Tichys Einblick
Der Kampf ums große Geld tobt

Fußball, WM 2022, ein Ticker-Kampf, Qatar und Saudi-Arabien

Schöne Aussichten für die kommende WM. Saudi-Arabien gegen Qatar, ein arabischer Kanal gegen den anderen. Immerhin hat sich die FIFA inmitten schon für islamgerechte Bilder vorbereitet. Keine attraktiven Frauen auf den Zuschauertribünen mehr.

General view of the Khalifa International Stadium in Doha after it was refurbished ahead of the Qatar 2022 FIFA World Cup in May, 2017

KARIM JAAFAR/AFP/Getty Images

DFB-Präsident und CDU-Politiker Grindel, dessen größte Leistung bisher darin bestand, die Kanzlerin unter großem Medien-Tamtam ins Trainingslager nach Südtirol gelockt und dort der Mannschaft die sowieso schon knappe Zeit gestohlen zu haben, versteht nicht, was er falsch gemacht haben könnte. Wir verstehen nicht, wie so jemand DFB-Interessen gegen den in der FIFa-Funktionärswelt herrschenden Wirbelsturm vertreten können soll.

Die bekannte Fußball-Expertin und Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) versteht nicht, warum sich »ein großer, deutscher Fußballer wie Mesut Özil in seinem Land wegen Rassismus nicht mehr gewollt und vom DFB nicht repräsentiert fühlt« und twitterte sogar von einem »Alarmzeichen«. Sie könnte sich zu Fortbildungszwecken einmal zu Kreisliga-Fußballspielen etwa nach Altenessen begeben und mit niedergeschlagenen Schiedsrichtern, die gerade aus dem Krankenhaus kommen, über Intergration sprechen.

Das alles wiederum versteht Despot Erdogan sehr gut und lässt seinen Sprecher mitteilen, dass er Özils Aussage begrüße, den türkischen Präsidenten wieder treffen zu wollen. Sportminister Mehmet Kasapoglu: »Wir unterstützen die ehrenhafte Haltung unseres Bruders Mesut Özil von Herzen.« Justizminister Abdulhamit Gül versteht den Rücktritt als das »schönste Tor gegen den faschistischen Virus«. Die Stimmen zu Özil sind vielfältig.

Jetzt verstehen wir, warum Joachim Löw so eisern trotz aller Kritik an Özil festhielt und ihn immer in die Startaufstellung mit hineinnahm. Es waren Integrationsbemühungen, und Kritik an schlechten Leistungen auf dem Platz ist rassistisch. Dennoch-Trainer Löw versteht nichts mehr und muss »in aller Ruhe« analysieren, woran es gelegen hat. An seiner Aufstellung und Taktik – niemals.

Fußball-WM: Ramadan schlägt Weihnachten

Die Fußball-Fans verstehen bald, dass die nächste Fußball-WM für sie wahrscheinlich ins Wasser fällt. Zumindest für die europäischen Fans. Denn die Weltmeisterschaft in Qatar beginnt am 21. November 2022 im Lusail Iconic Stadion in Doha. Das Endspiel soll am 18. Dezember stattfinden, also kurz vor Weihnachten. Nur die wenigsten dürften in der Adventszeit nach Qatar fliegen, um dort den Spielen zu folgen. Fan-Meilen hierzulande zwischen Weihnachtsständen und Glühwein dürften kaum ein Fußballfieber entfachen.

Es wäre durchaus möglich gewesen, die Spiele im Juni auszutragen. Das geht von den Temperaturen in der Region her. Später im Sommer wird es in der Tat zu heiß.

Aber: Um diese Zeit ist Ramadan, da geht in den islamischen Ländern tagsüber nicht viel. Also lieber Fußballfans in Europa vors Schienbein – und die Spiele während der Vorweihnachtszeit ausgetragen. Diese Entscheidung wirft die nationalen Fußballfahrpläne grundlegend über den Haufen. Damit wird die Saison in den nationalen Ligen unterbrochen.

In Qatar baut Albert Speer …

Das kleine Qatar stampft derzeit neben neuen Stadien auch eine komplett neue Stadt Lusail aus dem Wüstensand, nördlich von Doha direkt am warmen Wasser des arabischen Golfes gelegen, mit gewaltigen »Lusail Plaza Towers« als Zentrum; Motto: Ich baue, also bin ich! Bescheiden ist anders.

Der Bau der Stadien kommt voran. Deutsche Unternehmen sind mit von der Partie; den Masterplan für die Stadien hat das Frankfurter Architekturbüro Albert Speer & Partner entwickelt. Das Büro hatte mit seinen Planungen übrigens erheblichen Anteil daran, dass Qatar Ausrichter für die WM wurde. Nach den Weltmeisterschafts-Spielen sollen die Stadien teilweise rückgebaut und ein Teil der Tribünen und Einrichtungen an Entwicklungsländer verschenkt werden. Sie sollen nicht wie in vielen anderen ehemaligen WM-Austragungsländern zu Ruinen verfallen. Auch eine Idee der Frankfurter Architekten.

Mit viel Geld und Mühe versucht Qatar den Vorwurf zu entkräften, die vorwiegend pakistanischen und indischen Bauarbeiter menschenunwürdig zu behandeln. Die Behörden wachen über die Einhaltung von Schutzvorschriften; anderslautende Vorwürfe von NGOs können deutsche Bauingenieure, die in Qatar arbeiten, nicht bestätigen. Qatar benutzt seit längerem den Sport als Mittel, seine internationale Position zu festigen. Es hat schon 2006 die Asian Games ausgerichtet, eine Art Konkurrenz der Olympischen Spiele, danach viele andere Sportveranstaltungen. Bundesligavereine wie Bayern München trainieren schon seit längerem Anfang Januar im dann klimatisch günstigen Doha.

Dabei spielt Geld immer die geringste Rolle. Und so ist klar, dass auch jetzt wieder Korruptionsvorwürfe die kommende Weltmeisterschaft überschatten. Das reicht bis hin zur Frage, ob Qatar die Ausrichterrolle aberkannt werden soll. Das dürfte nicht passieren, Qatar kämpft mit allen Mitteln dagegen. Die Entschädigungssummen, die fällig würden, könnte vermutlich nicht einmal Saudi-Arabien aufbringen. Auch dort wird das Geld bekanntlich knapp.

… Saudi-Arabien schießt quer

Die seit langem sorgfältig gepflegte Feindschaft zwischen Qatar und seinem Nachbarland Saudi-Arabien (VAE) und den Vereinigten Arabischen Emiraten überschattet die WM 2022. So wird immer wieder die Frage gepusht, wie viele Teams bei der nächsten Fußballweltmeisterschaft vertreten sein sollen: 32 wie bisher oder künftig Mannschaften aus 48 Ländern? Südamerikanische Länder wollen eine Ausweitung, damit mehr kleinere Länder zum Zuge kommen können, FIFA Präsident Gianni Infantino zeigt sich offen gegenüber dieser Idee.

Sicher ist, dass mit einer solchen Ausweitung das kleine Qatar hoffnungslos überfordert wäre. Zweifel würden an der Fähigkeit Qatars aufkommen, ein solches Ereignis zu stemmen. Kein Wunder, dass jetzt auch Saudi-Arabien von einer Ausweitung begeistert ist. Gelegenheit, dem kleinen Nachbarn eins einzuschenken. Erst jüngst wartete Saudi-Arabiens neuer Herrscher Mohammed bin Salman mit der Idee auf, einen 200 m breiten und 15-20 m tiefen Kanal zwischen dem Festland und der Halbinsel Qatar zu ziehen. Damit sollte Qatar auch auf dem Landweg abgeschnitten werden, obwohl es schon jetzt eine unpassierbare Grenze zu Saudi-Arabien gibt. Auf der Kanalseite zu Qatar sollen eine Militärbasis und Atommülldeponie eingerichtet werden. Will Saudi-Arabien, zur Zeit jedenfalls.

Die Flugzeuge von Qatar-Airways müssen immer noch erhebliche Umwege fliegen, weil für sie der Luftraum über Saudi-Arabien, Bahrein und den VAE sowie Ägypten gesperrt ist. Sie verlieren derzeit Fluggäste, wie übrigens eine Reihe anderer Fluglinien in der Region auch. Doch bisher trotzt das kleine Land dem Boykott erfolgreich.

Saudi-Arabien und Qatar lieferten sich während der vergangenen WM einen herzhaften Kleinkrieg der Fußballbilder. Eigentlich hat die Rechte »beIN Sports« von der Fifa gekauft. Das ist ein Ableger des qatarischen Senders Al Jazeera; er hieß früher Al Jazeera Sports und hat sich umbenannt, weil der Name nicht mehr besonders gut ankommt, und dessen Mitarbeiter auf zu viele Feindseligkeiten in den anderen arabischen Ländern stießen.

Medienkrieg inmitten

Mit seinem guten Dutzend Sportkanäle überträgt er nicht nur die Bundesligaspiele in den Mittleren Osten, sondern auch alle Weltmeisterschaft Spiele. »beIn« hat für ein paar hundert Millionen Dollar die entsprechenden Fifa-Rechte gekauft, die genaue Zahl wurde nicht bekannt. Jetzt aber wurde das Signal auch über den privaten Kanal »BeoutQ« über den Arabsat-Satelliten verbreitet. Illegal. »Die klauen uns das Signal«, schimpfte die »beIN Media Group«.

Als alles nichts half, blendete »beIN« ein Schriften-Laufband auf den Bildschirm mit dem Zitat der FIFA ein, um den Zuschauern klarzumachen, dass sie das gestohlene Signal sehen. Doch »BeoutQ« legte wiederum einen eigenen Schriftzug drüber und versuchte damit, das Signal zu überdecken. Allerdings ziemlich schlampig, der neue Schriftzug überdeckte kaum den alten.

»BeIn« hat den Betreiber von Arabsat aufgefordert, die Ausstrahlung des Signals einzustellen. Doch die Arab Satellite Communications Organization tat ahnungslos: Ihr Kunde wiederum, der die Frequenzen auf dem Satelliten gekauft hat, verneinte in »BeoutQ« involviert zu sein. Muss man den Sitz der Gesellschaft dazusagen? Die saudi-arabische Hauptstadt Riad.

Schöne Aussichten für die kommende WM. Immerhin hat sich die FIFA schon für islamgerechte Bilder vorbereitet. Attraktive Frauen auf den Zuschauertribünen sollen nicht mehr gezeigt werden. Federico Addiechi, FIFA-Diversity-Chef (wen es alles gibt, und wer von den Fans bezahlt wird): »Dies ist eine der Aktivitäten, die wir in Zukunft definitiv machen werden. Es ist eine normale Entwicklung.«

Normal ist zwar anders. Er orientiert sich wohl an der Formel 1. Hier sorgte der neue Besitzer, die amerikanische Liberty Media, gegen heftigen Widerstand dafür, dass die sogenannte »Grid Girls« verbannt wurden.

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