Im heißen Sommer sind die Medien noch dünner als sonst, und behelfen sich über die politisch kalte Jahreszeit notdürftig mit Betrachtungen von Emanzen in Bayreuth (SZ), Fetten (Focus) – was keinesfalls als eine Verhöhnung von Adipösen gemeint ist, sondern als Hilfestellung – und Verzweifelten: „Stress, lass nach!“ (Spiegel) über die Runden. Überraschenderweise hat ausgerechnet der Staatsfunk ein Sende-Format gefunden, politische Würdenträger in die lätscherte Sommerstimmung einzubinden: Das Sommerinterview.
Da fließen die Flüsse, es plätschern die Seen im Hintergrund, oder (der/ die/ das) Politiker (wir haben jetzt drei Geschlechter laut Verfassungsgericht!) plaudert im satten Grün vor bunten Blumen über den Sinn des Lebens und seiner Partei. Kein scharfer Ton, kein hysterisches Geschrei trübt die Urlaubsstimmung des Zuschauers vor dem TV-Gerät, wenn die Parteigranden in lockerer Freizeitkleidung Politisches wie Menschliches preisgeben. Sogar Jörg Meuthen von der AfD wurde, kurz und lieblos zwar, doch aggressionsfrei eine solche halbe Sonnenstunde gewährt.
Ausgerechnet in Thüringen, wo die Linke (Ältere kennen sie noch als SED) den Regierungschef stellt, vergriff sich nun der Staatsfunk im Ton! Da saß Bodo Ramelow im Garten – Kamera ab! Kamera läuft! – und Susann Reichenbach vom MDR fragte den Ministerpräsidenten nach einem Tweet, das dem Bodo gerade aus mehreren Gründen um die Ohren gehauen wird. Halt! Schluss! Aus! „Ich steh‘ auf und geh‘!“, sagte Bodo. Und er fügte erbost hinzu, “Ich würde sehr empfehlen, dass das nicht Teil des Sommerinterviews wird”. So berichten mehrere Quellen. Mensch, Genosse! Natürlich nicht! Also, noch mal von vorn. Wo verbringen Sie denn Ihren Urlaub, Herr Ministerpräsident?
Wie konnte es passieren, dass mit der studierten Psychologin und Politologin Reichenbach derart die Pferde durchgingen? Lag‘s daran, dass Bodo trotz Klimawandel hyperkorrekt mit Donald-Trump-Schlips (rot, etwas lang) und Sakko zum Sommerinterview erschien? Hatte sie die gewichtigen Worte ihres Chefredakteurs Gehler falsch verstanden, nach denen MDR-Interviews zwar „generell redaktionell unabhängig geführt“ werden aber noch lange nicht politisch unabhängig?
Es ist ja nicht so, dass der Staatsfunk nicht hätte wissen müssen, welche Art von Geschichten und Interviews dem Bodo so gefallen! „Ramelow auf Sommertour durch den Landkreis“ in der „Thüringer Allgemeine“ – vorbildlich! Erst vor kurzem hatte Genosse Bodo dem Chefredakteur der „Thüringer Allgemeinen“, Paul-Josef Raue, zugerufen, dass er agiere, wie „in der DDR“. Was wohl als Lob gemeint war, oder? Auf „bodoramelow.de“ gibt’s weitere Beispiele von erstklassigem Journalismus!
Natürlich wollen Sie jetzt wissen, was es mit dem Tweet auf sich hat, dessentwegen dem Bodo fast die Staatssicherheit, oder wer sich heute um so was kümmert … Also, in dem Tweet hatte Bodo dem Sohn von Justizminister Lauinger zum bestandenen Abitur gratuliert. „Das Politikum: Ramelow veröffentlichte in dem Tweet Namen wie auch Foto des Sohnes. Eine rechtlich heikle Angelegenheit“, wie Meedia schreibt. Klingt nach DSGVO und eher nach rechtlich dämlich als heikel. (Aber das DSGVO-Grab haben sich unsere Politbonzen selber geschaufelt!) Beim Lauinger fällt einem zudem gleich die „Lauinger-Affäre“ ein, bei der sich der Justizminister Thüringens „für eine rechtlich zweifelhafte Befreiung seines Sohnes von der „Besonderen Leistungsfeststellung“, der verpflichtenden Prüfung für Thüringer Gymnasiasten am Ende des zehnten Schuljahres, eingesetzt hatte. Nun jedenfalls hat der Bub Abitur gemacht. Und wir gratulieren gemeinsam mit Bodo. Warum Ramelow nicht darüber sprechen wollte? Der Tweet sei vom privaten Bodo, das Sommerinterview aber mit dem politischen Ramelow verabredet gewesen (den privaten Bodo können Sie übrigens leicht erkennen, sagt der Bodo, weil der nämlich Legastheniker ist). Alles schizo, oder was? Eher die übliche Gutsherren-Art, nach der linke Aktivisten gerne agieren, wenn sie „oben” angekommen sind.
Zurück zum „neuen“ Sommerinterview mit Bodo Ramelow, dem Ministerpräsidenten von Thüringen. Wir wissen nicht, ob der zu den Sprengstoff-Funden bei Linksextremisten in seinem Bundesland befragt wurde. Aber wir wissen jetzt, wo Ramelow seinen Urlaub verbringen will. „Am Thüringer Meer“. Würg!
Wie ist das überhaupt alles rausgekommen? Fragen Sie mal Herrn Raue von der Thüringer Allgemeinen.