Am Montag tagte das britische Parlament in einer recht heiteren Causa. Soll Donald Trump die Einreise nach Großbritannien verweigert werden? Ein paar Hunderttausend hatten eine entsprechende Petition unterschrieben, und das Parlament musste sich mit dem Fall befassen. Der Grund: Trump hatte angeblich Europas Lieblingskuscheltiere, die Muslime, mit Hassreden beleidigt, weil er Einreisen von Muslimen besonders scharf reglementieren, ja aussetzen will. Nach Paris und Köln (sic!). Natürlich war der britische Ausschuss eine Farce, aber die Aktivisten hatten ihr Mütchen gekühlt, Flagge gezeigt. Im Internet überwiegen die Stimmen der Amerikaner, die sagen: Jetzt erst recht Donald J. Trump!
Auch Schwarzhändler lieben Trump. Manch einer, der den amerikanischen Präsidentschaftskandidaten auf seiner Wahlkampftour live sehen wollte, musste tief in die Tasche greifen. Zwar wurden bis zu 20.000 Eintrittskarten pro Wahlkampf-Auftritt kostenlos verschickt, aber die Nachfrage überstieg überall massiv das Angebot. Das hatte zur Folge, dass bis zu 250 Dollar für Tickets bei ebay oder Craigslist aufgerufen wurden.
Längst werden die Trump-Shows wie Rock-Events inszeniert. Das Publikum wartet oft stundenlang, bis der Ansager mit „Ladies and Gentlemen, der zukünftige Präsident der Vereinigten Staaten…!“ die Attraktion des Abends ankündigt und die neue, fetzige Intromusik vom Band läuft, während der „The Donald“ in die Halle einzieht. (Übrigens: Suchen Sie bei youtube „Trump, Biloxi“, um eine solche Veranstaltung zu sehen)
The Donald: Reality TV Primary
Trump hat inzwischen sichtlich Spaß an seiner eigenen Show. Routiniert spielt er seine großen Hits: „Die Mauer von Mexiko“ (Trump will eine Mauer bauen gegen die illegale Immigration), „Die Idioten von Washington“ (das politische Personal lässt sich von Freund und Feind über den Tisch ziehen), „China und Iran“, „Keine Moslem-Immigration ohne vorherige Identifikation“, „ISIS muss zerstört werden“ und seinen Evergreen „Wir machen Amerika wieder groß“.
Launig interagiert er mit dem Publikum, verhöhnt unter dem Jubel der Menge die anwesende Presse. „Drehen Sie die Kamera doch mal herum, Sie Trottel,“ fordert er mehrfach den Sendeleiter des live übertragenden TV-Senders auf, „damit die Leute auch sehen, wie viele Menschen heute hier sind.“ Seine Frau frage ihn jeden Abend, ob die Halle voll gewesen sei, weil die Kameras immer nur auf ihn gerichtet seien.
Selbst gelegentliche Störer baut er in die Dramaturgie ein. „Schmeißt sie raus“ befiehlt er der Security, „aber ganz sanft“, fügt er hinzu, „sonst gibt’s wieder schlechte Presse“. Damit bezieht er sich auf einen mittlerweile berühmten Zwischenfall, in dem ein Protestierer dummerweise ausgerechnet hinter einem von Trump begeisterten Wrestler krakeelte. Der lädierte Krawallero schaffte es danach in die Spätnachrichten.
Die Vorwahlen der Republikaner gehen auf die Zielgerade. Am 1. Februar wird in Iowa gewählt, und der einstige Außenseiter Trump führt inzwischen fast alle Umfragen deutlich an. Zur letzten TV-Debatte hatten wohl auch seine Kontrahenten begriffen, dass das Partei-Gespenst Trump nicht von selbst verschwinden würde. Der Ton hat sich deutlich verschärft. Das Top-Thema der letzten Woche: Der In-Fight Ted Cruz, Junior Senator von Texas gegen Trump.
Trump, der längst bewiesen hat, dass er alle politischen Taschenspielertricks perfekt beherrscht, hatte Cruz scheinheilig gebeten, klären zu lassen, ob er überhaupt Präsident werden könne, schließlich sei er in Kanada geboren. Und es gäbe einige Top-Juristen, die da so ihre Bedenken hätten. Cruz konterte, das abstruse Argument interessiere Trump erst seitdem er, Cruz, in einigen Umfragen vor ihm liege. Dann ging er zum Gegenangriff über: Er stellte – übrigens überraschend spät – die Frage, ob Trump überhaupt ein Konservativer wäre. Schließlich sei er New Yorker, und da lebten ja nur Liberale.
Trump hat einen Gang zurückgeschaltet
Trump parierte a la Bonheur: Wie die New Yorker nach 9/11 – „der Todesgeruch noch in der Luft“ – zusammengestanden und gezeigt hätten, dass Amerika nirgendwo amerikanischer gewesen sei als in New York. Selbst die US-Linkspresse glaubte da plötzlich den Staatsmann Trump zu erkennen, und gab sich unfassbar sanft.
Floridas Senator Jeb Bush, der in Aussehen und Auftreten eine unheimliche Ähnlichkeit mit Hans Eichel hat, jammert in beleidigtem Unterton während der letzten TV-Debatte, Trump könne sich nicht nach oben pöbeln. Auch er hat nicht realisiert, dass Trump längst einen Gang zurückgeschaltet hat.
Die Vereinigten Staaten geben derzeit ein Bild des Jammers ab. Das Land wurde durch die Globalisierung deindustrialisiert, zig Millionen Amerikaner beziehen Lebensmittelmarken, die Preise steigen (etwa für Bildung und Gesundheitsvorsorge), der Arbeitsmarkt ist zusammengebrochen, wenn man nicht die staatlich manipulierten Statistiken als Grundlage nimmt. Der amerikanische Traum ist ausgeträumt.
Die Politik agiert hilflos bis verworren, auch den Republikanern fällt außer einer Flattax nichts ein. Trump, der gerne betont, auf einer Elite-Universität studiert zu haben, scheut sich nicht, ein paar alte Hausmittelchen zum Kurieren der Probleme anzukündigen. Er verspricht knallharten Protektionismus mit dicken Zöllen für Waren aus China oder Mexiko. Er will zwar das Militär überall auf der Welt belassen, aber Südkorea, Saudi Arabien oder Deutschland sollen ordentlich dafür bezahlen („Die sind alle schwerreich“). Das hört sich gut an für die Menschen in Biloxi, Mississippi, und ist dabei doch auch vor allem naiv.
Debatten-Niveau unterirdisch
Insgesamt ist das Niveau der Debatten erschreckend. Hauptschulniveau. Dass die USA an nahezu allen Brandherden der Welt schuld sind – die Kandidaten geben sich ahnungslos. Bis auf Trump. Er scheut nicht, bei den Vorwahlen zum Präsidentschaftskandidaten der Republikaner deutlich zu machen, dass die Auslöschung Saddams durch die Bush-Familie und die inszenierten Bürgerkriege in Syrien und Libyen erst die ISIS ermöglichten. Er sei immer schon dagegen gewesen. Er hinterfragt die Freundschaft mit Saudi Arabien, das seine Hassprediger in die ganze Welt schickt.
Bei aller Irritation über die amerikanische Polit-Szene und ihre zumindest seltsame Sicht auf die Welt bleibt doch positiv festzuhalten, dass das System immer wieder mal frischen Wind zulässt. Wäre ein Trump in Deutschland möglich? Wohl kaum. Längst wären die Terrorkommandos der Antifa auf Kosten der Steuerzahler mit Bussen zu den Wahlveranstaltungen gekarrt. Längst hätten Gabriel, Stegner, Maas und Co. das Pack beschimpft, das einen Trump unterstützt. Wahrscheinlich würde Maas, der gerade 100 Millionen Euro für den „Kampf gegen Rechts“ locker machen will, Facebook auffordern, Trumps Accounts zu löschen.
Berlin kann keine Demokratie, Amerika wenigstens ein bisschen (wenn auch in Florida manchmal die Stimmenzählautomaten verrückt spielen). Es ist wirklich zu empfehlen, die Richtungskämpfe in der größten Demokratie der Welt im Internet (youtube) zu verfolgen. Unseren mit Milliarden zwangsfinanzierten TV-Anstalten fehlen dazu offensichtlich die Mittel, und die Privaten bevorzugen die Übertragung der Oscars.