„Das gespaltene Land – wer sorgt für Zusammenhalt?“ – diesen Titel der Anne-Will-Redaktion hätte ein ehemaliger Kollege mit der Bemerkung „man sorgt für seine Oma, nicht für Zusammenhalt“ wortstreng zusammengestrichen. Auch von der avisierten Gästeliste wären wohl Schwesig und Baerbock anstandslos verbannt worden.
In der Tat scheinen dieses Mal die zwei Rotgrünen eher als Quotenbeilage gebucht worden zu sein, denn das eigentliche Thema des Abends lautete: Ist Merz das Spezial-Dragee, an dem Deutschland gesunden kann? Erste Erkenntnis: Für Anne Will, Annalena Baerbock und Manuela Schwesig reicht’s. Dem Merz Trick – erst tiefes Verständnis zu äußern, dann wohlwollend zu nicken, um schließlich mit Fakten zu korrigieren – haben die drei nichts entgegenzusetzen.
Insofern hat Friedrich Merz der deutschen Politik wahrlich gefehlt. Mit loriot’scher Betonungssicherheit formuliert Merz die Zukunft der CDU unter seiner Führung: Innere Sicherheit, gesunder Patriotismus. Wir sind die Europa-Partei. Haben wirtschaftliche und finanzpolitische Kompetenz mit sozialer Verantwortung. Die CDU muss wieder die Partei des Rechtstaats sein – Zweifel bezüglich der Rechtsstaatlichkeit der Grenzöffnung seien nicht ausgeräumt. Punkt. Ach, es wäre zu schön, wenn wir Friedrich Merz glauben könnten.
Denn leider hinterließ schon sein allererstes Statement einen großen Zweifel an der Wahrhaftigkeit des Kandidaten.
Dürfen bei uns auch Reiche in die Politik? Oder sollten hierzulande nur arme Würstchen erst in der Politik reich werden dürfen wie der Dingens aus Würse…, der Name fällt uns jetzt gerade nicht ein. Denn das war eigentlich der einzige Vorwurf, den die drei Großverdienerinnen Anne, Annalena und Manuela Merz zu machen hatten. Obwohl Manuela ihm „seine Privatflugzeuge nicht neidet“, schließlich hat sie Flugangst. Ohne mit der Wimper zu zucken, sprach sich Rechtsanwalt Merz von allen Vorwürfen frei an Cum Ex-Geschäften beteiligt gewesen zu sein („Ich arbeite nicht für solche Unternehmen“, „Ich mag solche Leute nicht“), außerdem sei unter seinen Aufsichtsratsmandaten auch eine Firma, die Klopapier herstelle, das würde nie erwähnt. Dass er da die eine oder ander Cum Ex-Firma wie HSBC in Düsseldorf vergessen hat – was macht das schon.
Nachhilfeunterricht gab es auch beim High-Speed-Internet Für Alle, das A. und M. energisch forderten. „Jetzt werden doch gerade die G-5-Lizenzen vergeben, da kann die Regierung das doch klären, Frau Schwesig.“ Schon beim G-4 habe der Staat nur geschaut, wo er am meisten Profit machen könne. Annalenas Vorschlag, die Telekomaktien des Bundes zu verkaufen, einen Fonds einzurichten, und der zahlt dann die Verkabelung, dürfte sogar den „Konzernen“, allen voran der Telekom gut gefallen. Nein, sagte Merz, er sei der Meinung, dass der Staat nicht alles besser kann, da sei er Ordoliberaler, was die drei zu Hause googeln können.
Natürlich hat Anne Will es verabsäumt, Friedrichs seltsamen Sinneswandel bezüglich EU-Europa zu hinterfragen. Merz hatte nämlich mit dem parteibekannten Hans Eichel und dem unsäglichen Habermas eine Forderung nach gemeinsamer Arbeitslosenversicherung für EU-Europa unterschrieben und dann, nach seiner Kandidatur, widerrufen.
So bleibt Friedrich Merz für uns noch so etwas wie ein unbeschriebener Bierdeckel. Warten wir auf die erste Runde ….