Tichys Einblick
Energiewende

Die Arroganz der Ahnungslosen

Seit 20 Jahren läuft das deutsche Unterfangen, weder nukleare noch fossile Energieträger in der Stromerzeugung einzusetzen. Fast alle Zwischenziele wurden verfehlt. Mehrere Hundert Milliarden Euro kostete der Spaß bis jetzt, aber immer noch ist nicht klar, ob das überhaupt gelingen kann.

© LOIC VENANCE/AFP/Getty Images

Kaum ein anderer Teil der Wirt­schaft wird in Deutschland politisch so reguliert wie die
Energiewirtschaft. Technologiescharfe politische Entscheidungen wie der Aus­stieg aus der Kernenergie und die auf den Zehntelcent genaue Festlegung von Fördersätzen sind planwirtschaftlich angelegt und verhindern Wettbewerb. Politiker maßen sich an, Energietech­nologien in Unkenntnis kommender Entwicklungen für die nächsten Jahr­zehnte festzuschreiben. Eine Global­temperatur am Ende des Jahrhunderts gilt als unverrückbarer Beschluss, da­bei gelingt noch nicht einmal die Ter­minierung der Inbetriebnahme eines Flughafens.

Ziele sind das eine, ihre Erreichung das andere. Fast alle bisher angestreb­ten Meilensteine des Vorhabens Energiewende­ per 2020 werden mehr oder weniger deutlich verfehlt. Der Primär­energieverbrauch sollte um 20 Pro­zent zurückgehen. Da die Konjunk­tur brummt und die Einwohnerzahl wächst, ist dieses Ziel nicht mehr in Reichweite.

Auch die Senkung des Bruttostrom­verbrauchs um zehn Prozent wird nicht klappen. Zwar ist das Wirtschafts­wachstum vom Energieverbrauch weit­gehend entkoppelt, die vorgesehene Steigerung der Energieproduktivität von 2,1 Prozent wird aber nicht gelin­gen, denn über den begonnenen Weg der sogenannten „Sektorkopplung“ sol­len künftig alle Energiesektoren strom­basiert betrieben werden.

Strombasiertheit setzt voraus, dass Elektrizität in großen Mengen billig, si­cher und umweltfreundlich zur Verfü­gung steht. Das ist leider nicht der Fall. Die Sektorkopplung treibt den Bedarf der am höchsten veredelten und damit teuersten Energieform, der Elektrizi­tät, um etwa das Dreifache in die Höhe. Und damit die Kosten. Der Endener­gieverbrauch im Verkehrssektor wie auch der Wärmebedarf des Gebäudebe­stands werden ebenfalls nicht um die gewünschten zehn oder 20 Prozent sinken. Für die Planer ist das ein Desaster.

Man ahnt es schon. Wenn der Ener­gieverbrauch nicht reduziert werden kann, können auch die Emissionsre­duktionsziele (fälschlich „Klimaziele“ genannt) nicht erreicht werden. Zäh­neknirschend und vom Wolfsgeheul der Grünen und der Umweltaktivisten begleitet, entschloss man sich deshalb in den schwarz­roten Koalitionsver­handlungen, das Absehbare offiziell zu machen.

Unrealistische Reduktionsziele

Wenn man Ziele nicht erreicht, hat in der Regel jemand versagt. Es sei denn, die Ziele waren von vornherein nicht realistisch oder die Bedingungen haben sich unterwegs signifikant geändert. Die 40-­Prozent­-Reduzierung wurde 2007 beschlossen, also lange vor dem Tsuna­mi in Fukushima. Mit dem Atomausstiegsbeschluss 2011 war klar, dass ein Teil des wegfallenden Atomstroms durch fossilen Strom würde ersetzt werden müssen. Wer das damals laut sagte, wurde vom grünen Umweltminister Jürgen Trittin darauf hingewiesen, dass das nur „Propaganda der Atomlobby“ sei. Nun ist die Atomlobby im Grunde nicht mehr existent, und der grüne „Abschalten“-Chor ruft in Richtung der Kohle weiter. Da sollte man gründlich nachdenken. Die Ziele für 2030 sollte man realistisch zu kalkulieren versuchen und auf „Fachleute“, die Kostensteigerungen in Maßeinheiten wie Eiskugeln vorhersagen, besser nicht hören.

Die Energiebranche hat ihre Hausaufgaben gemacht und Emissionen gesenkt, hier wirkt auch der europäische Emissionshandel, während Verkehrs- und Gebäudesektor kaum reduzierten. Das Gegenteil tritt bei der Mobilität ein. Die Verteufelung der Dieseltechnologie treibt Vielfahrer zum Benziner, keinesfalls zum Stromer, und erhöht die CO2-Emissionen. Politische Zwangsmaßnahmen gegen Autofahrer lassen sich hierzulande allerdings schwerer in die Tat umsetzen als in China.

Dilettantischer Ausstieg

Niemand bezweifelt indes, dass der Kernenergieausstieg termingemäß kommen wird. Begleitend werden noch einige Milliarden an Steuergeld verbrannt aufgrund der rechtswidrigen Brennelementesteuer und zu entschädigender Reststrommengen. Die Energieerzeuger sind zu Recht immer noch sauer auf das Gesetzgebungsverfahren. Gerichte mussten korrigieren, was Hunderte Juristen in Bundestag und Regierung nicht rechtssicher auf die Reihe bekommen hatten.

Einige Hundert Millionen oder sogar einige Milliarden Euro werden zudem wohl noch an die schwedische Firma Vattenfall als dem einzigen ausländischen Kernkraftbetreiber in Deutschland gehen. Es wäre keine große Überraschung, wenn das internationale Schiedsgericht ICISD, ursprünglich eingerichtet zum Investorenschutz in Drittweltländern, die Stilllegungsverfügung der Vattenfall-Reaktoren in Krümmel und Brunsbüttel als Enteignung wertete. Deutschland auf einer Anklagebank, auf der auch Länder wie Ecuador und die Philippinen in anderen Verfahren sitzen.

Der geplante Anteil regenerativ erzeugten Stroms am Strommix ist das einzige Ziel, das übererfüllt wird. Bereits heute haben wir den Wert für 2020 erreicht. Daran zeigt sich das erfolgreiche Wirken der Ökolobby, die den exzessiven Ausbau volatiler Anlagen gegenüber abgewogenen Entscheidungen zum Netzausbau durchgesetzt hat. Ein fehlender Masterplan und die unterlassene, zwingend nötige Kopplung an den Netzausbau und den Einstieg in Speichertechnologien haben die Entwicklung aus dem Ruder laufen lassen. Das wichtigere Ziel hingegen, den Anteil am Primärenergieverbrauch zu 18 Prozent aus den Regenerativen zu gewinnen, wird um mindestens drei Prozentpunkte verfehlt werden.

Halbjährlich untersucht McKinsey den Fortgang der deutschen Energiewende und bildet sie durch einen Index ab. Die Platzierungen im weltweiten Vergleich sind ernüchternd. Im Ranking landet Deutschland auf Platz 16 unter 114 betrachteten Ländern. Die Kennziffer „Systemperformance“, die die Einhaltung des energiepolitischen Zieldreiecks aus Wirtschaftlichkeit, Versorgungssicherheit und Umweltschutz abbildet, führt uns auf Rang 44, hinter Länder wie Paraguay und Indonesien. Nennt man einen aus dem Mittelfeld tatsächlich „Vorreiter“?

Noch nie ist eine Energiestrategie irgendeiner Bundesregierung zielgerecht verwirklicht worden. Ob die jetzige erfolgreich sein wird, ist bei Betrachtung des handelnden Personals eher zweifelhaft. Oberster Wirtschaftsbeamter ist mit Peter Altmaier ein Jurist. Er diente der Kanzlerin als Allzweckwaffe, unter anderem als parlamentarischer Staatssekretär, Kanzleramtsminister, „Flüchtlingskoordinator” und Talkshow-Gast. „Er kann reden, ohne etwas zu sagen“, so der „Focus“. Jetzt soll er als Wirtschafts- und Energieminister die Kastanien aus dem heißen Feuer verbrennender Energiewende-Illusionen holen.

Mildernd ist anzumerken, dass er kein gut bestelltes Feld übernahm. Vorgänger Sigmar Gabriel ließ seinem grünen Staatssekretär Rainer Baake weitgehend freie Hand, sodass dieser die Bedingungen der Ökostromproduzenten ohne Rücksicht auf übergreifende Zusammenhänge profitoptimal gestalten konnte. Nach dem Wechsel des Wirtschaftsressorts von der SPD zur Union gibt es für Baake bislang keinen Nachfolger.

Kraftwerksstilllegungen kosten Jobs

Nun geht es der Kohle an den Kragen, und Altmaier setzt den Verlust einiger tausend Arbeitsplätze in Bergbau, Energie und Industrie über Zwangsstilllegungen von Kraftwerken und steigende Strompreise um. Wir sehen, Politik kann sehr wohl Arbeitsplätze vernichten, aber nur sehr begrenzt neue, marktfähige schaffen. Öffentlich äußert Altmaier, „Arbeitsplätze zu den Menschen“ bringen zu wollen. Wir sind gespannt.

Auf dem Gebiet der „Zukunftsenergien“ wird dies eher schwierig. Fest ist der Glaube daran, aber falsch die gebetsmühlenartige Wiederholung, bei den „Erneuerbaren“ würden stetig neue Arbeitsplätze entstehen. Der Faktencheck enthüllt, dass das Maximum der dort Beschäftigten im Jahr 2012 mit etwa 400.000 teils prekären Stellen erreicht war und es seit dem Platzen der Solarblase stetig abwärts geht.

Derzeit sind es etwa 330.000, wobei die Abgrenzung schwierig ist. Werden in der konventionellen Energiewirtschaft nur die direkt Beschäftigten gezählt und fallen Zulieferer und Service unter „indirekte Beschäftigung“, zählt bei den Regenerativen auch der Dachdecker und Elektriker dazu, der hin und wieder Hand an ein Solarpanel legt.

Nun zeichnet sich ein weiterer Jobabbau in der Windbranche ab. Die Erkenntnis, dass subventionierte Stellen immer temporär sind, ist in der deutschen Steinkohle schon lange bekannt, bei den „Erneuerbaren“ scheint sie neu. 113 Milliarden Euro flossen zwischen 1960 und 2016, also innerhalb von 56 Jahren, in die deutsche Steinkohle als Subvention. In nur 16 Jahren (2000 bis 2016) gingen 149 Milliarden Euro an die Betreiber der „Erneuerbaren“, die indirekten Kosten nicht mitgerechnet. Perspektive: nach oben offen. Der Bun­desrechnungshof kritisierte deshalb schon im Vorjahr, dass Finanzfragen vom Bundeswirtschaftsministerium nicht beantwortet wurden. Abgesehen von Organisationsmängeln im Ministe­rium ist es allerdings in der Tat schwie­rig, alle direkten und indirekten Kosten zu erfassen. Welcher Netzausbau ist zusätzlich nötig zu dem, der ohnehin erforderlich gewesen wäre? Was kosten künftig die heute noch völlig imaginä­ren Stromspeicher?

Riesenverzug beim Netzausbau

Immerhin erkennt Altmaier, dass der weitere Ausbau der Regenerativen ohne adäquaten Netzausbau kontraproduk­tiv ist. „Wir sind beim Netzausbau ka­tastrophal in Verzug.“ Über 1,4 Milliar­den Euro wurden 2017 verschwendet, um das Ungleichgewicht im Netz durch den vorauseilenden Ausbau volatiler Einspeiser gegenüber nachhängendem Netzausbau auszugleichen.

Um auch öffentlich deutlich zu ma­chen, wie wichtig ihm dieses Problem ist, begab er sich im August auf eine „Netzreise“, auf der er den „Aktions­plan Stromnetz“ vorstellte. Wirklich Neues steht darin nicht, inwieweit sich die Genehmigungsverfahren in unserem Hochbürokratieland vereinfa­chen lassen, ist offen. Wenn betroffene Bürger erst erkannt haben werden, dass Erdkabel wieder unbewachsene Todes­streifen quer durch Deutschland mit sich bringen, wird der Unmut erneut wachsen.

Ohnehin ist die Landbevölkerung in Zwietracht. Im Norden verdienen Land­besitzer an den Pachteinnahmen für Windkraftanlagen mehr, als sie je mit Feldbestellung hätten erreichen kön­nen. Weiter südlich müssen die Bauern Slalom fahren um die Masten der Hoch­spannungstrassen oder Mindererträge durch Erdkabel für diesen spitzenver­ güteten Strom hinnehmen.

Typisch für die deutsche Energie­politik ist es, die teuersten und markt­fernsten Technologien am meisten zu fördern. Jahrelang war die Photovol­taik das Lieblingskind (heute gibt man die Überförderung zu), und man nahm üppige CO2­Vermeidungskosten von 400 und mehr Euro pro Tonne hin.

Heute ist es die Offshore­-Windener­gie, mit der Altmaier auf weitere Zen­tralisierung setzt. Er bezeichnet Off­shore­-Windkraftanlagen als „Kathedra­len der Energiewende“ und vergisst da­bei, dass dies die maximal zentralisierte Stromerzeugung darstellt. Nirgendwo sonst ist der Weg zum Stromverbrau­cher weiter als von der offenen See her. Gebündelter Windstrom kommt in di­cken Kabeln hinter den Dünen hoch und muss über das ganze Land verteilt werden. Hinzu kommt: Auch dieser Windstrom schwankt stark.

Diese Erkenntnis scheint selbst Jo­chen Homann fremd, dem Chef der Bundesnetzagentur. Er formulierte an­ lässlich des nötigen Netzausbaus: „Der Strom aus den Windparks kommt nicht zuverlässig nach Süddeutschland.“ Die Begriffe „Windstrom“ und „zuverläs­sig“ in einem Satz zu verarbeiten, zeigt systemisches Unverständnis. Natürlich müssen die Leitungen Strom zuverläs­sig transportieren, die wichtigste Fra­ge ist doch aber: Wer sorgt dafür, dass der Strom zuverlässig in die Leitungen kommt? Wie ein pawlowscher Reflex kommt auf entsprechende Fragen von den Wendebewegten die Antwort: Spei­cher.

Ohne Speicher keine Zuverlässigkeit

Es gehört schon ein gediegenes Maß Arroganz dazu, stets die Notwendig­keit von Speichern zu betonen und gleichzeitig nichts zu unternehmen, die regulatorischen Bedingungen für Stromspeicher günstig zu gestalten. Noch immer zahlen Pumpspeicherwer­ke Netzgebühren, obwohl sie stabilisie­rend wirken. Die Politik fördert leicht gebremst die massenhafte volatile Ein­speisung weiter und produziert damit steigende Systemkosten. Die Subventi­onierung von Massenproduktion verhindert zudem Innovation, wie schon die von der Bundesregierung eingesetz­te Expertenkommission „Forschung und Innovation“ 2014 feststellte.

Es gibt nur ein Ereignis, das die deut­schen Emissionssenkungsziele nach heutiger Methode erreichbar machen könnte, nämlich eine veritable, länger anhaltende Wirtschaftskrise. Eine „Ver­söhnung von Ökonomie und Ökologie“ ist auf dem eingeschlagenen Weg jeden­falls nicht erreichbar. Eine schon reli­giös zu nennende „Klimaschutzaufga­be“ macht den bisher hoch bewerteten Umweltschutz platt. Die Grünen, schon lange keine Friedenspartei mehr, haben nun mit dem Klimaschutz auch ihren Gründungsmythos Umweltschutz ver­raten. Windkraftanlagen in Wäldern sind maximierter Umweltfrevel. Keine Tonne CO2 wird infolge des „Wasserbetteffekts“ über den europäischen Emissionshandel damit eingespart, im Gegenteil: Wald als CO2­-Senke wird ver­nichtet.

So kommt es zu der grotesken Situa­tion, dass zwar überall in Deutschland für die Windkraft losgeholzt wird, im Hambacher Forst aber gleichzeitig scheinheilige Ökos gegen die lange ge­plante und genehmigte Rodung mit Gewalt protestieren. Die Grünen sind die gewissenlose Speerspitze der hinter ihnen stehenden Lobby.

Viele Länder dieser Welt versuchen ihren Energiemix zu verbreitern. Das schafft mehr Versorgungssicherheit und mindert die ökologischen Auswir­kungen. Nur Deutschland will Men­schen und Wirtschaft in ein mittel­alterlich zu nennendes System, das von den Launen der Natur dominiert wird, zurückbefördern.

Zwar kommt bei jedem der gleiche Strom aus der Steckdose, doch die Technischen Werke Ludwigshafen bie­ten jetzt auch veganen Strom an. Wer das „Vegawatt“­Angebot annimmt, verpflichtet den lokalen Versorger dazu, einen entsprechenden Anteil des Stroms fast ausschließlich aus Photo­voltaik zu beziehen, der zudem der Einschränkung unterliegt, dass die Module nicht auf den Dächern von Tiermastanlagen installiert sein dürfen. Auch auf dem Freiland dürfen sie wegen des Flächenverbrauchs und der Einschränkung des Lebensraums für Tiere nicht stehen.

Ob dieser Tarif Ausdruck eines besonders hohen Niveaus der Energieversorgung ist oder spätbürgerliche Dekadenz, ist Ansichtssache.

Kein Technologieexporteur mehr

Wir Deutschen sind die Besserwessis dieser Welt. Wir isolieren uns durch moralische Überhöhung gegenüber jenen, die zunächst ihre Grundbedürfnisse erfüllen wollen – 24 Stunden Strom am Tag und genug Wärme zum Kochen und Wohnen. Wir wollen Weltmeister der CO2-Vermeidung sein und Entwicklungsländern verbieten, billige Kohle zu nutzen. Wir wollen durch Haltung und Vorbild die Welt überzeugen von einem energiepolitischen Weg, der schon im eigenen Land nicht erfolgreich ist.

Indessen haben wir uns von dem verabschiedet, was den einst guten Ruf deutscher Technik und Ingenieurskunst begründete – dem Technologieexport. Photovoltaik- und Windkraftanlagen kommen heute gleichwertig, aber billiger aus China, Kernkraft ebenso, die können wir nicht mehr. Für die Ertüchtigung alter Kohlekraftwerke in der Dritten Welt gibt es keine KfW-Kredite und Hermes-Bürgschaften mehr. Sollen sie doch räuchern, das belastet unsere national betrachtete „Klimabilanz“ nicht. Bergbautechnik, gern von uns gekauft für Schächte und Tagebaue, werden wir künftig mangels eigener Verwendung nicht mehr liefern können.

Auch die Technologie zur Abscheidung und Speicherung von CO2 (CCS), die wir kurzzeitig vorantrieben, ist politisch abgewürgt. Nun erklärt das IPCC, dass die Klimaziele 2050 ohne diese Technologie, die negative Emissionen ermöglicht, nicht erreicht werden können.

Wenn wir also global außer als selbst ernannte Vorreiter nichts zur Emissionsminderung beitragen können oder wollen, bleibt als einziges Trostpflaster, die eigenen Emissionen zu senken. Man muss allerdings ziemlich naiv sein, um zu glauben, dass selbst ein komplettes Wegsparen unseres zweiprozentigen globalen Anteils (der übrigens im Bereich der chinesischen Messungenauigkeit liegt), irgendetwas am Klimawandel änderte. In spätestens zwei Jahren hätte der globale Emissionsanstieg unsere Senkung ausgeglichen. Wir würden trotz grün-ökologisch korrekter Dekarbonisierung weiter „vom Klimawandel bedroht“.

In der DDR gingen mit schöner Regelmäßigkeit erfüllte Planzahlen durch die Einheitsmedien: Tonnen an Roheisen, Walzstahl, beförderten Gütern oder gefangenem Fisch. Der Wohlstand war unter der „Tonnenideologie“ dennoch bescheiden. Fragt man heute nach dem Ziel der Energiewendebemühungen, werden Millionen Tonnen CO2-Einsparung genannt. CO2-Fußabdrücke werden errechnet für den Flug in den Urlaub oder die Autofahrt zum Bäcker, wo man doch das Fahrrad hätte nehmen können. Die CO2-Minderung ist zum Selbstzweck hochstilisiert und verkommen. Keiner der sich im Vollbesitz der Wahrheit wähnenden Klimawissenschaftler rechnet die Millionen Tonnen vermiedener Emissionen in vermiedene Temperaturerhöhung um.

Inzwischen wirken die Gesetze und Planungen zur Stilllegung konventioneller Kraftwerke: Spätestens 2023 wird es eng mit der Abdeckung der Spitzenlast im Land aus eigenen Kraftwerken. Im Gegensatz zu dieser genauen Terminierung gibt es keinerlei konkreten Ansatz, wann und wo welcher Stromgroßspeicher mit welcher Technologie von wem gebaut, betrieben und am besten auch bezahlt in Betrieb geht.

Auch in unseren Nachbarländern gehen die gesicherten Kapazitäten zurück. Zusätzlich steigen ab 2021 etwa 3.500 Windkraftanlagen aus der EEG-Förderung aus, und es kann damit gerechnet werden, dass ein Teil von ihnen mangels Rentabilität stillgelegt werden wird. Südlich der Main-Linie gefährden Kernenergieausstieg und fehlende Leitungen die Versorgung.

Die Regierung ist ein Zauberlehrling, der die Eigendynamik des selbst verursachten Strom-Voodoos staunend beobachtet. Wer „Aussteigen“ ruft, muss auch sagen, wo er einsteigt. Stattdessen wird weiter der sinnlose Versuch unternommen, Kohle- und Kernkraft- durch Manchmal-ist-Wind-Strom zu ersetzen. Polemisch: Es scheint, als ob die Regierung mit EEG, Energiewirtschaftsgesetz und anderem zugleich das Induktionsgesetz, das Ohmsche Gesetz und das Kirchhoffsche Gesetz überlisten wolle.

Dass auf lange Sicht die Naturgesetze die menschengemachten Gesetze schlagen, diese Erkenntnis muss offenbar noch reifen.

Niemand überblickt mehr das Projekt „Energiewende“, das nicht mehr ist als eine angefangene Stromwende. Jede Lobbygruppe bearbeitet ihren Sektor ohne Rücksicht auf die fundamentalen Zusammenhänge. Die Politik reagiert, indem sie am Monstergesetz EEG mal hier, mal da eine Schraube dreht und es immer weiter verschlimmbessert. Physik-Professor Sigismund Kobe von der TU Dresden bringt es auf den Punkt: „Die Energiewende hat nur einen einzigen Feind: die Unwissenheit über die physikalischen Gesetze, die ihr zugrunde liegen.“

Arroganz, gepaart mit Ahnungslosigkeit, führt uns immer weiter in eine Sackgasse. Über die sogenannte „Sicherheitsbereitschaft“ geht zum Oktober ein Braunkohleblock in der Lausitz außer Betrieb. Dies bedeutet den Verlust von etwa 1.500 tariflich bezahlten direkten und indirekten Arbeitsplätzen. Die damit einhergehende Emissionsreduzierung ist global vernachlässigbar und nur durch grüne Homöopathen psycho-somatisch festzustellen.

Die vom Arbeitsplatzverlust Betroffenen werden „sozial flankiert“, wie das heute so schön heißt. Gleichwohl ist es bitter zu wissen, dass der eigene Job für Symbolpolitik und Zeichensetzung geopfert wird – nämlich dafür, dass die deutsche Delegation beim Klimagipfel im Dezember in Kattowitz ein paar Zahlen ins Schaufenster stellen kann.

Arroganz am Rande der Menschenverachtung und Ahnungslosigkeit über grundsätzliche naturgesetzliche Zusammenhänge zeigt eine Regierung, die ihre Aufgaben nicht erfüllt.


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