Als „historischen Tag“ für sein Land als „europäische Nation“ in den Verhandlungen über den EU-Beitritt seit 2005 hat der türkische Regierungschef Ahmet Davutoglu in Brüssel den heutigen Sonntag bezeichnet. Merkels „privilegierte Partnerschaft“ hat sich in Luft aufgelöst.
Drei Milliarden Euro der EU können nur die erste Rate für Erdogans Söldner-Einsatz sein. EU-Ratspräsident Donald Tusk sagte, es gehe nicht darum, „unsere Einwanderungspolitik auszulagern“ und die Grenzsicherung der Türkei zu überlassen, die EU müsse das selbst tun oder Schengen werde bald Geschichte sein. Aber genau darum geht es. Die Türkei soll einen entscheidenden Teil der EU-Außengrenze sichern und Migranten den Weg versperren.
Viel wichtiger als Geld ist für die Türkei der politische Preis für ihre Grenz-Dienste zur Reduktion der Migrationszahlen. Noch in diesem Dezember will die EU in ein neues Stadium der Beitrittsverhandlungen eintreten. Mit dem Kapitel 17 zur Wirtschafts- und Währungspolitik wären die Gespräche im 15. von 35 Beitrittsbereichen eröffnet. Im ersten Quartal 2016 sollen weitere Kapitel folgen. Der Visa-Zwang für türkische Bürger soll wegfallen. Dafür will Ankara ein Rücknahme-Übereinkommen für Flüchtlinge in Kraft setzen. Dann kann die EU Flüchtlinge aus Drittstaaten in die Türkei abschieben.
Die ersten drei Milliarden Euro der EU soll die Türkei zum Bau von Schulen für die Kinder der Flüchtlinge verwenden. Bis auf 500 Millionen aus dem EU-Budget ist die Finanzierung der Summe durch die Mitgliedsstaaten ebenso unklar wie die Frage, wie weit dieses wahrscheinliche Gipfel-Ergebnis Ankündigungspolitik ist und wann es Realität werden kann. Stellen wir uns darauf ein, dass diesem EU-Türkei-Sondergipfel viele folgen werden.
Und merken wir uns: Die privilegierte Partnerschaft starb nach kaum zehn Jahren: keine lange Halbwertzeit für Jahrhundertprojekte.
Zwischen EU und Türkei hat ein neues Kapitel begonnen: Die Hohe Pforte der Osmanen grüßt.