Die Bauern sind stolz darauf, dass sie in den vergangenen Jahren mit pfluglosen Verfahren Bodenleben, Bakterienkulturen und Humusschicht stark verbessert haben. Diese Fortschritte wären ohne Glyphosat hinfällig.
285 Millionen Dollar Schmerzensgeld soll der deutsch-amerikanische Konzern Bayer-Monsanto an Schmerzensgeld bezahlen. Wo? Ein solcher Prozess ist fast nur in Amerika vorstellbar. Bei dem ehemaligen Hausmeister Dewayne Johnson wurde 2014 Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert. Er hatte in den von ihm betreuten Schulen bei San Francisco jahrelang mit Roundup Unkraut bekämpft. Teilweise kippte er hunderte Liter auf einmal aus und das 20 bis 40 Mal im Jahr, wie sein Anwalt ausführte.
Unentschiedener Polit-Prozess
Johnsons Anwalt klagte vor Gericht und behauptete, das Unkrautvernichtungsmittel von Monsanto hätte bei seinem Mandanten wesentlich zur Krebserkrankung beigetragen. Monsanto habe nicht auf diese gesundheitsgefährdende Wirkung hingewiesen. Die Geschworenen in San Francisco ließen sich davon beeindrucken und schlossen sich dieser Auffassung an. Monsanto äußerte »Mitgefühl mit Herrn Johnson und seiner Familie«, weist aber einen Zusammenhang zwischen Roundup und Krebs zurück und kündigte Berufung gegen das Urteil an.
In den Vereinigten Staaten steht eine regelrechte Klagelawine mit Hunderten von Klagen gegen Monsanto und sein erfolgreiches Herbizid bevor. Der deutsche Chemieriese Bayer hat den amerikanischen Konzern erst vor kurzem für rund 63 Milliarden Dollar übernommen. Der Aktienkurs ist um mehr als 10 Prozent gesunken. Ein gewaltiger Wertverlust aufgrund eines umstrittenen Urteils, das nicht endgültig ist.
Der noch von dem ehemaligen US-Präsidenten Obama eingesetzte kalifornische Richter Vince Chhabria fasste gerade Hunderte Klagen von Landwirten, Gärtnern und Verbrauchern zu einem Sammelverfahren zusammen. Immerhin sagte er, dass die Beweislage vermutlich nicht eindeutig genug sei, um den klaren Schluss zuzulassen, dass Glyphosat Krebs verursache. Dennoch hätten die Kläger die Chance auf einen Prozess verdient.
Oder die verwöhnte Generation
Der Kampf gegen das Unkrautvernichtungsmittel Glyphosat dreht immer höher. Weltweit. So hat gerade in Brasilien ein Gericht Glyphosat verboten. Eine Bundesrichterin hat dort kurzerhand entschieden: Es dürfen keine neuen Produkte mit dieser Chemikalie angemeldet werden, bestehende Zulassungen sollen innerhalb der kommenden 30 Tage aufgehoben werden. Sie wollte wohl auch der zuständigen Behörde Dampf machen, die über die Schädlichkeit von Glyphosat befinden muss. Berichten zufolge hat die es in den vergangenen zehn Jahren nicht geschafft, Glyphosat als schädlich oder nicht schädlich zu bewerten und muss dies jetzt bis Ende des Jahres tun.
Das Urteil bringt die brasilianischen Bauern in große Schwierigkeiten. Sie verwenden sehr erfolgreich die Kombination von Roundup und darauf zugeschnittenes Mais- und Sojasaatgut von Monsanto. Das Saatgut wurde gentechnisch so verändert, dass es unempfindlich gegenüber Glyphosat ist, wohl aber Unkräuter bekämpft. Die Bauern bringen Mais und Soja direkt aus, ohne vorher die Böden umzupflügen. Das spart Fahrten mit dem Traktor über den Acker und schont die Böden.
Das Urteil ist auch insofern bemerkenswert, als es keinerlei Beweis für die Schädlichkeit oder Gefährlichkeit von Glyphosat gibt. Das Herbizid wird seit 40 Jahren weltweit verwendet und ist so genau wie kaum ein anderes Mittel untersucht worden. Glyphosat ist nicht krebserregend. Die Zulassungsbehörden kommen weltweit zu diesem Ergebnis ebenso wie die Weltgesundheitsorganisation WHO. Ihre Unterorganisation IARC (Internationale Agentur für Krebsforschung) hält das Mittel für »wahrscheinlich krebserregend«. Sie hat allerdings nicht das Risiko, sondern nur die Gefahr des Wirkstoffes betrachtet. Aus dieser Sicht gibt es kaum einen Stoff, der »ungefährlich« ist. So birgt zum Beispiel Kochsalz in hohen Mengen ein Risiko. Die Agentur stuft übrigens auch den Friseur als »wahrscheinlich krebserregend« ein, sagt aber nicht, wie groß das Risiko beim Friseur ist.
Der Präsident des Bundesinstitutes für Risikobewertung, Andreas Hensel, sagt: »Die Wissenschaft wird als Kampfmittel missbraucht.« Und weiter: »Glyphosat ist seit 40 Jahren auf dem Markt. Es ist eine der am besten untersuchten Substanzen der Welt, es ist das wichtigste Pflanzenschutzmittel.«
Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner will an ihrer Reduzierungsstrategie für Glyphosat festhalten und der Berliner Lieblingsbeschäftigung nachgehen: Aussteigen und wenden. Sie kann den Bauern zwar keine Alternativen anbieten, aber unter dem politischen Druck sagt sie erst einmal nein.
Zum diesjährigen March for Science
Die Bauern bringt jedenfalls ein Verbot von Glyphosat in erhebliche Schwierigkeiten. Es gibt keine Alternative für Glyphosat. Sie können höchstens andere Herbizide verwenden, die aber nicht so umweltfreundlich wie Glyphosat sind. Und sie könnten ihr Anbauverfahren ändern. Sie müssten wieder mit dem Pflug über den Acker fahren, so wie sie das bis vor etwa 15, 20 Jahren getan haben. Damit werden die unerwünschten Unkrautpflanzen untergepflügt und der Boden für die Aussaat vorbereitet. Das kostet zusätzliche Fahrten mit dem Traktor und Pflug über die Äcker, damit auch mehr Verbrauch von Diesel. Außerdem hat das erhebliche Auswirkungen auf den Zustand der Böden. Die Bauern sind stolz darauf, dass sie in den vergangenen Jahren mit pfluglosen Verfahren Bodenleben, Bakterienkulturen und Humusschicht stark verbessert haben. Diese Fortschritte wären hinfällig. Folge internationaler Kampagnen um die angebliche Gefährlichkeit, für die es keinerlei Beweise gibt.