Bald beginnt das neue Jahr. Zu diesem Anlass ist es gute Sitte, sich Vorsätze zu machen: Ziele, die man erreichen will, Misserfolge, die man nicht wiederholen oder etwas Neues, dass man wagen möchte. Zu dem Ende eines Jahres gehört aber auch, auf Erfolge und Lichtblicke zurückzusehen – manchmal auch diese besonders hervorzuheben.
Einen guten Tag, den ich besonders hervorheben möchte, ist der vergangene Dienstag. Ein Tag, an dem unsere Sicherheitsbehörden gezeigt haben, dass unser Rechtsstaat nicht nur zusieht, sondern auch handelt. An diesem 18. Dezember hat die Polizei eine Moschee im Berliner Stadtteil Wedding durchsucht, die schon lange als Anlaufpunkt für jungen Salafisten, Dschihadisten und Extremisten gilt. Hier hat insbesondere der bekannte salafistische Hassprediger Abul Baraa gewirkt. Jener radikale Islamist, der offen gegen „Kuffar“, gegen in seinen Augen Ungläubige hetzt und zu Hass und indirekt auch zu Gewalt aufruft. Die jetzt durchsuchte As-Sahaba-Moschee steht im Mittelpunk eines weitverzweigten Netzwerkes und es ist wichtig und richtig, hier Ermittlungen zur Wahrung unsere Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einzuleiten.
Ich sehe diese Ermittlungen auch als einen kleinen Erfolg, denn ich habe schon seit mehreren Jahren, verstärkt aber in den letzten Monaten, auf die Gefahr hingewiesen, die von radikal-salafistischen Hasspredigern wie Abul Baraa und Pierre Vogel ausgeht, gerade auch in Bezug auf die Indoktrinierung von Kindern und Jugendlichen. Es ist richtig, dass unsere Polizei und unsere Staatsanwaltschaft nun konsequent durchgreift und diese Rekrutierungszentren schließt. Ich bedanke mich an dieser Stelle ausdrücklich bei allen Ermittlern, die durch ihren Einsatz unsere Demokratie verteidigen und ein klares Signal für Freiheit und Rechtsstaatlichkeit setzen.
Zum Beginn eines neuen Jahres zählen aber, wie bereits gesagt, auch Vorsätze. Ein neues Jahr bedeutet neue Herausforderungen, denen wir uns zu stellen haben. Insbesondere im Bereich des Salafismus dürfen wir auch 2019 nicht die Augen verschließen, sondern müssen hochgradig wachsam sein. Weiterhin gilt meine Maxime: Wir müssen handeln, bevor wir behandelt werden.
Die salafistische Bedrohung in unserem Land wächst von Tag zu Tag und es wird unsere Aufgabe sein, dem mutig zu begegnen. Wir alle kennen den Spruch „Geld regiert die Welt“. Das gilt auch in der Welt der Salafisten. Wenn wir ihnen begegnen wollen, müssen wir ihre Finanzierungsquellen trockenlegen. Um die Bedrohung unserer Freiheit abzuwenden, müssen wir den Salafisten buchstäblich den Geldhahn zudrehen.
Was so leicht klingt, ist eine wahre Mammutaufgabe. Nicht nur in Deutschland, sondern auch international ist es den Demokratiefeinden gelungen, tragfähige Strukturen aufzubauen, ihre kranke Lehre zu verbreiten und damit eine große Reichweite und einen erschreckend erfolgreichen Effekt zu erzielen.
Ich möchte auf diese Gefahr wiederholt hinweisen. Es darf nicht bei einer einzelnen Durchsuchung bleiben, denn dann haben wir es mit einer Hydra zu tun. Schlagen wir erfolgreich einen Kopf ab, sind an anderer Stelle schon zwei nachgewachsen. Hassprediger wie Pierre Vogel und Abul Baraa verdienen auf vielfältige Weise Geld, für ihre Ziele der Dawa. Gemeinsam organisieren die in Deutschland vom Verfassungsschutz als „bedenklich“ eingestuften Salafisten, die sogenannten „Umra und Hadsch“ Pilgerreisen. Diese Reisen nach Mekka und Medina richten sich vor allem an junge Männer. Dabei ist für mich absolut klar, dass dies für die Hassprediger eine neue Masche und Möglichkeit ist, die meist jugendlichen Teilnehmer fernab der Augen und Ohren deutscher Sicherheitsbehörden zu indoktrinieren und zu radikalisieren. Es ist durchaus anzunehmen, dass hier die Jugendlichen und jungen Erwachsenen fundamentalistisch geformt werden, die später als Gefährder der freiheitlich-demokratischen Grundordnung gelten werden.
Die Salafisten profitieren hier also gleich doppelt, denn zu der Möglichkeit die Teilnehmer ungestört zu „bekehren“ oder zu „radikalisieren“, kommt noch ein nicht zu unterschätzender finanzieller Aspekt. Es ist, basierend auf eigenen Angaben der Veranstalter, davon auszugehen, dass an einer Reise nach Mekka rund 200 Personen teilnehmen. Im Durchschnitt werden pro Person mindestens 3.000 Euro für einen solchen Glaubenskurs fällig. Schnell kommen wir also auf Millionenbeträge, die an die Hassprediger fließen. Ich frage mich selbstverständlich: Werden diese Einnahmen von B.-Reisen, einem Unternehmen aus Baden-Württemberg, ordnungsgemäß angemeldet und versteuert? Und was ist mit Pierre Vogel und Abul Baraa, die als Referenten oder Begleiter auf den Veranstaltungen auftreten, in Deutschland aber angeblich von Sozialleistungen leben müssen? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie ohne Honorar arbeiten. Allerding müsste dieses angemeldet und versteuert werden, was offensichtlich nicht der Fall ist.
Das Netzwerk der Salafisten allerdings reicht viel weiter. Sie generieren ihr Geld aus Spenden, insbesondere auch aus manchen Golfstaaten. Wofür wird das Spendengeld eingesetzt? Für Rekrutierung? Selbstbereicherung? Oder schlimmer noch für Gräueltaten? In einem solchen Fall hätten wir es mit Terrorfinanzierung zu tun, einem Vorwurf, dem dringend nachgegangen werden muss – auch im neuen Jahr. Ebenso müssen Ermittlungen gegen neu entstehende Online-Händler für salafistische Bücher, DVDs und ähnliches geführt werden. Auch hier steht der Verdacht der nicht-sachgemäßen Versteuerung und der weitaus schwerwiegendere Verdacht der Terrorfinanzierung im Raum.
Wir haben 2018 einiges im Kampf gegen Terrorismus, Dschihadismus und Extremismus erreicht: Der IS konnte weiter zurückgedrängt werden, zahlreiche Anschläge wurden dank unserer aufmerksamen Sicherheitsbehörden vereitelt und es werden vermehrt Ermittlungen gegen vermeintliche Islamisten geführt. Aber ich kann nicht oft genug betonen, dass dies alles lobenswerte Schritte sind, wir den Salafisten aber trotzdem weiter hinterherrennen. Wir müssen ihnen den Geldhahn abdrehen, ihre Finanzierungsquellen müssen versiegen. Das geht nicht allein in Deutschland, dafür bedarf es eines gesamteuropäischen Vorgehens, nicht zu sagen einer internationalen Antwort auf die allgegenwärtige Bedrohung unserer Freiheit.
2019 kann ein gutes Jahr im Kampf gegen Salafismus, Dschihadismus, radikal gesinnten Fundamentalismus und Extremismus jeglicher Art werden, wenn wir wachsam sind, proaktiv vorweggehen, präventive Ermittlungen durchführen und es uns so, international vernetzt und abgestimmt gelingt, einen koordinierten Kampf gegen die Terrorfinanzierung der Salafisten zu führen. Dazu rufe ich unsere Behörden ebenso wie unsere internationalen Partner auf. Lassen sie uns zeigen, dass unser Rechtsstaat handlungsbereit und handlungsfähig ist und schlagfertig agieren kann. Legen wir den Salafismussumpf trocken, indem wir ihm die Finanzquellen zudrehen – zum Wohle unserer Bürgerinnen und Bürger, unseres Landes und unserer Werte. Das alles kann man nur erreichen, wenn wir das gesellschaftlich wie politisch wollen, denn wo ein Wille ist, ist auch Weg.