Das sind so die Karrierewege in einer großen Koalition: Wer dabei ist, wird belohnt. Jetzt werden die Gefolgsleute versorgt. Die Folgen sind bedenklich.
Fahimi flieht vor der Flüchtlingsfrage
Da ist zunächst Yasmin Fahimi, SPD-Generalsekretärin der SPD. Vom gefährlichen Posten in der Partei wechselt sie rechtzeitig als Staatssekretärin in das Arbeits-und Sozialministerium. Eine sichere Sache: Bleibt die SPD auch in der nächsten Koalition an der Regierung, ist ihr Job betonfest. Fliegt die SPD raus und mit ihr die Staatssekretärin, so hat sie nach zwei Amtsjahren bereits fette Pensionsbezüge erworben.
Ein Täter kehrt zurück
Frei wird der Job, weil Jörg Asmussen als Generalbevollmächtigter zur staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW wechselt. Asmussen ist SPD-Mann, machte Karriere zunächst bei SPD-Finanzminister Peer Steinbrück, dann unter Wolfgang Schäuble – und wechselte zur Europäischen Zentralbank. Im Zuge der Entdeutschung der EZB durfte er allerdings nicht als Chefvolkswirt Nachfolger von Jürgen Stark werden, der 2011 aus Protest gegen die aktuelle Geldpolitik sein Amt niederlegte. Asmussen war für Beziehungen und den Neubau des EZB-Gebäudes zuständig. Das hat ihn sichtlich unterfordert, schließlich kennt es sich mit Geld und Kredit aus: Er plädierte als Aufsichtsrat der IKB offen für den Kauf US-amerikanischer Hypothekendarlehen und einen Ausbau des Handels mit forderungsbesicherten Wertpapieren ein, die 2008 die IKB mit Milliarden zum ersten Opfer der Bankenkrise machten und mit ca. 11 Milliarden Staatsknete gerettet werden musste. Schon als Ministerialrat unter Hans Eichel (SPD) und später als Staatssekretär im Finanzministerium unter Steinbrück war er für die Deregulierung dieser Form von heißen Papieren eingetreten. Diese Formen des Börsenhandels gelten als Auslöser der Finanzkrise ab 2007. Daraus entstand der Vorwurf vieler Kritiker, Asmussen habe in Kontrollgremien gesessen, die seine eigenen Geschäfte kontrollierten. Seinen Wechsel von der EZB in Frankfurt zurück nach Berlin bemitleidete damals die ZEIT als „kontrollierten Abstieg“ und feierte Asmussen als modernen Mann, weil er vorgab, dies mit Rücksicht auf Frau und Familie zu erleiden – seine Frau ist Funktionärin beim Bundesverband Deutscher Banken.
Jetzt wird er belohnt – der Aufstieg in den Vorstand der KfW, die staatlich kontrolliert wird, aber stattlich privatwirtschaftlich bezahlt ist, nur eine Frage der Zeit. Und nach Frankfurt, den Hauptsitz der KfW, muss er auch nicht: Er soll in Berlin die Fäden spinnen, damit der Klüngel unter sich bleibt. Wenn man bösartig ist, könnte man sagen: Ein Täter der Finanzkrise kehrt zurück an den Ort seines Wirkens. Allerdings ist er die deutsche Ausgabe von Anshu Jain, der gerade als Chef der Deutschen Bank gefeuert wurde: Jain war wirklich einer der Übeltäter, und gerade damit wurde vorher sein Aufstieg begründet: Nur so einer könne auch aufräumen. Das gilt sicherlich auch für Asmussen: Vielleicht hat er aus seinen Sünden gelernt? Ist deshalb und gerade deshalb für die Staatsbank der Richtige? Jain musste bekanntlich gehen, Asmussen kommt erst.
Zwar muss erst der Verwaltungsrat der KfW Mitte Dezember der Berufung Asmussens zustimmen. Praktischerweise ist Vorsitzender des Verwaltungsrats aber Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), dessen Staatssekretär Asmussen nach der Wahl 2009 weiterhin war. Noch Fragen?
Den Arbeitsmarkt verriegeln
Und Fahimi? Sie hat bisher als Generalsekretärin der SPD eine schwache Figur abgegeben. Sie polterte gegen jede Reform in der Flüchtlingspolitik und nannte die geplanten Transitzonen „Haftanstalten“. Vermutlich ist das einer der Gründe neben der Versorgungsfrage in eigener Sache, warum sie das Amt räumt: Bislang konnte sich die SPD aus der Flüchtlingskrise fernhalten, weil CDU und CSU zanken. Aber irgendwann muss auch die SPD Farbe bekennen. Dafür ist jetzt der Weg frei: Die Transitzonen können kommen, weil Fahimi geht. Die Transitzonen sollen neuerdings Einreisezentren heißen und nicht mehr an der Grenze stehen, sondern im Landesinneren. Das zeigt: Die SPD bewegt sich wenigstens. Der Wahrheit in´s Auge schauen will sie noch nicht. Ohne Fahimi geht´s besser.
Fahimi ist studierte Chemikerin, hat aber immer als Gewerkschaftsfunktionärin gearbeitet und ist die Lebensabschnittsgefährtin des IG-Chemie-Bosses Michael Vassiliadis. Ach, es passt alles so schön zusammen.
Denn auch im Arbeitsministerium passt sie prima zu Andrea Nahles, ihrer neuen Chefin, die auch aus dem Gewerkschaftsflügel kommt.
Gemeinsam werden die beiden Damen jetzt den Arbeitsmarkt verriegeln. Nahles bastelt schon länger an Versuchen, Zeitarbeit und Leiharbeit zu begrenzen. Auch die Mindestlöhne sollen ohne Ausnahme beibehalten werden. Das Alles ist eine Leidenschaft auch der gelernten Gewerkschaftsfunktionärin Fahimi. Nahles hat gegen den allgemeinen Comment frühzeitig darauf hingewiesen, dass von den Flüchtlingen allenfalls 10 Prozent in den Arbeitsmarkt passen. Das ist verdienstvoll, und das mag realistisch sein. Aber es ist auch eine Ausrede: Wenn jetzt die Zugänge für weniger Qualifizierte weiter blockiert werden – dann ist es nicht Nahles, die dafür die Verantwortung trägt. Es sind die Flüchtlinge selber. Ob wir wollen oder nicht: Ohne neue Billig-Jobs für die Million Nicht-Qualifizierter werden die Arbeitslosigkeit und die Sozialausgaben explodieren. Auch wem Billig-Jobs nicht gefallen: Andere gibt es nicht für Menschen ohne Schule, Sprache, Berufsausbildung.
Das weiß auch Asmussen. Denn eines muß man sagen: Asmussen hat sich als Volkswirt schon Wirtschaftsverstand bewahrt. Insofern störte er die Harmonie der Blockierer. Und jetzt ist alles gut: Alle kriegen was, alle werden was, und wen kümmert da noch die Arbeitslosisgkeit, noch dazu von Flüchtlingen.