Tichys Einblick
Die Kandidaten und die Konferenz

Gesucht: Der Islam, der zu Deutschland gehört

Innenminister Horst Seehofer will einen Islam erfinden, der dann zu Deutschland gehören soll. Eröffnet er nach der Religions-Maßschneiderei dann anstelle des türkischen Präsident Erdogan zukünftig die Moscheen in Deutschland?

Der Islam gehört nicht zu Deutschland. Der Satz ist zwar nach wie vor nicht falsch, aber sogar Horst Seehofer ließ das „nicht“ streichen. Er streicht ja auch die Segel. Auf der Islamkonferenz drückte er sich äußerst gewählt aus. Er wolle einen Islam „in, aus und für Deutschland“. Da ich gegen Gelaber bin, lautet mein Vorschlag für einen neuen Satz: Welcher Islam zu Deutschland gehört, bestimmen die Deutschen am besten selbst. Leider ist aber auch der folgende Satz richtig: Der Islam, der zu Deutschland gehört, muss erst noch Gestalt annehmen.

I.

Immerhin: Erstmals wurden zur Islamkonferenz der Bundesregierung neben den streng gläubigen Verbänden auch islamkritische und liberale Muslime eingeladen. Auf staatlicher Bühne stritten sie mit- und gegeneinander. Langsam dämmert es selbst Politikern mit dem großen C, dass sie sträflicherweise jahrzehntelang ausschließlich auf eine Kooperation mit den Konservativen setzten. Die Bundesrepublik könnte sie wohl nicht verbieten, aber die Zusammenarbeit einstellen und neue Zusammenschlüsse liberaler Muslime in Deutschland fördern. Sie sollte den Kampf aufnehmen, statt die Unvereinbarkeit zwischen freiheitlichem Rechtsstaat und traditionellem Islam auf Islamkonferenzen harmoniesüchtig und naiv klein zu reden. Die Debatte hat auch die Kandidatenkür um den CDU-Vorsitz erreicht.

II.

Ein Satz von Jens Spahn findet sofort Beifall: „Wir wollen, dass Bundespräsident Steinmeier Moscheen eröffnet, nicht der türkische Präsident Erdogan.“ Nochmal langsam zum Mitschreiben. Fällt der Groschen? Weiß Gott hat Erdogan in unserem Land keine Moscheen zu eröffnen. Aber doch, bitte, auch nicht der Bundespräsident! Wir würden doch auch nicht wollen, dass er Kirchen einweiht. Die Religion gehört nicht dem Staat und der Staat nicht der Religion. Genau das stört uns am Islam.

III.

AKK: Man müsse ein staatliches Angebot für muslimischen Unterricht auf Deutsch machen, und die Islamlehrer an deutschen Universitäten ausbilden. Der Ruf nach dem Staat auch hier. Wer so redet, will mit aller Macht den Islam aufwerten, ihn als Teil der deutschen Kultur etablieren. Und er will das Problem mit den Millionen der nichtislamischen Steuerzahler lösen.

IV.

Wie unsinnig das ist, zeigen die Versuche, deutsche Imame auszubilden. Es geschieht seit zehn Jahren, doch nur wenige von ihnen finden finden eine Stelle an einer Moschee. Weil sie als zu liberal gelten! Neun von zehn Moscheevereinen sperren sich gegen einen Islam, der zu Deutschland gehört. Sie werden von türkischen und arabischen Institutionen bezahlt. Seehofers Forderung, „dass die ausländische Einflussnahme so gut es geht ersetzt wird“, ist in den Wind gesprochene Vertrauensseligkeit. Die Islamverbände haben das Vertrauen selbst verwirkt. Hier, nur hier, ist der deutsche Staat gefordert. Ausländern ist zwar verboten, zugelassenen deutschen Parteien zu spenden, aber Moscheen unterhalten, die verfassungsfeindliche Ziele verfolgen, das ist offenbar erlaubt. Statt Sonntagsreden auf Islamkonferenzen wären staatliche Sanktionen angesagt.

V.

Friedrich Merz hat recht, wenn er mehr staatliche Aufsicht fordert. Der Staat muss kontrollieren, was in Koranschulen gelehrt und in Moscheen gepredigt wird. Es gibt keinen Raum in diesem Land, in dem die Scharia gilt. In Sachen Religion ist die Garantie des säkularen Rechts die einzige zulässige Aufgabe des Staats. Davon war auf Seehofers Moscheentag nichts zu hören.

VI.

Und was notwendig wäre, nötiger als der UN-Migrationspakt, wäre ein Integrationspakt. Im Migrationspakt stehen nur die Rechte, auf die Migranten Anspruch haben. Jahrhundertelang wurden Einwanderer assimiliert. Deutsche, Iren, Mexikaner in Amerika, Hugenotten, Polen, Boatpeople in Deutschland. Für alle war Anpassung eine Selbstverständlichkeit. Aber es waren in der Regel keine Muslime. Die ticken anders. Es wird so getan, als sei sogar die bloße Integration eine Bringschuld Deutschlands. Selbst Seehofer erweist sich als Master ohne Plan. Er resigniert. Deutschland akzeptiert Parallelgesellschaften und bildet sich etwas ein auf seine Toleranz. Der religiös bedingten Intoleranz weiß es nichts entgegenzusetzen.


Das neue Buch von Wolfgang Herles jetzt im TE-Shop und im Buchhandel >>>

Die mobile Version verlassen