Die Ostdeutschen haben 1989 die Demokratie und die Freiheit erkämpft. Unbewaffnet sind sie auf die Straße gegangen, haben gerufen: „Wir sind das Volk“. Lässt sich eine demokratischere Handlung denken als diese?
Der Demos hat der Regierung verdeutlicht, dass sie nicht das Volk vertritt und sie hinweggefegt. Der Weg zur deutschen Einheit, an die viele im Osten bis zum Herbst 1989 nicht mehr geglaubt haben, hatte doch die SED-Führung gestützt auf die Staatsgewalt behauptet, dass der Sozialismus siegen und ewigen Bestand haben würde, wurde damit betreten.
Aber auch nicht wenige Deutsche im Westen erinnerten sich an den anderen Teil Deutschlands nur, wenn sie Verwandtschaftsbeziehungen pflegten. Teile des linksliberalen juste milieus sahen den Zusammenbruch des Sozialismus mit Grausen, endete doch mit der DDR ein Staat, der ihnen die Träume einer besseren Welt ermöglichte, ohne in dieser besseren Welt auch selbst leben zu müssen. Manche hatten sich damals schon als „Europäer“ empfunden, einer Ideologie des Postnationalstaatlichen gefrönt und die Verachtung auf das eigene Land, die eigene Kultur als Entschuldung von der nationalsozialistischen Vergangenheit angesehen.
Doch auch für viele Westdeutsche ging mit der Einheit ein Traum in Erfüllung. Das wird zu wenig wahrgenommen, weil bereits in den achtziger Jahren der linksliberale Komplex den Kampf um die Deutungshoheit gewonnen hatte.
Es ist dem Kanzler Helmut Kohl und einer CDU, die es heute nicht mehr gibt, zu verdanken, dass die Wiedervereinigung in Einheit und in Freiheit stattfand.
1989 war die deutsche Liberalität und die deutsche Demokratie bei sich angekommen, wurden die uneingelösten Hoffnungen und Wünsche, die Vorstellungen und Konzepte der demokratischen Bewegung des Vormärz und der Revolution von 1848/49 und die demokratischen Bemühungen der Weimarer Republik aufgenommen. So gesehen vollendete die friedliche Revolution von 1989 die demokratische Revolution von 1848/49.
Es ist wichtig, sich dessen zu erinnern, um sich der Quellen der Demokratie in Deutschland und um sich der Verwobenheit von Freiheit, Demokratie und Kultur als Liebe zur Heimat zu vergewissern, wenn man den Tag der Deutschen Einheit begeht. Nicht nur als Kenntnis der Geschichte, sondern weit mehr für die Gestaltung der Gegenwart gewinnt das Wissen um die Historie der deutschen Demokratie in unseren Tagen an Bedeutung, denn inzwischen arbeiten starke Kräfte daran, dieses Deutschland, dessen Nationalfeiertag wir heute begehen, aufzulösen.
Passend zum Tag der deutschen Einheit fordern die Migrantenverbände einen Tag der Vielfalt einzuführen. „Ihrer Ansicht nach wird die deutsche Einheit üblicherweise „aus einer rein ,weißen‘ Sicht betrachtet – deutschdeutsche Ostdeutsche wiedervereint mit deutschdeutschen Westdeutschen““ Für die Migrantenverbände ginge die Deutsche Einheit teils mit „rassistischen Erfahrungen“ einher. In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass bereits am 14.11.2016 unbemerkt von der Öffentlichkeit die damalige Staatsministerin Aydan Özoguz ein Impulspapier vorlegte, das Migrantenorganisationen vom Bund gefördert erarbeitet haben. Im Kern ging es um die tiefgreifende Veränderung der Bundesrepublik Deutschland zum erheblichen Nachteil der „Menschen, die schon länger hier leben“.
„Menschen, die schon länger hier leben“ war zur Erinnerung die fast schon offizielle Bezeichnung für die deutschen Bürger im Jahr 2016, übrigens auch im Sprachgebrauch der Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutschland. Die Bundeskanzlerin mochte das Wort Deutscher zu diesem Zeitpunkt kaum in den Mund nehmen. In dem Papier der Migrationsverbände wurde viel von Teilhabe, davon, was man fordert, gesprochen. Dazu zählten die großzügige finanzielle Unterstützung der Migrantenorganisationen, sprich deren Funktionäre, die Einrichtung nach dem Vorbild der Gleichstellungsbeauftragten von Diversitätsbeauftragten in Wirtschaft und Verwaltung auf allen Ebenen. In dem Text der Migrantenorganisationen findet sich nicht ein Gedanke darüber, was man geben, was man beisteuern wolle. Letztlich liefen die Forderungen der Migrantenverbände auf die positive Diskriminierung, der Benachteiligung der Deutschen hinaus.
Dieses Desiderat, was die Migrantenorganisationen beizusteuern beabsichtigen, wurde nun geschlossen, indem sie die Einführung eines Tages der Vielfalt beizusteuern gedenken. Aydan Özoguz kann außerhalb der deutschen Sprache keine deutsche Kultur erkennen, mit einem Tag der Vielfalt würden ihr das Land bald schon folgen.
Die Nation kann und soll und muss ein Ort der Einheit in Vielfalt sein. Sie ist das identitätsstiftende Band, die Versammlung des Bürgerwillens, mithin der Ort der Freiheit und Demokratie.
Wenn man nach Deutschland kommt und hier leben will, dann setzt das voraus, dass man in Deutschland, in diesem Staat mit seinen Gesetzen, Traditionen, mit seiner Geschichte und Kultur und seinen Mentalitäten leben möchten. Niemandem ist es verwehrt, darüber hinaus etwas einzubringen. Ob das, was eingebracht wird, angenommen und weiterentwickelt wird, zeigt die Geschichte. Doch dieses Einbringen, was man auch Integration nennen kann, wird nur sinnvoll auf dem Boden der Einheit, in der Bürgergesellschaft, in der Nation geschehen. Deshalb würden die Migratiantenorganisationen einen großen Beitrag leisten, wenn sie nicht nur ständig Forderungen aufstellen würden wie die Einführung eines Tages der Vielfalt und nach Sonderrechten verlangten, sondern wenn sie den Tag der Deutschen Einheit auch als ihren Feiertag betrachten und Migranten unterstützen würden, sich zu integrieren, sich in diese Kultur und in dieses Rechtssystem wie jeder andere einzubringen.
Die Ostdeutschen erlebten nach 1989 einen kompletten Systemwechsel. Nicht wenige standen vor dem Nichts und mussten von vorn beginnen. Bis heute wird Ostdeutschland durch geringere Gehälter im Vergleich zum Westen, auch im öffentlichen Dienst, von geringeren Möglichkeiten zum Vermögensaufbau und zum Aufstieg im Beruf geprägt. Vielen Ostdeutschen ist es unter erheblichen Mühen gelungen, nach der Wende sich eine neue Existenz aufzubauen. Diese Leistungen haben Ostdeutsche auch erbracht mit Blick auf ein Leben in Einheit und in Freiheit in einem demokratischen Deutschland.
Seit einiger Zeit geistert durch die Presse und durch die Medien die Behauptung, die Ostdeutschen hätten Nachholbedarf in Sachen Demokratie, allein deshalb, weil sie nicht in dem Sinne von ihren demokratischen Rechten Gebrauch machen, wie man sich das unter rot-grünen Medienschaffenden wünscht. Erstens stehen die Ostdeutschen hiermit nicht allein, denn auch in Westdeutschland wächst die Ablehnung der Politik der Bundesregierung. Zweitens haben die Ostdeutschen sich die Demokratie 1989 nicht nur erkämpft, sie mussten so manch undemokratischen Akt nach 1989 hinnehmen, der von der Verdrängung der ostdeutschen Eliten bis zur Enteignung durch die Treuhand reichte.
Die Erfahrung der erkämpften Freiheit, die zutiefst demokratische und liberale Skepsis gegenüber den Institutionen und der Aufbau einer neuen Existenz in einer vollkommen anderen Gesellschaft, wozu Fleiß, Mut, Beharrlichkeit und Offenheit gehören, ließen ein ostdeutsches Selbstbewusstsein wachsen, das die Ostdeutschen in die deutsche Einheit immer stärker mit einbringen.
Deutschland ist nicht in Ost-und Westdeutschland gespalten. Die Vorstellung von Ossis und Wessis leben nur noch in realitätsenthobenen Redaktionen. Die Deutschen sind sich in vielem näher, als manchem das lieb ist.
Die Deutsche Einheit ist eine widersprüchliche, komplexe, auch mit Schattenseiten versehene Erfolgsgeschichte. Die Auseinandersetzungen finden nicht zwischen Ost und West, nicht zwischen links und rechts statt, sondern zwischen Globalisten und Kommunitaristen, zwischen denen, die Deutschland auflösen wollen, von einer Welt ohne Grenzen träumen und denjenigen, die in ihren Gemeinden und Städten, in ihren Bundesländern und in dieser Republik leben möchten, zwischen denjenigen, die wie Hans im Glück die Einheit eintauschen wollen gegen eine nebulöse, letztlich tribalistische Vielfalt, und denjenigen, die in der Einheit die Grundlage für Freiheit, Demokratie, Menschrechte und Vielfalt sehen.
Feiern wir diesen Tag in Ost und West als Fest der Freiheit und der Heimat.