Der frühere Chef des Bundeskanzleramtes und SPD-Wahlkampfmanager Bodo Hombach attestiert der SPD aktuell ein gestörtes Verhältnis zu den Wählern. Sie biete Lösungen für Probleme, die die Wähler nicht haben. Sogar für den Erfolg der AfD macht Hombach die SPD mitverantwortlich. „Ihre Botschaften zünden nicht. Ihre Selbstbezogenheit irritiert. Das kann nur eines bedeuten: Entfremdung“, analysiert Hombach in einem Gastbeitrag für die Dezember-Ausgabe der Zeitschrift Tichys Einblick.
„Entweder man spricht nicht mehr die Sprache der Leute, oder man bietet Lösungen für Probleme, die sie nicht haben, oder ignoriert die, die sie haben.“ Das begründe das Unverständnis und Misstrauen der Leute. Hombach: „Einen Satz höre ich im Volke ständig: «Auf uns hört ja keiner.» Wenn Volksparteien dem Volk nicht zuhören, hört das Volk auf andere.“
Die SPD sei auch mitverantwortlich für den Erfolg der AfD. Es sei falsch, dass die SPD ständig die AfD angreife, statt sich auf die Interessen der 80 Prozent zu konzentrieren, die die AfD nicht wählen. „Wenn die AfD beinahe 20 Prozent der Wähler mit der Hoffnung, endlich verstanden und angenommen zu sein, bedient, gibt es immerhin 80 Prozent, die davon noch nicht beeindruckt sind. Wer die nicht wahrnimmt, weil er wie das Kaninchen auf die Themen-Schlange der Populisten starrt, verkauft sich unter Wert. Wer die nur verteufelt, die als Problem Empfundenes benennen, stärkt sie. Reale oder gefühlte Probleme suchen Lösungen.“
Der SPD rät Hombach zu einem New Deal. „Es geht nicht mehr um Konzepte, die in die Krise geraten sind, sondern um die Krise, aus der sich Konzepte ergeben müssen. Das Konzept gegen Angst ist nicht «Sei offen für Neues und fürchte dich nicht!», sondern einladende Freundlichkeit, gelebte Zuversicht, mitreißender Schwung, leidenschaftlicher Gestaltungwille, ein «New Deal» aus realen Elementen mit verlockendem Ziel.“
Ohne Namen des aktuellen Führungspersonals der SPD zu nennen, kritisiert Hombach konkret, dass die SPD den früheren Parteichef und Vizekanzler Sigmar Gabriel aufs Abstellgleis geschoben hat. „Gegen Sigmar Gabriel konnten Journalisten seit Langem die gehässigsten Kommentare und Geschichten bei Parteifreunden abholen. Seine Demontage hat wie Schmierseife auf der Wählerrutschbahn nach unten gewirkt.“