit-ohne-Partei-Job.
IV.
Und schon wieder breitet sich in beiden Unionsparteien die geistige Behinderung der Subordination aus. Söder braucht Ruhe im Kuhstall. Aber das genügt nicht. Man kann nur hoffen, dass er in Sachen Grundsteuer nicht so einknickt wie Seehofer einknicken würde. In der CDU widerspricht schon jetzt niemand mehr AKK. Man ist froh, dass der Merkelschmerz nachlässt, AKK sei Dank. Man war einst auch Merkel dafür dankbar, die bleiernen Kohljahre beendet zu haben. Diskurs heißt in der CDU bisher nur, dass Merkel die Partei nicht weiter aus der Mitte schieben kann.
V.
Die gefährlichste Partei Deutschlands ist nicht die AfD. Sie ist das Feindbild, das die anderen brauchen, um vom eigenen Versagen gemeinsam abzulenken. Gefährlicher sind die Grünen. Weil der grüne Moralismus das Fundament des Wohlstands zermürbt und die Gedankenfreiheit der Bürger einschränkt. Freie Fahrt hat nur noch grüne Ideologie, sie findet Beifall im Mainstream. Und die nächste Regierung, welche auch immer, wird grün sein. Daran kann die nicht mal halb so große FDP, falls man sie überhaupt benötigt, noch viel ändern. Die GroKo ist gegen die grüne Gefahr schon deshalb kein Bollwerk, weil sie längst selbst ergrünt ist.
VI.
Es gibt zwei Gründe, weshalb die Unionsparteien die Groko schleunigst beenden sollten. Der erste Grund ist der Zustand der Republik. Der zweite der Zustand der Unionsparteien. Es ist zu bezweifeln, dass AKK ohne Kanzlerbonus die CDU-Ergebnisse bei Wahlen auf heutigem Niveau stabilisieren kann. Aber ohne SPD kann sie nicht zur Kanzlerin gewählt werden. Gerhard Schröder hat das zurecht als Dilemma bezeichnet. Auch die Grünen werden auf Neuwahlen bestehen, also AKKs Wahl zur Kanzlerin verweigern. Die einzige Hoffnung wäre ein freiwilliger Rücktritt Merkels. Da kann man auch gleich an den Osterhasen glauben. Wahlniederlagen im Mai (EU-Parlament) oder im Herbst (Landtage) werden daran nichts ändern. Niederlagen, die AKK bereits mitzuverantworten haben wird.
VII.
Aus der babylonischen Gefangenschaft im Turm zu Merkel hätte sich die Union früher befreien können. Die Jamaika-Gespräche sind an Merkel gescheitert, nicht an der FDP, die nur die Notbremse gezogen hat. Damals hätte Merkel gehen müssen. Das erste Jahr der dritten GroKo war ein verschenktes Jahr.