Tichys Einblick
Frankfurter Hochzeit

Deutsche Bank und Commerzbank

Wäre das Argument stichhaltig, dass die deutsche Wirtschaft ein größeres Institut im eigenen Land bräuchte, dann sind diese Unternehmen aufgerufen, selbst etwas zu tun. Nicht der Staat, der wieder nur Milliarden in den Sand setzt.

© Thomas Lohnes/Getty Images

Stehen wir in Deutschland vor einer Bankenhochzeit von Deutscher Bank und Commerzbank? Zumindest Finanzminister Olaf Scholz hat das kürzlich indirekt begrüßt. Auf einer Bankentagung in Frankfurt beklagte er, es sei ein Problem für eine große Volkswirtschaft, dass die hiesigen Banken „nicht die notwendige Größe haben, um die Unternehmen zu begleiten“.

Das Argument des Finanzministers ist nicht ganz neu. Vor 10 Jahren hatte bereits sein Vorgänger im Amt, Peer Steinbrück, ins gleiche Horn getrötet. Den damaligen Zusammenschluss aus Dresdner Bank und Commerzbank begrüßte er als Stärkung des Finanzplatzes Deutschland. Endlich würde neben der Deutschen Bank ein zweites, international wettbewerbsfähiges Haus entstehen. Für 9,8 Milliarden Euro übernahm die Commerzbank die Dresdner Bank von der Allianz. Das war am 1. September 2008. 14 Tage später ging Lehman Brothers pleite. Danach war alles anders.

Bereits am 2. November musste Peer Steinbrück mit einer Stillen Einlage des Bundes über 8,2 Milliarden Euro und einem Garantierahmen von 15 Milliarden Euro das fusionierte Bankhaus retten. Am 7. Januar 2009 stieg der Bund durch eine Kapitalerhöhung von 1,772 Milliarden Euro zum größten Einzelaktionär der Commerzbank auf. Darüber hinaus wurde eine weitere Stille Einlage von 8,228 Milliarden Euro gewährt. Allein an Kapital stellte der Steuerzahler der Commerzbank damit 18,2 Milliarden Euro zur Verfügung. Nach diversen weiteren Kapitalerhöhungen hält der Bund heute noch 15,6 Prozent der Commerzbank. Für die Aktien zahlte der Bund bislang insgesamt 5,1 Milliarden Euro. Heute beträgt die Beteiligung gerade mal noch etwas mehr als 1,6 Milliarden Euro. Insgesamt war die Fusion nicht nur für die Aktionäre ein Desaster. Sie verloren seit 2008 90 Prozent des Aktienwertes. Auch für die Mitarbeiter war die Fusion ein schwerer Schlag. 2008 ging man bei der Fusion noch von einer Mitarbeiterzahl von 67.000 aus. Heute hat die Commerzbank weniger als 49.000 Mitarbeiter. Den bilanziellen Verlust von 4,5 Milliarden Euro im Jahr 2009 hat die Commerzbank durch ihr operatives Geschäft bis heute nicht kompensiert – nach 10 Jahren.

Jetzt wird wieder fantasiert. Eine Fusion aus Commerzbank und Deutscher Bank würde verhindern, dass eine französische Bank die Deutsche Bank übernehmen könnte. Der neue europäische Geist der Bundesregierung scheint sich zumindest in Bezug auf den Bankensektor etwas zurückzuhalten. Mit einer rein deutschen Fusion könnte mit einer Bilanzsumme von 1,9 Billionen  Euro die drittgrößte Bank in Europa entstehen. Doch Größe ist nicht alles. Im letzten Jahr hat die Deutsche Bank noch einen Verlust von 737 Millionen Euro gemacht, und auch der Gewinn bei der Commerzbank von 156 Millionen Euro lässt diese sicherlich keine Luftsprünge zu. Nur zum Vergleich: 2008 hatte die Deutsche Bank alleine eine Bilanzsumme von 2,2 Billionen Euro und konnte ein Jahr zuvor noch ein Gesamtergebnis von 5,1 Milliarden Euro vorweisen.

Eine politisch getriebene Fusion, das zeigt das Beispiel Dresdner Bank und Commerzbank, ist falsch. Die Regierung sollte lieber die Finger davon lassen. In Regierungskreisen kann man sich nicht auf der einen Seite über „too big to fail“ beklagen, aber auf der anderen Seite die Fusion eines noch größeren Instituts anstoßen.

Wäre das Argument stichhaltig, dass die deutsche Wirtschaft ein größeres Institut im eigenen Land bräuchte, dann sind diese Unternehmen aufgerufen, selbst etwas zu tun. Nicht der Staat ist hier gefragt, sondern privates Engagement. Der Anteil des Bundes an der Commerzbank würde Finanzminister Scholz lieber heute als morgen abgeben. Und auch bei der Deutsche Bank können jederzeit Aktienpakete erworben werden.

Die Finanzindustrie ist in den letzten 10 Jahren nicht sicherer geworden. Zwar wurden viele neue Regeln geschaffen. Vieles steht auf dem Papier. Neue Aufsichtsinstitutionen wurden geschaffen. Die Eigenkapitalanforderungen hat man auch erhöht. Doch erkauft wurde dies bislang mit einer Nullzinspolitik der EZB, einem Zusammenbruch des Interbankenhandels, einem höheren Verschuldungsgrad von Staaten, Banken, Unternehmen und privaten Haushalten. Den Härtetest haben diese neuen Regeln bislang nicht erlebt. Vielleicht ist der Steuerzahler irgendwann dankbar, dass eine Fusion aus Commerzbank und Deutscher Bank nicht zustande kam. Wer weiß …

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