Tichys Einblick
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Migration – einklagbares Recht unter dem Dach der Bundesrepublik

Der Global Compact for Migration ist nur offiziell auf Initiative der Vereinten Nationen entstanden. Maßgeblich verantwortlich dafür aber zeichnet niemand anderes als Merkels schwarzrotes Kabinett.

© Adam Berry/Getty Images

Wird der Gipfel zum UN-Migrationspakt in Marrakesch zu Merkels persönlichem Desaster? Wer der von der AfD erzwungen Bundestagsdebatte folgte, dem musste sich der Eindruck aufdrängen, dass eine breite Einheitsfront hinter jenen Verpflichtungen steht, die angeblich völlig unverbindlich seien – und die dennoch weltweit Glückseligkeit über die Menschheit bringen und deshalb unbedingt unterschrieben werden müssen.

Immer mehr Staaten fremdeln mit dem UN-Migrationspakt

Weltregierung findet Widerstand
Bulgarien sagt Nein zum UN-Migrationspakt
Doch die Reihe jener Staaten, die mit diesem „Compact“ fremdeln, wird länger, Es sind längst nicht mehr nur die „üblichen Verdächtigen“ wie die USA und Polen, die die „unverbindliche“ Selbstverpflichtung zur Gleichstellung so ziemlich aller Weltwanderer, gleich ob politisch oder religiös verfolgt oder einfach nur Ritter von eigenen Gnaden auf der Suche nach persönlichem Wohlstand, bewirken soll.

Mittlerweile sind es bald die Hälfte der EU-Staaten, die ihre Abkehr erklärt haben vom UN-Migrationspakt. Darunter nicht nur die führenden Länder der Visegrad-Gruppe um Österreich, sondern auch sonst so treue Merkel-Gefolgsländer wie Deutschlands Nachbarn Dänemark, Schweden und die Niederlande.

Es wird einsam um Merkel – und doch wird all das nichts daran ändern, dass die Bundesrepublik am 11. Dezember 2018 diesem „Pakt“ ohne jeden Vorbehalt beitreten wird. Und ohne breite und objektive Diskussion in der Öffentlichkeit – ohne eine an den dort fixierten Verpflichtungen orientierte Debatte im Beschlussgremium Deutscher Bundestag, welches doch vorgeblich den Souverän repräsentiert. Denn die Debatte, die auf Veranlassung der AfD das Thema UN-Migrationspakt erstmals in das „Hohe Haus“ holte, erschöpfte sich in nonfaktischen Emotionen und Kollegen-Bashing – gegen jene ungeliebten Vertreter einer Partei, die dem schwarz-rot-gelb-grün-dunkelroten Einheitsbrei der Befürworter einer zwar geregelten, aber dafür letztlich unkontrollierbaren Migration nicht angehören mag.

„Allgemeine Prinzipien und einklagbare Verbindlichkeiten“

Polemik statt Diskussion
Bundestagsstunde zum UN-Migrationspakt
Wer wissen möchte, weshalb die Bundesrepublik dem Pakt selbst dann beitreten wird, wenn, was nicht geschehen wird, auf den Straßen das Volk sich dagegen erhöbe, dem sei empfohlen, auf die Website des „Global Forum on Migration and Development“ zu klicken.

Diese abgekürzt GFMD genannte NGO, hat maßgeblich daran mitgewirkt, das Marrakesch-Papier UN-Migrationspakt zu formulieren. Es erklärt deshalb diesen Gipfel in Marokko zum „Höhepunkt“ der „globalen Migrationsgemeinschaft“ um „allgemeine Prinzipien und gerichtlich einklagbare Verbindlichkeiten“ der Migration festzuschreiben.

„Einklagbare Verbindlichkeiten“?

Was ist denn nun mit der behaupteten Unverbindlichkeit?

Wörtlich steht bei der GFMD zu lesen:

„The Marrakesh Summit presents a momentous opportunity for the global migration community to reflect on future perspectives for the GFMD with its enhanced role, and to prepare for the adoption of the first ever Global Compact for Migration, which sets out common principles and actionable commitments to ensure a more effective management of migration.“

In der Übersetzung lautet dieses:

„Der Marrakesch-Gipfel bietet eine bedeutungsvolle Gelegenheit für die globale Migrationsgemeinschaft, um die Zukunftsperspektiven für die GFMD mit ihrer verbesserten Rolle zu reflektieren und um (den Weg) zu bereiten für die Annahme des allerersten Globalen Abkommens für Migration, welches allgemeine Prinzipien und einklagbare Verbindlichkeiten darlegt, um ein effektiveres Management von Migration sicherzustellen.“

Die multiethnische Weltwerkbank

Nur die Hoffnung, die sich dann doch nicht selbsterfüllende Prophezeiung einer der zahllosen Pressure-Groups, die das Heil der Menschheit in einer Welt ohne Grenzen sehen? Mitnichten. Denn beim GFMD handelt es sich nur scheinbar um eine private Nichtregierungsorganisation. Tatsächlich steht hinter dieser Organisation, die von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt ihren letzten Gipfel vom 28. bis zum 30. Juni 2017 in der deutschen Bundeshauptstadt Berlin hatte, auf deutscher Seite das Deutsche Ministerium des Äußeren.

Damals traf sich eine erlauchte Runde mit den deutschen Vertretern Constantin Bräunig von der DIHK; Kea Decker von der Agentur für Arbeit; Meike Geiken, bei der Siemens AG für internationales Personalmanagement zuständig; Solveigh Hieronimus, Partner beim Unternehmensberatungsunternehmen McKinsey, und Bettina Offer, Partner bei der auf Einwanderungsrecht spezialisierten Kanzlei Offer+Mastmann.

Das macht deutlich, worum es beim Global Compact, dem UN-Migrationspakt,  tatsächlich geht. Nicht der vorgeblich humanistisch motivierte Einsatz für die Beladenen der Globalen Überbevölkerung steht im Mittelpunkt – es geht darum, weltweit Arbeitskräfte rekrutieren und nach Belieben verschieben zu können. Womit auch unbestreitbar ist: Profit regiert die Migrationsphantasien – durch die jederzeitige Verfügbarkeit bereitwilliger Lohnarbeiter, die – so will es der Migrationspakt – nur dann den gleichen Lohn wie ihre indigenen Kollegen erhalten sollen, wenn sie in dessen Heimatland neben ihm an der Werkbank stehen.

Die „Unterwanderung“ (so die Formulierung des mittlerweile verstorbenen UN-Migrationsbeauftragten Peter Sutherland) der europäischen Zivilisation durch kultur-inkompatible Migration ist insofern nur die eine Seite der Medaille. Die andere ist es, weltweit multiethnische Werkbänke einrichten zu können, wenn die Lohnforderungen der einheimischen Arbeitskräfte zu hoch werden sollten.

Migration wird auf zwei Kernelemente reduziert: Mensch geht grenzenlos zum gutdotierten Arbeitsplatz – und Arbeit geht grenzenlos zum schlechtbezahlten Arbeiter. Das Aufstocken der Sozialhilfeempfänger in den noch reichen Industrienationen – der UN-Migrationspakt schreibt hier zwingend dieselben Sätze wie für die Einheimischen vor – ist dabei wohlfeiles Instrument, um die Masse des Lohn-drückenden Prekariats nicht zu sehr schrumpfen zu lassen und so allzu dreiste Forderungen nach Partizipation an den erwirtschafteten Unternehmensgewinnen im Zaum halten zu können.

Die Bundesregierung ist Hauptverantwortlicher des Compacts

Dokumentation
Die Mittelstands-Union der CSU fragt: Mit Soft Law am Parlament vorbei?
Um all das zu gewährleisten, steht die deutsche Bundesregierung an vorderster Front der Migrationslobby. Nicht ohne Grund ergänzt das GFMD seine Kurzbeschreibung der Vorzüge des maßgeblich dort entstandenen Compacts (UN-Migrationspakt) erklärend mit einem kurzen Absatz zur Urheberschaft:

The Eleventh GFMD Summit will be the climax of the two-year Moroccan-German GFMD Co-Chairmanship that spans from 1 January 2017 until 31 December 2018.“

(Übersetzung: Der Elfte GFMD-Gipfel wird der Höhepunkt des zweijährigen Marrokanisch-Deutschen GFMD Co-Vorsitzes sein, der den Zeitraum vom 1. Januar 2017 bis zum 31. Dezember 2018 umfasst.)

Und hinter diesem Co-Chairmanship steht niemand anderes als das bundesdeutsche Ministerium des Auswärtigen. Weshalb deutscher Chairman der in diplomatischen Kreisen erprobte Jurist Götz Schmidt-Bremme ist – gestellt und benannt von der deutschen Regierung selbst.

Der Global Compact for Migration (UN-Migrationspakt) ist insofern nur offiziell auf Initiative der Vereinten Nationen entstanden. Maßgeblich verantwortlich dafür aber zeichnet niemand anderes als Merkels schwarzrotes Kabinett.

Recht und Verträge verlangen Eindeutigkeit
Der UN-Migrationspakt voller Unklarheiten und Widersprüche
Gleichwohl bleibt das Auswärtige Amt bei seiner Einschätzung, des handele sich beim GFMD lediglich um eine „Initiative der Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, die sich damit beschäftigt, praktisch und handlungsorientiert die Zusammenhänge zwischen legaler Migration und Entwicklung anzugehen.“ Der GFMD-Prozess schaffe lediglich „einen informellen, unverbindlichen, freiwilligen und staatlich geführten Prozess auf globaler Ebene in einem zwischenstaatlichen Rahmen“. Hier scheinen doch unterschiedliche Zielsetzungen oder auch nur unterschiedliche Darstellungen von Sinn und Ziel des Compacts vorzuherrschen – ein Grund mehr, ein solches Papier vorerst nicht zu zeichnen.

Dennoch sollte angesichts der unmittelbaren Mitwirkung der Bundesregierung auch dem letzten bewusst werden, weshalb die politische Einheitsfront in jeder Kritik an diesem Abkommen ein Sakrileg erblicken muss. Es geht ans Eingemachte – an die von Deutschland selbst aufgestellten Ziele und Einschränkungen souveräner Rechte.

Und deshalb weiß nun auch jeder, weshalb die Bundesregierung im Namen des deutschen Volkes diesen Vertrag zeichnen muss – selbst dann, wenn Deutschland das einzige Land und Angela Merkel die letzte Befürworterin und einzig verbliebene Vertreterin der EU wäre, die dieses tun.


Hier Völkerrechtler Prof. Reinhard Merkel (SPD) zur rechtlichen Verbindlichkeit: ab Minute 14:30.

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