Potzblitz: die Sonne scheint. Und das im Sommer! Im August sogar! Seit Mai genaugenommen scheint sie, es regnet weniger als es die Jahre zuvor der Fall gewesen ist. Wer hierin einen durchaus normalen Lauf der Wetter-Dinge sieht und es mit dem angeratenen Gleichmut nimmt, sollte sich eine Weiterbildung, ein Coaching gönnen: wie verfalle ich in Hyperventilation, wie verstärke ich den Chor der lobbyistischen Panikmacher, ach ja, und nicht vergessen, bitte: ein wohlfeiles Statement (will heißen: alles von uns umweltzerstörerischen Erdbewohnern verursacht) zur Klimakrise darf keinesfalls fehlen!
Wirklich ärgerlich, weil unanständig, ist aber das Gebaren der Bauern-Lobbyisten. Beim ersten trockenen Weizenhalm schwoll er an, der Gesang der eilfertigen Funktionäre: der Staat muss helfen, fordert Bauernpräsident Joachim Rukwied finanzielle Unterstützung. „Eine Milliarde Euro wäre wünschenswert, um die Ausfälle auszugleichen“, sagte er. Und nicht genug: „Wir fordern jetzt Liquiditätshilfen, damit wir Betriebe, deren Ertrag mehr als 30 Prozent unter dem Schnitt der letzten Jahre liegt, direkt unterstützen können.“ Zudem müsse eine Risikoausgleichsrücklage eingeführt werden – sodass Landwirte in guten Jahren nicht den kompletten Gewinn versteuern und so Rücklagen bilden können. Und weil das alles noch nicht wirklich reicht, fiel auch noch der Begriff des „nationalen Notstandes“.
Es ist schlechter Stil und eine Missachtung der Bürger dieses Landes als Steuerzahler, das private Risiko eines Landwirtes zu negieren und sich permanent, bei den ersten Widrigkeiten aus dem Topf des Staates zu bedienen. Vollends unanständig ist es aber vor allem, schamlos Phantasiesummen zu fordern und dabei geflissentlich das Geld zu verschweigen, was der deutsche Michel dem deutschen Bauern ohnehin schon in die Taschen steckt. Im vergangenen Jahr „empfingen“ die deutschen Landwirte 6,5 Milliarden Euro EU-Agrarsubventionen, es handelt sich bei den Bauern hierzulande schon lange nicht mehr um wirkliche Unternehmer im eigentlichen Sinne. Denn diese tragen ihr Risiko meist ohne staatliche Nannyleistungen, diese sorgen aus eigenem Ertrag vor (BWL, 1. Semester) und schreien nicht nach einer „Risikoausgleichsrücklage“.
Herr Kauder, bevor Sie unsere Kassen plündern, wollen Sie den Herrschaften Groß-Landwirten als erstes vielleicht noch einmal das Einmaleins der Marktwirtschaft vorrechnen (könnte aber sein, dass Ihnen dafür die Kenntnisse fehlen). Und als zweites eine Empfehlung gratis: wenn mein Produkt durch äußere Einflüsse, die ich nicht beeinflussen kann, Schaden nimmt, so muss ich vielleicht eine „Produktionsart“ wählen, die unabhängiger von solchen Einflüssen ist (zugegeben: das ist jetzt schon eher 2. Semester BWL). Gerade hat EU-Europa die Anpassung daran durch ein dummes Gerichtsurteil erschwert – das Klima ändert sich, es wird wohl trockener, die Saaten und Pflanzen sollen bleiben wie sie sind. Aber das ist pure Ideologie – alles ändert sich, auch die Furche, die der Bauer zieht, schon von jeher. Vulgo: die Landwirtschaft muss sich weiter verändern, muss bodenschonender und widerstandsfähiger werden, das fordern wirkliche Experten schon lange. Die wundern sich jetzt über plötzliche „Medienkonjunktur“.
Wir nicht, wir kennen die politischen und medialen Pawlow’schen Reflexe: die Sau war fett genug, sie musste jetzt durchs Dorf. Egal, ob der Bauernpräsident quietschvergnügt oben drauf saß!