Die Brandenburger Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie, Diana Golze (Die Linke) gibt auf. Es war ein Rücktritt mit Ansage, schwer, zäh und am Amt klebend wie heutzutage üblich. Dabei musste kräftig nachgeholfen werden. Zuletzt sah sich die studierte Sozialpädagogin gar in der Opferrolle durch die Medien, die immer wieder hartnäckig über ein grundsätzliches Versagen berichtet hatten, bei dem Patienten durch einen Medikamentenskandal Schaden genommen haben. Für die Ministerin ging es dabei um ihren hochdotierten Posten, für tausende Patienten um ihr Leben.
Zum späten Rücktritt von Brandenburgs Ministerin Diana Golze (LINKE)
Ein Wort des Bedauerns kam von Golze erst gar nicht, dann nur mit großer Verzögerung pro Forma. Ihr Abgang von der Bühne war ein politisches Sterben auf Raten.
Die Brandenburger Firma „Lunapharm“ soll gestohlene Krebsmedikamente jahrelang ungestört in Umlauf gebracht haben. Warnungen aus Griechenland und Polen verhallten im Ministerium ungehört, Konsequenzen für die Firma gab es keine.
Dem Chaos im Ministerium folgte das Missmanagement bei der Aufklärung. Das Protokoll eines Versagens auf der ganzen Linie, das durch den Bericht einer „Task Force“ vom 28.08.2018 vertieft wurde. Die aufgezählten Mängel sind darin derartig bedeutsam, dass der gleichzeitigen Co-Vorsitzenden der Linken gar keine andere Wahl mehr blieb, als vom Amt zurückzutreten. Deren bis dahin uneinsichtiges Verhalten soll selbst in der eigenen Partei für Entsetzen gesorgt haben, das will bei dieser machtbesessenen und opportunistischen Partei in Brandenburg einiges bedeuten. Aber selbst der Bericht konnte manches nicht aufklären, zum Beispiel warum erforderliche Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für Patienten einzuleiten unterblieben sind, als 2017 der begründete Verdacht bestand, dass Lunapharm gefälschte Arzneimittel in den Verkehr bringt (S. 54).
Als weitere Gründe für das Versagen werden im Bericht angeführt:
„Unterschätzung der Bedeutung des Sachverhaltes auf EU- Ebene, eine wenig stringente Befolgung bestehender Verfahrensanweisungen, Geschäftsordnungen und Dienstanweisungen und eine nicht effiziente Kommunikation mit Ermittlungs- und Bundesbehörden sowie zeitlich verzögerte Gerichtsentscheidungen. Darüber hinaus wurden unzureichende Schritte unternommen, um alle zuständigen und fachkundigen Mitarbeiter im LAVG und MASGF zusammenzubringen, um die bestehende Situation zu analysieren und die notwendigen Maßnahmen zu koordinieren. Begünstigende Umstände waren eine in qualitativer und quantitativer Hinsicht personell unzureichend besetzte Fachaufsicht im Ministerium und eine den Anforderungen nicht entsprechende personelle Besetzung der Aufsichtsbehörde im LAVG. Zudem bestand keine hinreichende Klarheit über Entscheidungsspielräume und Entscheidungsabläufe zwischen MASGF und LAVG. Ein für diesen aus Patientenperspektive höchst sensiblen Sachverhalt notwendiges Vier-Augen-Prinzip fand keine Anwendung. In der Aufsichtsbehörde im LAVG vorhandene Unterlagen zur Regelung des Dienstbetriebs – insbesondere in der Geschäftsordnung und der „Dienstanweisung Meldeweg im LAVG bei besonderen Vorkommnissen“ – von den handelnden Personen nicht adäquat angewendet worden sind. Auch wurden in der Aufsichtsbehörde im LAVG Defizite in der Transparenz der internen Kommunikation, eine mangelnde Aktenführung und Dokumentation von Entscheidungsfindungen, eine fehlende Posteingangskontrolle und unklare bzw. unzureichende Vertretungsregelungen ebenso wie eine unzureichende Einhaltung des Dienstweges über die Abteilungsleitung bzw. den Präsidenten an das MASGF und zurück, deutlich.“
Wäre der Skandal nicht aufgedeckt worden, muss man davon ausgehen, dass dieses unstrukturierte Gewurstel im Ministerium noch viele Jahre so weiter vor sich hingedümpelt und sich niemand daran gestört hätte. In Zeiten der Hochglanzbroschüren und Vorzeigeprojekte wird Kritik gerade in Brandenburg äußerst ungern gesehen, nicht nur im Gesundheitsministerium. Ärgerlich, wenn der schöne Schein gestört wird, desto wuchtiger kommen unter den roten Teppich gekehrte Probleme zurück. Ich bin davon überzeugt, dass auch diesmal nichts daraus gelernt wird. Dafür spricht, dass der Bericht der „Task Force“ beim Brandenburgischen Gesundheitsministerium nach nur wenigen Stunden wieder vom Netz genommen wurde.
„Opfer“ ist nicht die zerbrechliche Diana Golze, sondern sind Menschen, die auf wirksame Medikamente bei diesen lebensgefährlichen Erkrankungen angewiesen bleiben. Wie viele durch die Einnahme der durch falsche Lagerung unwirksamen Medikamente gestorben sind, verbleibt bis heute im Dunkeln. Alte, Schwerkranke und Tote haben in Deutschland keine Lobby. Ein Wort des Bedauerns kam von Golze erst gar nicht, dann nur mit großer Verzögerung pro Forma. Ihr Abgang von der Bühne war ein politisches Sterben auf Raten.
Steffen Meltzer, Autor von „Schlussakkord Deutschland – Wie die Politik unsere Sicherheit gefährdet und die Polizei im Stich lässt“
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