Zunächst ein herzlicher Gruß und Genesungswünsche dem Kollegen Wallasch, den wir heute vertreten. Dann also die Maischberger. Richtig verstanden haben wir das Konzept der Sendung nicht. Nehmen wir die Illner. Knallharte Propaganda für Tiefrot, Rot und Grün, Feuer frei auf Sie-wissen-schon-wen und je nach Lage auf die CSU. Ähnlich Anne Will, allerdings mit der Attitüde einer Merkelsprecherin. So weit, so anders.
Wie bei den oben genannten kommen auch die Maischberger-Titel erratisch daher, man versteht sie vom Wortlaut, selbst wenn es reiner Unsinn ist. „Die unfaire Republik: Reiche bevorzugt, Arme benachteiligt?“ Wo wird „der Reiche“ vom „unfairen Staat“ bevorzugt? Zahlt er weniger Steuern? Wird der Porsche bei der Alkoholkontrolle ohne Blasen durchgewunken? Die subkutane Botschaft des Titels spielte allerdings Sahra Wagenknecht in die Hände, der einzigen Politikerin der Runde.
Was der Wille kann 1
Der Held des Abends war allerdings ein anderer. Der 17-jährige Jeremias Thiel (Sandras Redaktion schrieb in der Ankündigung lapidar „wuchs in Armut auf“) dürfte demnächst auch bei Jauchs „Menschen des Jahres“ eingeladen werden und einen Bambi könnten wir uns auch vorstellen. Und in der Tat, der junge Mann hat ein furchtbares Schicksal gemeistert. Aufgewachsen bei Eltern, die „nie gearbeitet haben“, Vater depressiv, Mutter spielsüchtig, Mit 11 (!) Jahren gelang ihm durch eigene Initiative die Flucht aus der Hartz IV-Familie, er verbrachte 5 Jahre im SOS-Kinderdorf, ist heute Stipendiat und macht demnächst sein Abitur. Sein Zwillingsbruder (ADHS) daddelt derweil bei Vater und Mutter auf der Couch einer Hartz IV-Karriere entgegen. Jeremias Thiel ist ein wahrer Einzelfall, der kaum als Beispiel für eine Armutsdiskussion taugt, was er im Gegensatz zur naiven Maischberger durchaus selber so sieht. Auch für politische Kampagnen ließ er sich nicht einspannen, obwohl er mit 15 in die SPD eintrat (Jugendsünde). Nein, auch wenn seine Eltern doppelt so viel Hartz IV bekommen hätten, die Probleme wären wohl ähnliche geblieben.
Was der Wille kann 2
Das Einschalten erleichtert hatte uns allerdings Ralf Dümmel, berühmt als Raubtier aus der „Die Höhle der Löwen“ – die Sendung setzen wir als bekannt voraus –, der das Unternehmerlager vertrat. Dümmel, in rotem Hemd, roten Socken und rotem Einstecktuch begann äußerst vorsichtig in diesen Zeiten, in denen „der Staat“, zumindest aber seine selbsternannten Eliten, an einer gigantischen Umverteilungsmaschine basteln und Reichtum als despektierlich gilt. Ja, seine Firma setze ungefähr 250 Millionen um (haha, das ist genau die Bilanzsumme der SPD von 2016), er selber stecke Gewinne immer wieder ins Unternehmen. Ob er also Millionär ist? „Was soll ich dazu sagen? Gibt nur Ärger zuhause.“ Das mit dem Mindestlohn findet Dümmel okay (er zahle eh deutlich mehr), würde der aber angehoben, könnten viele Firmen in Schwierigkeiten geraten. Und dass der Postchef das 230-fache eines Postboten verdiene, sei nicht in Ordnung, aber „das Gehalt hat ja nicht der festgelegt, der es bekommt“. Dümmel dürfte als Vorbild mehr erreichen als sämtliche rotgrünen Lehrpläne, wenn die Sendung denn nicht zu so nachtschlafender Zeit gelaufen wäre. Denn Dümmel ist ein klassischer Selfmade Man aus der Generation „Mit’m Dispo inne Disko“, machte seinen Realschulabschluss nach und schaffte es mit „Risiko, Fleiß und Verantwortung“ eben doch zum Millionär. Dümmel würde durchaus ohne zu klagen höhere Steuern akzeptieren, „wenn ich wüsste, was mit dem Geld passiert“. Lass man, Dümmel, wir wissen, was mit dem Geld passiert!
Was der Sozialstaat nicht kann
So weit so Markus Lanz. ARD-Börsenexpertin Anja Kohl empörte sich über das „beispiellose Versagen des Sozialstaats“ im Fall des 17-jährigen Jeremias. Mit all seinen Sozialarbeitern. Sie brachte dann die alleinerziehenden Mütter mit rein, die Zugang zu Kitas benötigten – allein in Berlin sei jedes dritte Kind arm dran. Verstehen kann man‘s nicht. Seit Jahren wird nur noch von Kitas geredet, in Berlin regiert die grüne SED, im Bund die Sozialdemokratie aus Union und Nahles – ja was machen die seit 100 Jahren? Aber Anja war durchaus ungebunden in ihrer Meinung. Gerd Schröder habe seine guten und schlechten Ergebnisse gebracht, und von den vielen Statistiken, die sie herunterrasselte, ist uns noch die erinnerlich, derzufolge nur 8% der Bevölkerung glaubt, es ginge ihnen schlecht oder eher schlecht. Kohl war es auch, die den Postfall auf den Tisch brachte, und sie ärgerte sich besonders, dass das Unternehmen auch noch zu 20% dem Staat gehöre. Dann entlarvte sie den Schröder-Freund Jürgen Schrempp, der seinerzeit die Fusion mit Chrysler betrieb, um die Gehälter auf US-Niveau zu schrauben, ohne allerdings Schrempp oder Daimler namentlich zu nennen. Warum fragte Sandra Maischberger zwar Dümmel, ob er Millionär sei, aber nicht die Börsenexpertin, ob sie Ahnung vom erfolgreichen Spekulieren hat?
Was man erklären kann
Rainer Hank von der FAZ ist nicht überall beliebt, hat aber eine recht charmante Art und einschmeichelnde Stimme, mit der er durchaus knallhart argumentieren kann. Dem Jens-Spahn-Satz „Wer Hartz IV bekommt, ist nicht arm“ stimmte er empathisch zu. Denn absolute Armut werde mit 5$ am Tag berechnet, „das gibt es hier nicht, nur in Afrika“. Asien habe sich durch die Marktwirtschaft berappelt. In München bekäme eine Hartz IV-Familie mit zwei Kindern 2.700 Euro netto. Kein Wunder, dass Afrika auf dem Weg ist. Letzteres sagte Hank natürlich nicht, genauso wenig, dass zwei Millionen Einwanderer die Statistik schwer belasten, und nicht nur die Statistik. Bereits jetzt gebe der Staat ein Drittel der Wirtschaftsleistung für Soziales aus. Zu den Managergehältern aus einer anderen Welt meinte Hank ebenso deutlich: „Die Manager ziehen die Aktionäre über den Tisch.“
Was sonst noch kam
Ach, die Sahra! Armut ist ja ihr Steckenpferd. Aber sie überraschte uns mit Aussagen wie sie finde »Ludwig Erhards „Wohlstand für alle“ besser« als die Sprüche ihrer eigenen Partei. Die Soziale Marktwirtschaft sei zudem besser als das, was heute passiere. Natürlich ging es nicht ohne das Schimpfen über „Quandt und Klatten“ und ihre Milliardendividende von BMW, Reichensteuer und 75% Steuersatz für Millionäre. Trotz der zu erwartenden Einnahmen findet sie die 250.000 Neu-Millionäre in Deutschland nicht so gut, gesteht aber ein „Jeder Millionär ist anders.“ Plötzlich lobt Sahra sogar die USA, weil jeder Staatsbürger Steuern zahlen müsse, egal, wo der wohne. Schließlich weiß sie, würden ihre Pläne Wirklichkeit, wären alle „Reichen“ ratzfatz in der Schweiz. Dabei sind „Steuern doch keine Strafe!“
Weil unsere Investigativos vom Kombinat Linkspresse & Staatsfunk mit einiger Verspätung das Fass Cum Cum und Cum Ex aufmachten, musste Maischberger auch darüber reden. Im Wesentliche geht es darum, dass Aktienhändler und Banken um die Dividendenzahlung herum die Pakete hin und herschieben und vielfach Steuern zurückerstattet bekamen. Rainer Hank erklärte das für uns so: Wenn der Häuslebauer seine Abschreibungsmöglichkeiten für dieses Jahr ausgeschöpft habe, einige er sich mit dem Handwerker auf die Rechnungsstellung im nächsten Jahr. Oder so. Die Geschäfte seien allerdings legal oder „halblegal“ gewesen. „Wenn der Staat so dumme Gesetze macht!“ Da wusste Sahra beizusteuern, dass der seinerzeitige SPD-Finanzminister diese Gesetze von den Banken habe schreiben lassen. Kein Wunder, dass Steinbrück heute als Komiker arbeitet.
Was denn mit den unverschämten Diätenerhöhungen sei, fragte dann Anja Kohl, da lächelte Sahra: „Ich habe immer dagegen gestimmt.“ Passt scho. Offen blieb nur die Frage, das Wievielfache Maischberger im Vergleich zum Kabelträger verdient. Antwort vielleicht beim nächsten Mal.