Vor inzwischen fast einem halben Jahrhundert veröffentlichte der Club of Rome das Buch „Die Grenzen des Wachstums“. Es basierte auf Computersimulationen und sagte vorher, dass die Menschen innerhalb einiger Jahrzehnte die Welt weitgehend unbewohnbar gemacht haben werden. Nun, die Jahrzehnte sind vorüber gegangen und die Erde erscheint recht gut bewohnbar, sogar besser als damals. Und das, obwohl wir so gut wie nichts geändert haben, wie uns die Umweltbewegung immer wieder versichert.
Seltsamerweise ziehen die gleichen alarmistischen Gedanken von damals immer noch die Jugend an: Der Weltuntergang ist nah! Die Computersimulationen lagen einfach nur um ein paar Jahrzehnte falsch, im Prinzip aber sind sie richtig. Widersinnig? Keineswegs, denn dieses Verhalten liegt tief in unserer menschlichen Psyche.
Menschen sind hypersoziale Wesen. Wir sind nicht deshalb so dominierend auf der Erdoberfläche, weil wir besonders starke Muskeln haben, sondern weil wir so gut kooperieren können. Wir schaffen es nicht nur, kleine Gruppen zu organisieren, sondern können ganze Staaten, Unternehmen und Kulturen mit Hunderttausenden oder sogar Millionen Individuen koordinieren. Man macht sich meist nicht klar, wie unglaublich das eigentlich ist: Millionen Menschen kooperieren, obwohl jeder nur einen winzigen Teil der anderen kennt.
Die Prämisse der Ökonomie ist falsch, dass wir nur nach unserem individuellen Eigennutz streben. Wir tun das zwar durchaus manchmal, aber parallel dazu gibt es für uns größere Werte als den Eigennutz. Auch Atheisten verkennen völlig das Wesen von Religiosität. Sie verstehen nicht, dass Religiosität Elemente schafft, die Millionen von Einzelwesen zu einem riesigen Superorganismus vereinen. Die Elemente, die dies ermöglichen, können sehr unterschiedlich sein: Manchmal sind es einfache Buchstaben wie IBM, manchmal ist es ein gekreuzigter Mensch, manchmal ist es die Idee vom autarken Staat, die Millionen Männer im Gleichschritt in einen unsinnigen Krieg ziehen lässt.
Je größer und je nobler das Unterfangen, desto besser eignet es sich zur Koordination der vielen Einzelwesen. Die Aufgabe sollte nicht kleiner sein als wenigstens die Welt zu retten, am besten in alle Ewigkeit. In diese Aufgabe ist unsere Psyche schnell bereit hineinzutranszendieren, sprich die Eigeninteressen aufzugeben.
Aus diesem Grund wirkt Umweltschutz so unwiderstehlich. Er spricht gleich zwei Eigenschaften an, die entwicklungsgeschichtlich bei uns von herausragender Wichtigkeit waren: 1. Die Fähigkeit, sich mit der eigenen Gruppe zu identifizieren und sich unter bestimmten Situationen sogar für die Gruppe aufzuopfern; 2. Die Fähigkeit, für die Zukunft vorzusorgen und nicht „das Holz an einem Tag zu verbrennen, was man in einem Jahr gesammelt hat“ wie ein chinesisches Sprichwort sagt.
So funktioniert unsere Psyche. Große Gruppen von Menschen koordinieren sich über gemeinsame, große Ideen. Diese großen Ideen stehen in Konkurrenz zueinander und setzten sich gegeneinander durch. Schade nur, wenn man zu der Gruppe mit einer dummen koordinierenden Idee gehört.
Wer mehr über die hier dargestellte Theorie erfahren möchte, dem sei das Buch von Jonathan Haidt »The Righteous Mind« ans Herz gelegt.