Als erste überregionale Tageszeitung hat ausgerechnet die linke „taz“ für ein Bündnis der CDU mit der AfD plädiert. Eine CDU-AfD-Regierung in Sachsen habe zwar etwas „Albtraumhaftes“, hieß es jüngst in einem taz-Kommentar. Aber die andere Möglichkeit – eine CDU-Linke-Koalition – hätte noch mehr politische Kosten. „Eine Regierung von CDU und Linkspartei wäre Symbol für ein Einheitssystem, das alles tut, um die AfD auszusperren“, argumentiert taz-Redakteur Stefan Reinecke. Das helfe der AfD, noch mehr zu wachsen.
Und der taz-Autor erkennt auch: „Die CSU in Bayern steht der AfD in vielem näher als den Grünen. Die rechte CDU in Sachsen verbindet mehr mit der AfD als mit der Linkspartei in Sachsen.“ Das war ein mutiger Kommentar.
Nun wird das letzte Links-Tabu diskutiert: eine CDU-Koalition mit der Linken. Nord-Ministerpräsident Daniel Günther, ein Merkel-Zögling, hat diese Gedankenspiele etwas zur Unzeit ausgeplappert, ausgerechnet kurz vor dem Mauerbau-Gedenktag. Weil die AfD in den mitteldeutschen Bundesländern so stark ist, meinen einige CDU-Strategen, es könnte nach den nächsten Landtagswahlen 2019 – etwa in Brandenburg – nur noch mit einer CDU-Links-Regierung reichen. Günther plädierte dafür, „ohne Scheuklappen“ über eine Zusammenarbeit mit den „vernünftigen“ Leuten aus der Linken zu reden.
Der Euro wurde der widerstrebenden Bevölkerung verkauft mit dem Versprechen, auf keinen Fall werde es eine Haftungsübernahme für Schulden anderer Länder geben. Versprochen, gebrochen. In der Euro-Schuldenkrise 2010 ff. wurden riesige Hilfskreditpakete geschnürt, die Schulden wurden europaweit umverteilt – das war die Geburtsstunde der AfD. Abgesehen davon, dass die AfD den Euro wieder abschaffen wollte, ähnelt sie sonst doch in vielem dem Programm der Kohl-Union. Sie vertritt viele alte CDU-Positionen. Es gibt auch manche wirtschaftsliberale Komponente, die aus dem FDP-Programm stammen könnte. Allerdings kommt bei der AfD noch ein Flügel von Leuten hinzu, die tatsächlich rechtsradikal reden und sind. Die Höcke-Leute sind ein Hindernis für die Etablierung der Partei in bürgerlichen Kreisen.
Als wichtigsten bleibenden Punkt in „Merkels Bilanz“ beschrieb Feldenkirchen im „Spiegel“ die Zerstörung der früheren parteipolitischen Landschaft – vor allem durch den von ihr ermöglichten Aufstieg der AfD: „Nach 18 Jahren Angela Merkel als Vorsitzende der CDU und nach 13 Jahren als Bundeskanzlerin ist die politische Landschaft so zerzaust und durcheinandergewirbelt wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik.“
Was tun? Sollte die CDU weiterhin eisern am Linkskurs festhalten, wird die AfD, sofern ihre Höckes sie nicht ins Abseits schieben, weiter wachsen und etablieren. Absehbar ist, dass in einiger Zeit nicht nur die Günthers über Links-Koalition reden, sondern auch Rechts-Bündnisse (wohl erst im Osten, zunächst auf kommunaler Ebene) gefordert werden. Die strikte Abgrenzung wird nicht ewig halten.
Innenminister Seehofer (CSU) schüttelte vor ein paar Wochen in Linz begeistert lachend die Hände seiner Amtskollegen Kickl (FPÖ) und Salvini (Lega) – doch deren Parteien sind ja mindestens so rechts wie die AfD. Warum darf Seehofer einerseits diese Hände schütteln, aber im Inland gilt ein großes Berührungsverbot?
Vermutlich wird die Erneuerung der Union nicht von der Spitze, sondern von der Basis ausgehen. Merkel und ihre Entourage liegen wie eine Grabplatte auf der Partei. Es wird an den Basis-Mitgliedern liegen, die erdrückende Hypothek beiseite zu schaffen.
Bürgerliche Bündnisse mit FDP und AfD entsprächen der natürlichen politischen Orientierung. Auch mancher auf der Linken, etwa der eingangs erwähnte „taz“-Autor, sieht es so und hofft, dass sich dann auch wieder ein linkes Lager bildet. Klar Verhältnisse, klare demokratische Richtungskämpfe um die Zukunft des Landes wären besser als das richtungslose Merkel-Einerlei.