Der Staat Bundesrepublik Deutschland wurde seit 1949 ein einziges Mal durch eine extremistische Kraft herausgefordert: durch die RAF. Nicht nur durch ihre Terrortaten, sondern durch eine Sympathisantenszene in der Gesellschaft, von der bis heute nicht klar ist, wie groß und wohin überall sie verzweigt war.
Die DDR war wie das ganz Sowjetimperium selbst ein extremistisches System. In einer Hinsicht waren sich Deutschland Ost und West ähnlicher, als sie selbst es merkten – „oben” wie „unten”. Hitlers (extremistischer) Nationalsozialismus wurde hier wie da in seinen Verbrechen beschrieben und verdammt. Aber auf welchen Einstellungen und Strukturen Hitler aufbauen konnte, blieb in Ost wie West bis heute ein weitestgehend nicht bearbeitetes Thema, geschweige denn ein im Selbstverständnis des Volkes oder auch nur seiner sogenannten Eliten geistig bewusstes und politisch bewältigtes: bewältigt zum Beispiel durch eine Abkehr von der Verteufelung und Ausgrenzung Andersdenkender.
In der aktuellen Auseinandersetzung um den Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen, bei der die Meinung des Bundespolizeipräsidenten Dieter Romann und anderer Schlüsselpersonen in den Sicherheitsapparaten merkwürdig im Hintergrund bleibt, wird auch nicht sichtbar, was dieser Apparat über den politischen Extremismus in Deutschland weiß.
Die einzige extremistische Organisation, die ich in Deutschland erkennen kann, ist die sogenannte Antifa. Ob die Leute dort nicht mehr von purer Gewaltbereitschaft gegen Leute getrieben sind, die anders sind als sie, oder gar nur von Wohlstands-gelangweilten Krawallisten lebt als von tatsächlich politisch zu nennenden Motiven, würde ich gerne wissen. Aber damit beschäftigt sich niemand gründlich und systematisch, von dem ich gehört hätte. Dass es in jeder Gesellschaft einen kleinen Teil von Leuten mit extremistischen Ansichten unterschiedlicher Art gibt, weiß jeder, der sich durchschnittlich intensiv für die öffentlichen Dinge interessiert, für die res publica. Aber bis solche als Bedrohung des Systems eingestuft werden können und müssen, braucht es ziemlich viel. Ich kann davon in der real existierenden Gesellschaft nichts ausmachen.
Als was ich das bewerten soll, was von den republikanischen Anfängen des Grundgesetzes durch seine fortwährenden Änderung, Ergänzung und in jüngster Zeit simpel Uminterpretierung zentraler Begriffe geworden ist, fällt schwer. Jemand, der sich das nicht juristisch, sondern politisch umfassend als Aufgabe gestellt hätte, ist mir nicht bekannt. Tomas Spahn hat dazu für TE erst neulich so etwas wie eine Denkschrift geliefert, auf der weitergearbeitet werden kann. Dass es 70 Jahre nach Beginn der Bundesrepublik Zeit für eine tatsächliche Verfassung wäre, ist eine denkwürdig selten vertretene Auffassung. Es gäbe unter den institutionellen Bedingungen allerdings auch keinen demokratisch-rechtlich einwandfrei möglichen Prozess für das Zustandekommen einer Verfassung der Freiheit durch Recht oder auch nur dessen Entwurf.
Für die extremistische Bedrohung, die da beschworen wird, werden keine Fakten geliefert, sondern Meinungsbezeugungen im Stile von Glaubensbekenntnissen. Das bleibt in Deutschland ähnlich unwidersprochen wie das Nazi-Wort, weil niemand in den öffentlichen Geruch einer braunen Nähe kommen möchte: Die inflationäre Verwendung des N-Wortes hat dieses nahezu wirkungslos gemacht, dem B-Wort und seinen Variationen wird es bei Inflationierung nicht anders ergehen.
Eine ernsthafte Bedrohung der Republik geht für mich einzig und allein von dem Machtkartell aus, das Tomas Spahn kürzlich analysierte und auf andere Weise andere vor ihm wie vor allem Hans Herbert von Arnim.
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Ich schließe mit einer Anekdote, die eine Lehre enthält. Als in den 1960ern die NPD in Landesparlamente einzog, kamen findige Finanzmanager in den poltischen Stiftungen auf die Idee, ihre öffentlichen Zuwendungen durch Zuschüsse für Seminare gegen „Rechtsradikalismus” aufzubessern. Unter diesem Titel liefen die Parteischulungsseminare der Stiftungen nur auf dem Abrechnungspapier anders ab als vorher. Nach dem parlamentarischen Verschwinden der NPD blieben die Zuschüsse natürlich erhalten und verschwanden irgendwann lautlos im allgemeinen Zuschussvolumen. Mit welchen Zuschussvorgängen der Gegenwart ich das in eine Linie setze, werden die geneigten Leser selbst wissen.