Das waren noch Zeiten. Als sei er dem Buch «Erfolg» von Lion Feuchtwanger entsprungen, konnte Franz-Josef Strauss Bierzelte begeistern und immer wieder das höchste Lob einheimsen, das ein Bayer zu vergeben hat: «A Hund isser scho.» Heute würde Strauss wohl den Kopf in den Sand stecken, wenn er den Zustand seiner CSU erleben müsste.
Häufig von Skandalen begleitet, stolperte Strauss 1962 über die «Spiegel»-Affäre und musste als Verteidigungsminister zurücktreten. Vorher und nachher liess er kaum ein Fettnäpfchen aus, immer wieder gab es fundierte Gerüchte um Bestechungen und mehr als anrüchige Geschäfte. Im Bundestag lieferte er sich legendäre Rededuelle mit dem SPD-Politiker Herbert Wehner. Auch wenn er in der Bundespolitik auch als Kanzlerkandidat scheiterte, herrschte er in Bayern unangefochten, war von 1961 bis zu seinem Tod im Jahre 1988 Vorsitzender der CSU und von 1978 bis 1988 Ministerpräsident.
Strauss spielte souverän auf der politischen Klaviatur. Einerseits war er ein Kommunistenfresser und Feind alles Roten, andererseits zeigte er sich vom neuen sowjetischen Führer Gorbatschow angetan. Einerseits wetterte er gegen die Schandmauer, die bis 1989 Deutschland trennte, andererseits fädelte er einen Milliardenkredit ein, der die DDR noch einige Jahre überleben liess. Vor allem aber dekretierte Strauss, dass es rechts von der CSU keine bedeutende demokratische Partei geben dürfe. Ohne dass Strauss damals als Faschist oder Nazi beschimpft wurde, schaffte er das; die NPD oder die Republikaner hatten in Bayern nie eine Chance.
Dennoch sackt die CSU von Umfrage zu Umfrage weiter ab, zurzeit liegt sie knapp unter 33 Prozent. Eine Ursache ist klar: Die AfD, die bei den letzten Landtagswahlen nicht antrat, kommt auf knapp 13 Prozent. Zusammen wäre also Seehofers Resultat vor fünf Jahren egalisiert. Dass die SPD auch in Bayern unter ferner liefen aufschlagen wird, ist dort nichts Neues. Interessant ist höchstens noch der unaufhaltsame Aufstieg der Grünen. Aber auch das ist leicht erklärbar: Die wetterwendischen, opportunistischen, alle ursprünglichen Ziele über Bord geworfen habenden und karrieregeilen Grünen sind ja eigentlich nichts anderes als die AfD in Grün. Eigentlich noch schlimmer, da sie in diversen Bundesländern in der Regierung sind und dort nochmals alles in die Tonne treten, wofür sie einstmals antraten.
Aber der dramatische Niedergang der CSU ist eindeutig einem Führungsproblem geschuldet. Zuletzt Stoiber mit seiner oft überschnellen Redeweise, bei der er sich schnell verstolperte, erwarb sich noch das Qualitätsprädikat «a Hund isser scho». Seehofer wäre das gerne, ist aber stattdessen ein Problembär, der wie Strauss in der Bundesregierung auf den Tisch zu hauen versucht, dann aber mit schmerzverzerrtem Gesicht die Pranke schüttelt und von Mutti Merkel eins ums andere Mal ins Eck gestellt wird. Strauss konnte seine Niederlagen wenigstens wegreden, das ist dem «Ähm-Ähm»-Horst nicht gegeben. Und Markus Söder? Dem tropft eben aus allen Poren: «Ich möchte gerne, aber ich kann nicht.» Söder möchte so populistisch wie Strauss sein, kann aber nicht. Möchte so machiavellistisch wie Stoiber sein, kann aber nicht. Es war schon eine Qual, bis er endlich Seehofer weggebissen hatte, das ging bei Strauss, bei Waigel, bei Stoiber ganz anders, nämlich schlagartig.