Auch neue Dieselfahrzeuge nach den Euro-6 Normen können künftig aus Städten verbannt werden. Die galten bisher als sauber und sind in deutschen Städten nicht von den geplanten Fahrverboten betroffen. Doch das kann sich ändern, wenn das heutige Urteil des Europäischen Gerichtshofes in Luxemburg Bestand hat.
Drei Städte hatten gegen die EU-Kommission geklagt: Paris, Brüssel und Madrid. Die Kommission wollte – möglicherweise, weil sie das Desaster gesehen hat, das sie anrichtet – etwas »Luft« in die angespannte Auseinandersetzung lassen und erlaubte den Autoherstellern eine längere Übergangsfrist zu niedrigeren Grenzwerten.
Die neuen Euro-6 Dieselfahrzeuge sollen auf 80 Milligramm pro Kilometer NOx heruntergetrimmt werden, die aus dem Auspuff während der Fahrt kommen dürfen – gemessen im sogenannten Real Drive Modus. Das ist ein Bestandteil des neuen Messverfahrens WLTP, nach dem neue Autos zugelassen werden. Die Kommission wollte zunächst 168, dann ab Anfang 2020 nur noch 120 µg/km NOx erlauben bis später hin zu 80 Milligramm pro Kilometer NOx.
Dagegen klagten die drei Städte. Der EuGH gab ihnen heute Recht: Die Kommission sei nicht befugt gewesen, von sich aus diese Grenzen zu lockern. Die für die Euro-6-Norm festgelegten Emissionsgrenzwerte für Stickoxide stellten »eine wesentliche Bestimmung dieser Verordnung« dar, die die Kommission nicht abändern könne. Das bedeutet, dass die drei Städte demnächst auch Fahrverbote für neue Diesel aussprechen können.
Die neuen Diesel nach der Euro-6 gelten prinzipiell als sauber. Deutsche Städte sehen bisher noch keine Fahrverbote für neue Euro-6 Norm Diesel vor. Fraglich ist auch jetzt, welchen Wert noch die Angebote der Autohersteller haben, mit Prämien Autofahrer zum Umstieg auf neue Euro-6 Diesel zu bewegen. Denn auch die könnten ausgesperrt werden. Übrigens sind nach dieser Ansicht auch Benziner betroffen und können ausgesperrt werden.
Der Motorenforscher Prof. Thomas Koch vom Institut für Kolbenmaschinen des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) weist auf den ungeheuren technischen Fortschritt hin, den die Verbrennungsmotoren durchlaufen haben. Die Dieselmotoren sind sauber geworden: »Das Urteil ist nicht nachvollziehbar. Rund zehn Jahre nach Entwicklungsbeginn, rund eineinhalb Jahre nach Festlegung der sehr guten EURO-6d Gesetze und nach Investition von vielen Milliarden Euro Entwicklungskosten haben die Richter und Kläger den Sinn der Gesetzgebung und die Gründe der Compliancefaktoren offensichtlich nicht verstanden.«
Die nächsten 14 Monate darf sich allerdings nichts ändern, schrieben die EuGH Richter ins Urteil, aus Gründen der »Rechtssicherheit«. Gegen das erstinstanzliche Urteil kann die Kommission nun wiederum innerhalb von zwei Monaten Revision einlegen. Der Kampf gegen die individuelle Mobilität wird mit ungebrochener Vehemenz weitergeführt.