Tichys Einblick
Konzerne und Linke zusammen

Das Migrationsabkommen als letzter Sargnagel für die linken Parteien

Arbeitsmigration nach den im WWF organisierten Großkonzernen wie im UN-Migrationsabkommen schadet den Arbeitnehmern in den Zielländern und den Herkunftsländern der Migranten. Nutznießer sind die Unternehmen und Kapitalbesitzer in den Industrieländern. Linke Parteien, die so etwas mittragen, sind dem Untergang geweiht und haben ihn verdient.

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Im Dezember wollen die Bundesregierung und die meisten übrigen UN-Mitgliedsländer in Marokko ein Globales Abkommen zur Förderung der Arbeitsmigration unterzeichnen. Es ist die Frucht langer intensiver Lobbyarbeit der großen internationalen Konzerne. Am 8. November debattiert der Bundestag darüber – auf Antrag der AfD. Die linken und ehemals linken Parteien machen die Augen zu und überlassen der AfD die Rolle des Verteidigers der Interessen der Arbeiter und kleinen Angestellten, mit denen Arbeitsmigranten in Konkurrenz gesetzt werden. Die Im-Stich-Gelassenen werden sich das merken.

Der Ort für die Zeremonie, Marokko, ist passender Weise derzeit das Haupttor, durch das afrikanische Migranten (via Spanien) die EU erreichen. Die letzten Meter des Abkommens bis zum finalen Entwurf hat die Bundesregierung zusammen mit Marokko als gemeinsame Vorsitzende des „Globalen Forums für Migration und Entwicklung“ der UN mit betreut. Das Abkommen soll grenzüberschreitende Arbeitsmigration erleichtern und die Bedingungen dafür verbessern. Die Koalitionsregierung aus Union und SPD hat den Pakt nach eigener Darstellung im Bericht über ihre UN-Aktivitäten „politisch, inhaltlich, personell und finanziell vorangetrieben“ und „durch Textvorschläge aktiv gestaltet“. Das Abkommen sei zwar als „politisch verpflichtend“, aber „rechtlich nicht bindend“ konzipiert. Eine Zustimmung des Bundestags ist daher nicht nötig.

Die USA und Ungarn machen nicht mit, weil sie Migration nicht fördern wollen. Einige andere Länder haben in den letzten Wochen ebenfalls Vorbehalte angemeldet.

Gut für alle

Wenn es nach dem finalen Entwurf geht, dann ist freiwillige Migration gut für alle: für die Migranten selbst, für die Zielländer – wo sie das Arbeitskräfteangebot für die Unternehmen erhöhen und der Bevölkerungsalterung entgegenwirken – und für die Herkunftsländer, wo sie den Arbeitsmarkt entlasten und durch Geldtransfers in die Heimat Armut lindern.

„Migration trägt zur Entwicklung bei und dazu, die Ziele der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung zu erreichen, wenn sie angemessen gemanagt wird.“
So heißt es in dem Text des Abkommens. (Lesehilfe: Wenn-Sätze sind ein beliebtes Mittel um unauffällig eine Wunschvorstellung wie einen Fakt daherkommen zu lassen.) Es gäbe „machtvolle Belege, dass Migranten große Vorteile sowohl für die Gastgeberländer als auch für die Ursprungsländer bringen“. Deshalb verpflichten sich die Unterzeichner, „Wege für reguläre Migration so anzupassen, dass Arbeitsmobilität gefördert wird“.

Diese positive Sicht auf die Migration findet sich heute auch bei wichtigen internationalen Organisationen wie der Internationalen Organisation für Migration (IOM) der UN. „Migration wird zunehmend als wichtiger Faktor für das Erreichen aller drei Säulen nachhaltiger Entwicklung anerkannt“, heißt es auf deren Internetseite. Und der Industrieländerklub OECD sieht „wichtige Vorteile für die Migranten ebenso wie für die Herkunftsländer und die Zielländer“.

Kritik aus dem Süden

Der mexikanische Entwicklungsökonom Raul Delgado Wise, einer der führenden Experten aus dem Süden, kritisiert dies auf Anfrage als sehr einseitige Sicht. Er ist Unesco-Koordinator für Migration und Entwicklung und Präsident des Internationalen Netzwerks für Migration und Entwicklung. Er stellt fest:

„Wenn man sich die Daten anschaut, ist Migration eine Subventionierung des Nordens durch den Süden.“

So machten die Überweisungen von Mexikanern aus den USA in ihre Heimat nur ein Drittel dessen aus, was die USA allein an Bildungsausgaben hätten aufwenden müssen, um Arbeitskräfte mit dem Bildungsniveau hervorzubringen, wie es mexikanische Einwanderer aufwiesen. Da die Hälfte von diesen keinen legalen Status habe, arbeiteten sie noch dazu zu sehr niedrigen Löhnen und könnten kaum Sozialleistungen in Anspruch nehmen.

Eine aktuelle Studie der US-Großbank Citi zusammen mit Oxford-Professor Ian Goldin bestätigt dieses Verdikt, aus der Industrieländerbrille.

„Migranten kommen mit Ausbildung und Erziehung, für die das Ursprungsland bezahlt hat. Sie nehmen weniger Sozialleistungen in Anspruch und bekommen weniger staatliches Geld als Bürger des Landes und sie sind in aller Regel im arbeitsfähigen Alter.“

Immigranten hätten daher bisher schon einen großen Beitrag zur Wohlstandsmehrung in den Industrieländern geleistet.

Gleichzeitig wird eingeräumt, das „Braindrain“-Problem für die Herkunftsländer müsse gemanagt werden:

„Abwanderung der Hochqualifizierten hat erhebliche finanzielle und soziale Kosten für viele Länder und gilt als größte Gefahr der Mobilität für Entwicklungsländer.“

Zwischen einem Fünftel und der Hälfte der Hochqualifizierten in Afrika und Mittelamerika wanderten aus, und das bei einem Anteil der Universitätsabsolventen, der in Sub-Sahara-Afrika ohnehin nur vier Prozent betrage. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) schloss sich jüngst im Handelsblatt-Interview dieser Kritik an:

„Es ist ja nicht so, dass Afrika kein Potenzial hätte. Aber das wird nicht dadurch größer, dass die Tüchtigsten lieber nach Europa fliehen.“

Delgado Wise kritisiert: „Heimüberweisungen sind das neue Entwicklungsmantra.“ Das „unrealistische Win-win-win-Szenario“ der UN-Organisationen begünstige einseitig die Interessen der Empfängerländer und der Arbeitgeber dort“. Vor allem die Weltbank habe viel dazu beigetragen, das neue Mantra durchzusetzen, diagnostiziert er.

Süßes Gift Migration

Schützenhilfe bekommt er ausgerechnet von der Schwesterorganisation eben jener Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds (IWF). Vier Ökonominnen und Ökonomen des Fonds haben unter dem Titel „Are Remittances Good for Labor Markets“ eine empirische Studie vorgelegt, die zeigt, dass die große Abhängigkeit vieler armer Länder von Heimüberweisungen für diese ein beträchtliches Problem darstellt. „Sie vermindern die Erwerbsbeteiligung und erhöhen den Anteil informeller Beschäftigungsverhältnisse“, heißt es darin.

Von der zusätzlichen Nachfrage würden Branchen mit niedriger Produktivität und niedrigen Löhnen profitieren, zulasten der produktiveren. Zwar nehme bei hohen Heimüberweisungen die Ungleichheit etwas ab, aber gleichzeitig sänken die Durchschnittslöhne und das Produktivitätswachstum. Als Instrument zur Erreichung von Entwicklungszielen könne man sie daher kaum sehen, eher als süßes Gift.

Das Problem des Braindrain wird im Migrationsabkommen nur kurz in einem Nebensatz erwähnt, als etwas, das es – nicht ganz schlüssig – durch zusätzliche Ausbildungsanstrengungen zu vermeiden gelte. Zwar wird in dem Abkommen aufgerufen, im Interesse der Betroffenen sicherzustellen, dass Migration freiwillig geschieht und nicht durch Verzweiflung und Perspektivlosigkeit erzwungen ist. Dem hält Delgado Wise entgegen: „Migration von Süden nach Norden ist im Kern eine durch das Wohlstandsgefälle erzwungene Migration.“ Sie als freiwillig zu bezeichnen sei Schönfärberei.

Auch die Bundesregierung will, laut einer Ausarbeitung des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags (Abs. 2.3. Nr. 2), irreguläre Migration durch bessere Ausbildung in den Herkunftsländern bekämpfen, damit die Wandernden bessere Arbeitschancen haben. Wenn das nicht zynisch ist. Die Herkunftsländer sollen gefälligst die Leute, die sie nach Deutschland entlassen, vorher anständig ausbilden.

Bevor sie sich intensiv vom Weltwirtschaftsforum beraten ließen, hatten die UN-Organisationen eine differenziertere Sicht. So heißt es in dem Strategiepapier „Mainstreaming Migration into Developing Planning“ der mit Migration befassten UN-Einheiten von 2010, es gebe Befürchtungen, dass die Abwanderung und Heimüberweisungen die Inflation antreiben könnten, ohne die Produktivität zu erhöhen, und dass sie das Bildungssystem und wichtige Wirtschaftszweige durch Braindrain schädigen könnten.

Auch in den Zielländern profitieren nicht unbedingt alle Gruppen von der Zuwanderung. In einer im Internet dokumentierten Präsentation sagte der Vizechef der Generaldirektion Volkswirtschaft der Bundesbank im Januar: „Nettoeinwanderung aus EU-Staaten war in den letzten Jahren ein Faktor, der die Lohnsteigerungen stark dämpfte.“ Was gut ist für die Arbeitgeber, ist offenbar nicht unbedingt auch gut für die Arbeitnehmer.

Resüme

Förderung der Arbeitsmigration nach der Façon der im Weltwirtschaftsforum organisierten Großkonzerne, wie sie sich im UN-Migrationsabkommen niederschlägt, schadet sowohl den Arbeitnehmern in den Zielländern als auch den Herkunftsländern der Migranten. Nutznießer sind die Unternehmen und Kapitalbesitzer in den Industrieländern. Linke Parteien, die so etwas mittragen, sind dem Untergang geweiht und haben ihn verdient.


Der Beitrag von Norbert Häring ist zuerst hier erschienen.


Auf TE sind dazu bisher diese Beiträge erschienen, die Serie wird fortgesetzt:

Wie man im Deutschen Bundestag eine unerwünschte Petition behindert

UN-Migrationspakt: Bedingungslose Kapitulation

Globaler Pakt für Migration – Der Entwurfstext in voller Länge

Mit Soft Law die Grundlagen des Rechts aushebeln

Die UN legt die Lunte an sich selbst

Der Globale Pakt für Migration – eine weitere Betrachtung

UN-Flüchtlingspakt, Assam und Berlin

Was das Weltwirtschaftsforum mit dem UN-Migrationsabkommen zu tun hat

Wozu sich Deutschland mit dem UN-Migrationsabkommen wirklich verpflichtet und was das Weltwirtschaftsforum damit zu tun hat

In der Schweiz rumort es zum UN-Migrationspakt

Die Mittelstands-Union der CSU fragt: Mit Soft Law am Parlament vorbei?

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