Was will das Handelsblatt mit seinem Text gegen Roland Tichy? Was im Gewande des Investigativen daher kommt, soll eine von Moralmedien ungeliebte Stimme schädigen: ungeliebt, weil anderer Meinung als sie und noch ungeliebter weil weithin hörbar. Das Handelsblatt bewirkt damit das Gegenteil. Es stärkt die Stimme des freien Geistes. Eine Reihe von Lesern werden sich jetzt für Tichys Einblick erstmals interessieren und andere Leser ihr Interesse verstärken.
Die Methode, mit der das Handelsblatt Roland Tichy am Zustandekommen dieses Artikels „einbezogen“ hat, ist journalistisch eine besonders üble. Der STERN und andere haben damit in den 1970ern begonnen. Die Story ist fertig, aber es macht sich besser, wenn man ein paar Zitate des Angegriffenen hat. Also legt man ihm mit sehr kurzer Fristsetzung schriftlich ultimativ Fragen vor, die er nun beantworten kann oder nicht. Beantwortet er sie nicht, schreibt man, hat sich dem Gespräch verweigert. Dass ein Gespräch nie angeboten, geschweige denn geführt wurde, nicht einmal telefonisch, fällt dann unter den Tisch. Antwortet der Angegriffene, kann man die Antwortteile nehmen, die in die längst fertige Geschichte passen, andere ignorieren und auf einzelne Antwortsätze, die den Schreibern nicht passen, draufsetzen, es war doch so, wie wir behaupten – ohne einen Beleg anzuführen.
Bei der Geschichte gegen Roland Tichy hätte das Handelsblatt guten Sitten folgend erwähnen sollen, dass es Rechtsstreite zwischen beiden Seiten gibt.
Die Aufhänger des Artikels, Friedrich Merz habe einen Preis der Ludwig Erhard Stiftung wegen der publizistischen Rolle von Roland Tichy als Herausgeber von TE nicht angenommen, und Tichy benutze den Vorsitz der Stiftung als „Reputationsmaschine“, ist an den Haaren herbeigezogen. Der Artikel will das Narrativ über Tichy und Tichys Einblick setzen: „zu rechts“. Diese billige Agitation richtet sich gegen die „Ankläger“ des Blattes und das Blatt selbst. Das HB wird weiter wie bisher an Auflage verlieren und TE weiter wie bisher an Reichweite gewinnen – auch wegen dieses – übrigens nach dem Urteil etlicher Journalisten – schwachen Artikels.
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Es ist kein Zufall, dass der HB-Artikel in einer Zeit erscheint, wo die Merkel-Treuen in der CDU nach den innerparteilichen Gruppen gegen Merkel eine Gruppe für die Parteivorsitzende (!) bilden müssen: ein Novum in der Parteiengeschichte. Die Gegner und Anhänger der Allparteienallianz rund um Merkel sortieren sich zum letzten Gefecht – in den Parteien, in den Medien und Verbänden. Das Meinungsmonopol der Epigonen der 68er bröckelt.