Das haben die Herrschaften in Brüssel und Berlin ja mal wieder ganz fein hinbekommen. An Warnungen und Mahnungen hat es nicht gefehlt, aber trunken vor Macht und Entschlossenheit, an den widerborstigen Briten ein Exempel zu statuieren, haben sie sich solange verrannt, bis das von ihnen fein säuberlich konstruierte Gefangenendilemma nur noch Verlierer hervorzubringen scheint.
Seit Dienstag ist es offiziell: Das britische Parlament, das im Gegensatz zu den Abnickervereinen in Berlin, Brüssel und Paris noch eine signifikante Opposition, Debattenkultur und demokratische Reife sein Eigen nennen kann, hat mit dem Deal, den Brüssel dem Königreich aufzwingen wollte, das gemacht, was er verdient hat: Ihn in die Tonne getreten.
Abschreckung, Knüppel und Arroganz den Aufmüpfigen
Von Beginn an war es die Attitude der Rest-EU, an Großbritannien das abschreckende Exempel zu statuieren, das andere unbotmäßige, freiheitsliebende und austrittswillige Völker von jeglichem Fluchtversuch abschrecken sollte. Das Präsidenten-Stadlmitglied der EU Donald Tusk äußerte sich in einem Moment unfreiwilliger Klarheit in Antwort auf das von Premierministerin May formulierte Ziel, Britannien wolle nach dem Ausscheiden Europas bester Freund und Partner bleiben den hoch verräterischen Satz: „Entschuldigung, aber das ist nicht das, was wir wollen!“ Das bedarf eigentlich keiner weiteren Erklärung.
Der Brexitvertrag sollte nach dem Willen der Brüsseler Nomenklatura, im englischen Parlament auch bezeichnet als „Mandarinat“ die psychologische Brandmauer des bürokratischen Völkergefängnisses Europäische Union werden. Barnier und sein Team, gestützt von Schonklod „Ischias“ Juncker und seinen Büchsenspanner Selmayr bastelten daran mit einer fanatischen Liebe, wie man sie nicht mehr studieren konnte, seit der kleine Erich seinen antifaschistischen Schutzwall ins Berliner Stadtbild pflanzen durfte. Auf die freiheitsliebenden Völker und Bürger Europas, nicht nur in Großbritannien, sollte dieser die gleiche Wirkung haben, wie sein städtebauliches sozialistisches Pendant.
Die fünfte Kolonne
Rückblickend muss man sich fragen, wie sich die Eurokratie zu der Annahme versteigen konnte, dass das gut geht. Die Antwort liegt auf der Hand und man findet sie in London. Man hatte dort Verbündete und zwar solche, die es wussten und solche die es nur ahnten, dass sie es waren und sind. Da gibt es zum einen eine starke Fraktion von Europhilen in allen Parteien, die im Unterhaus wahrscheinlich sogar eine Mehrheit darstellen und die den 2016 demokratisch zum Ausdruck gebrachten Volkswillen nur zähneknirschend zur Kenntnis genommen haben. Akzeptiert haben sie ihn bis heute nicht. Sie kaperten entscheidende Schaltstellen der Regierung May und schwächten systematisch die Verhandlungsposition des Vereinigten Königreichs in der Hoffnung, den Brexit so noch aufhalten zu können.
May Day, May Day!
Und dann gibt es die Premierministerin, bei der man sich ständig fragt, ob das, was sie antreibt, die geballte Inkompetenz oder die heimliche Liebe zu einem Verbleib des Königreiches in der EU ist. Ihre Verhandlungsführung war von Anfang an von einem Maß an Fehleinschätzungen, strategischen und taktischen Missgriffen und falschen Zügen sowie flagranten Verletzungen des gesunden Menschenverstandes geprägt, dass der von ihr dann ausgehandelte Vertrag zu Recht als Aufgabe der Souveränität des Landes gegeißelt worden ist. Der sogenannte „Backstop“ hätte zu einer Zollgrenze zwischen Nordirland und dem Rest des Königreiches geführt. Wo hat man so etwas je gehört? Das Land sollte 39 Milliarden Euro Abschiedsrechnung ohne jede Gegenleistung in die korrupten Brüsseler Fleischtöpfe einzahlen, damit Juncker und Co. nur nicht darüber nachdenken müssen, wie man spart. Der schon immer parteiische und in schöner Regelmäßigkeit das Recht verhöhnende EU-Gerichtshof sollte weiterhin das letzte Wort in Großbritannien haben, jetzt allerdings ohne die Möglichkeit der Entsendung britischer Richter in diese Institution. Die Möglichkeit einer eigenen Handelspolitik wäre massiv eingeschränkt, wenn nicht sogar in Gänze verhindert worden.
Hände auf den Tisch!
Kein Wunder, dass Herr Selmayr, Generalsekretär der Europäischen Kommission, im Überschwang seines frühzeitigen Triumphergusses im Interview mit der Passauer Neuen Presse davon schwärmte, dass sich die EU gegen Großbritannien durchgesetzt habe. Auch das hat man im Unterhaus vernommen und zwar zum Glück vor der Abstimmung am Dienstag.
Die Zusammenfassung dieses schlecht verhandelten Vertrages kann man wie folgt niederschreiben: Großbritannien sollte alle Pflichten weiterhin erfüllen, aber alle Mitspracherechte aufgeben. Und dieses Mal ohne Ausstiegsklausel. Ewig. Die vorsätzliche Entmündigung einer Nation.
Diesem Anschlag auf die Souveränität und die Demokratie haben mehr als 430 Abgeordnete des Parlaments, und damit eine 2/3-Mehrheit, jetzt einen Riegel vorgeschoben. Zu Recht.
No-deal ist in Wahrheit ein WTO-deal. Der funktioniert blendend.
Da die Rechtslage in Großbritannien mit dem Austrittsgesetz von 2016 klar ist, wird es, wenn Frau May und die Rest-EU nicht noch einen völlig neuen Deal aus dem Hut zaubern, aller Wahrscheinlichkeit nach am 29.3.2019 zu einem – Gottseibeiuns! – „no-deal“-Brexit kommen, den angeblich niemand will und niemand wollen kann. Angeblich bricht dann in Europa und speziell beim bösen, bösen Engländer das Chaos aus. Das EU-Mandarinat und seine Schergen rennen schon tagaus tagein herum und malen Schreckensbilder an die Wand. Da wird allen Ernstes davon geschwafelt, dass in Großbritannien die Wasserversorgung zusammenbreche, der Flugverkehr nicht mehr abhebe, dem Land Essen, Trinken, Sprit und Medikamente ausgehen. Wer denkt sich eigentlich so einen Schwachsinn aus? Ach so, sorry, blöde Frage, wir sind ja in der EU 2019, da kann das schon mal vorkommen.
„Project Fear“
Die Briten nennen dieses dumme Gerede zu Recht „Projekt Angst“. Es fehlt ihm jede wissenschaftliche Grundlage, es ist sowas wie das aktuelle europapolitische Gegenstück zum Millenium Bug. Erinnern Sie sich an den? Angeblich drohte damals der Atomkrieg, weil die Jahresumstellung von 1999 auf 2000 die Computer überfordert, es sei denn, jedes Unternehmen, das Militär, der Staat, wir alle geben horrende Summen Lösegeld für die komplette Revision unserer gesamten IT aus. War natürlich genauso ein Blödsinn wie der Ablasshandel für das Klima und das Waldsterben, hat aber funktioniert für die, die sich daran bereichert haben und genau darum geht es auch diesmal.
In Wahrheit gibt es gar keinen „no-deal“. Wenn kein Vertrag zustande kommt, dann greift ersatzweise der WTO-Vertrag, also der weltweite Handelsvertrag, unter dessen Regime ca. 90% des weltweiten Handels abgewickelt werden. Es ist die gleiche Arbeitsgrundlage, wie für unseren Handel mit den USA, Japan, China und dem Rest der ganzen großen weiten Welt. Mir ist noch nicht aufgefallen, dass dort von der EU Schilder aufgestellt werden mit dem Satz „Euer Ende ist nah! Hunde und Katzen leben zusammen!“
Natürlich werden jetzt die Profiteure des korrupten Systems der Verteilungstöpfe dieser gescheiterten Union mit Zähnen und Klauen versuchen, den Brexit zu verhindern, zu verzögern oder zu sabotieren. Da wird die EU-Version der Demokratie aus der Mottenkiste gezogen, die da lautet: Lass die Leute so lange abstimmen, bis sie in unserem Sinne zur Vernunft gekommen sind. Die Herrschaften nennen das „peoples vote“, gerade so, als hätten beim letzten Mal die Haustiere abgestimmt und nicht die Bürger. Sobald das passiert ist, lassen wir diesen Blödsinn mit den Volksabstimmungen aber dann auch. Man sieht ja wohin das führt.
Dagegen sollte sich das britische Volk verwahren. Die Vernunft hat im Unterhaus eine Schlacht gewonnen, der Krieg ist aber noch nicht vorbei.