Ach Mensch, Herr Plasberg, schon wieder was mit „Flüchtlingen”? Und das, wo doch gerade eine aktuelle Studie bewiesen haben will, wie prima das klappt mit der Integration der nächsten Million? Nun gehen die Quoten immer hoch, wenn’s um Asylbewerber, Ausländerkriminalität und Asylmissbrauch geht. Nein, das muss kein Hinweis darauf sein, was den Bürger wirklich bewegt, könnte aber doch. Also springt Plasberg über die ganzen Nörgler hinweg direkt ins Thema schnelle Abschiebungen und Rechtsstaat. Konkret fragt Hart aber fair: „Warum müssen gut Integrierte gehen, während Straftäter oft bleiben dürfen?“ Ja, warum eigentlich? Warum macht sich der Rechtsstaat immer öfter so lächerlich, wen er nicht in der Lage ist, abzuschieben?
Wer kommt? Jedenfalls kein Vertreter des Oppositionsführers im deutschen Bundestag. Dafür der Schwiegersohn von Schäuble, der heißt Thomas Strobl, ist ebenfalls CDU-Mitglied und unter dem grünen Kretschmann Innenminister des Landes Baden-Württemberg. Wir erinnern uns kurz: Dieser Herr Strobl hat schon eine Menge Unsinn erzählt in der Zuwanderungsdiskussion. Gerne verweisen wir da beispielsweise auf seine legendäre Verteidigung des Abendlandes gegen die AfD bei Maybritt Illner Anfang September 2016, als er befand: „Die CDU sind Christen für Deutschland und die AfD sind Atheisten für Deutschland.“
Ebenfalls mit dabei ist Thomas Oberhäuser, Anwalt für Asyl- und Ausländerrecht, und Harald Dörig, der war bis August 2018 Richter am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Und weil die Polizeigewerkschaft nur den weltlichen Teil der Debatte vertreten kann, wenn sie Vorstandsmitglied Berthold Hauser entsendet, muss Dietlind Jochims den übersinnlichen Teil repräsentieren, sie ist Flüchtlingsbeauftragte der evangelisch-lutherischen Kirche Norddeutschland, gehört also zu jenen, die aktiv „Fluchthilfe” an der libyschen Küste querfinanzieren, die also Migranten nach Europa überführt, von denen eine Anzahl später möglicherweise kein Bleiberecht haben und im Kirchenasyl dann eben die Zeit absitzen dürfen, die es braucht, bis das Bleiberecht quasi automatisch ausgesessen und ertrotzt ist. Ach ja, Frau Lisa Fiedler ist später auch noch dabei. Sie ist Integrationsbeauftragte beim Outdoor-Sportartikel-Hersteller VAUDE.
Thomas Strobl kann gut verstehen, dass über 80 Prozent der Bevölkerung konsequentere Abschiebungen will. Er hätte nach seinem Amtsantritt 2016 die Zahl der Abschiebungen um 50 Prozent erhöht („von 1.400 auf 3.600“), gibt er dem Faktencheck schon mal die erste Aufgabe mit auf den Weg – mal sehen, ob der Check auch herausfindet, dass Abschiebungen 2018 in Baden-Württemberg deutlich zurückgegangen sind.
Bis der Wahrheitsgehalt geklärt ist, erinnern wir uns derweil an Strobls Aussage bei Illner im selben Jahr Richtung AfD: „Christen machen nicht die Tür zu, wenn Menschen in Not zu uns kommen, die vor Tod, Vergewaltigung und vor Gewalt fliehen, sondern dann haben wir eine offene Tür und auch ein offenes Herz. Wer sich da abschottet gegenüber solchen Menschen, der verrät abendländische Werte.“ Tja, lang ist es her. Und was 1.400 oder 3.600 Abschiebungen bedeuten, bei hunderttausenden illegalen Einwanderern ohne Bleiberecht in Deutschland, bleibt uns der Populist aus der Verwandtschaft Schäubles natürlich ebenfalls schuldig.
„Wer kein Asyl bekommt, der muss gehen, ist ein Satz, zwischen dem fünf Nebensätze noch fehlen.“, erklärt die Pastorin dem Moderator mit – diese Bildbeschreibung sei hier gestattet – schräg gelegtem Kopf und einer recht wirkungsvoll ins Melancholische absinkenden Stimme. Auch hier der zu erwartende Applaus und eine Pastorin, bei der man fürchtet, dass sie für den Moment von ihrer eigenen Menschenliebe überwältigt sein könnte, wenn sie mit Augenaufschlag hoch zum fast erschrockenem Moderator ihre Gefühlslage offenbart.
„Es rührt mich schon an, dass eine solche Bluttat hätte verhindert werden können, wenn Behörden konsequent gehandelt hätten.“, kommentiert vorsichtig Richter Harald Dörig den Fall Anis Amri.
Der Aufhorcher am Rande, wenn der Richter der staunenden Runde erzählt, dass er einmal amnesty in der Türkei befragt hat, was ehemaligen Angehörigen des IS in der Türkei bei Abschiebungen drohen würde und amnesty Richter Dörig in etwa mitteilte: nichts Nennenswertes. Übersetzt heiße das also: Als Ex-IS-Kämpfer kein Problem, als kritischer linker Journalist aber besser nicht back too Erdogan.
Fragen wir Frank Plasberg mal direkt und von hier aus: Warum darf der Oppositionsführer hier eigentlich nicht teilnehmen? Immerhin wird der AfD doch ständig vorgehalten, sie hätte nur dieses eine Thema. Dann wird sie sich auch damit auskennen. Warum sitzt beispielsweise ein Herr Meuthen nicht bei Ihnen in der Runde? Wollen, können oder dürfen sie nicht? Beantworten sie uns das bitte gerne per Email oder rufen sie einfach an.
Polizist Hauser erzählt von freiwilligen Ausreisen, die finanziell begleitet werden und von denen man nun weiß, dass viele, wenn das Geld alle ist, einfach wieder zurückkommen. Als Zwischenfazit kann man hier schon einmal festhalten: Die Runde streitet munter um die Verträglichkeit von Straffälligen und Kriminellen, als gäbe es das Asylrecht oder gar die kulturellen Barrieren der anderen überhaupt nicht. So macht es tatsächlich den Anschein, als wäre nur ausreisepflichtig, wer nicht brav war – alle anderen könnten bleiben, würden möglicherweise sogar gebraucht.
Wie formulierte es Alexander Dobrindt? „Die Anti-Abschiebe-Industrie nutzt die Mittel des Rechtsstaates, um ihn durch eine bewusst herbeigeführte Überlastung von innen heraus zu bekämpfen. 2015 wurden unsere Grenzen überrannt, jetzt versuchen Abschiebe-Saboteure das gleiche mit unseren Gerichten.“
Die Pastorin erklärt Kirchenasyl mal eben mit einem „anderen Rechtsempfinden“. Plasberg fragt klug nach, ob das dann auch für die Baumbesetzer im Hambacher Forst gelten darf oder für wen noch alles. Und dann eine noch viel bessere weil böse Frage von Plasberg wieder an den Richter: „Wie dankbar sind sie eigentlich dafür, dass die Kirche ihnen Gelegenheit gibt, darüber nachzudenken, ob sie richtig geurteilt haben?“
„Seelsorge, Begleitung, Integration“, versteht Richter Dörig als Kirchenauftrag, was Kirchenasyl angeht allerdings, seien die Kirchen „auf dem falschen Dampfer“ unterwegs. „Kirchenasyl gibt es in einem Rechtsstaat nicht. (…) Jede Verwaltungsentscheidung kann überprüft werden.“ Dörig kann nicht verstehen, dass wenn dann diese Vielzahl an Rechtssprechungen und rechtlichen Möglichkeiten erschöpft sei, die Kirche käme und so ein „vorchristliches Tempelasyl“ anbieten würde als Paralleljustiz, die Dörig tatsächlich für gefährlich hält für den Rechtsstaat.
Dann darf noch Lisa Fiedler quasi als Integrationsbeauftragte der Industrie – namentlich des Sportartikel-Hersteller VAUDE – erklären, warum ihrer Meinung nach immer die falschen abgeschoben werden. Nun hat VAUDE aktuell zwölf Migranten beschäftigt, von denen sieben mit Abschiebung bedroht sind. Und da fragt man sich schon, was es da noch groß herumzureden gibt mit Frau Fiedler.
Es gibt ja nur zwei Alternativen: Entweder Arbeitserlaubnis wird nur erteilt, wenn die Fälle abschließend positiv entschieden sind oder es muss eben und kann, wenn schon im laufenden Verfahren gearbeitet werden darf, im Zweifel eine erworbene Kompetenz mit ins Heimatland zurückgenommen werden.
Und leider merkt man dann auch bei Frau Fiedler, wie Marketing und soziale Verantwortung aus dem Ruder laufen kann, wenn das heilige Engagement eines Unternehmens in Sachen „Flüchtlinge” so merkwürdig plakativ und werblich vorgetragen wird, wie es Fiedler hier versucht, als wäre sie eine gewichtige politische Entscheiderin und nicht doch in Wahrheit lediglich die nette und couragiert auftretende Marketingdame eines Unternehmens, das mit seiner Produktpalette vornehmlich kritische ökologische Geister und Naturliebhaber anspricht und eben um deren politische Ausrichtung weiß, die man irgendwie anzapfen will.
Und dann war es das schon wieder. Eine Sendung mit dem richtigen Thema, aber den teilweise falschen Gästen und fehlenden Fragen an der richtigen Stelle. Frank Plasberg weiß das aber selber – ihm sind halt die Hände gebunden, wenn er sich schon mit dem Thema durchsetzt, dann darf er es nicht auch noch kontrovers gestalten.
Aber was dürfen wir von ihm auch verlangen in diesen Tagen? In denen der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) Frau Merkel den „Ehren-Victoria 2018” verleiht für „ihre bisherige politische Gesamtleistung” – „vom Beginn der Kanzlerschaft 2005 über die erfolgreiche Bewältigung der Finanzkrise bis zur Führung in einem turbulenten Europa”. Bewältigung? Führung? Wo? Amen.