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Dänemark – die neue Balkanroute?

Kaum wurde mit Druck aus der CSU, bis zum Bruch der Koalition, die Grenze nach Österreich halbwegs für Asylwanderung geschlossen, da zeigt sich: Skandinavien und insbesondere Dänemark sind die neue Balkanroute.

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Während sich Politik und Medien im Asylstreit auf die deutsche Grenze zu Österreich konzentrieren, findet ein neuer Hotspot der illegalen Einwanderung nach Deutschland kaum Beachtung: Immer mehr Illegale kommen aus Skandinavien über die deutsch-dänische Grenze. Grund dafür ist die Verschärfung der skandinavischen Ausländerpolitik. Die Frankfurter Rundschau beispielsweise macht dafür eine Kapitulation der skandinavischen Sozialdemokratie verantwortlich.

Vor den Wahlen (9. September 2018) in Schweden müsse die Partei von Ministerpräsident Stefan Löfven nach neuesten Umfragen mit dem schlechtesten Ergebnis seit hundert Jahren rechnen. Jener Löfven plant in diesen Sommer mit Sigmar Gabriel im Wohnmobil durch Schweden zu urlauben. Muss sich die deutsche Grenzpolizei das Gabrielsche Wohnmobil bei der Rückkehr genauer anschauen, wenn die beiden Politiker „beim Kötbullar essen auf der Frage „herumkauen“, wie die europäische Sozialdemokratie noch zu retten ist.“?

Aber unabhängig von Gabriels Wohnmobil, gibt es eine Reihe bequemerer Fluchtwege aus Skandinavien über die deutsch-dänische Grenze, wenn der Bundesvorsitzende der Bundespolizeigewerkschaft, Ernst G. Walter, an dieser Grenze „Handlungsbedarf“ sieht. Jörg Radek, Bundesvize der Gewerkschaft der Polizei (GdP), bezifferte den Bedarf sogar auf 440 zusätzliche Stellen im Norden – sofern es politisches Ziel wäre, wieder stationäre Kontrollen einzurichten und im Hinterland mit Kontrollen und Schleierfahndung alle unerlaubt Eingereisten tatsächlich erwischen zu können. Alleine in den vergangenen Wochen hat die Bundespolizei Hunderte Migranten gestoppt, die per Bahn, Schiff oder Auto illegal nach Schleswig-Holstein gekommen seien, berichtet Walter. Überwiegend seien das „Afghanen, Iraker und Somalier“.

Und während Dänemark 2017 das erfolgreichste Jahr an Urlaubsübernachtungen verbuchen konnte, während also diese vielen kleinen Hütten und Bungalows an Nord- und Ostsee fast ausgebucht sind, entledigen sich Dänemark und Skandinavien still und heimlich ihrer Asylbewerber über die deutsch-dänische Grenze. Deutschland hat in 2016 und 2017 in 2.458 Fällen eine Rückführung bei den dänischen Behörden beantragt. Bisher wurden lediglich 235 Illegale von Dänemark zurückgenommen. Wer weg ist, darf nicht wiederkommen, EU-Recht hin oder her.

Die Augsburger Zeitung berichtet: „Immer mehr Flüchtlinge kommen aber über die Grenze zwischen Deutschland und Dänemark. Derzeit gibt es keine Pläne für eine Ausweitung der Grenzkontrollen.“

Wie sieht es in der Praxis an der Grenze aus? Der Sprecher der Bundespolizeidirektion Bad Bramstedt, Matthias Menge, beschreibt die Situation laut Lübecker Nachrichten folgendermaßen: „An den Grenzübergängen weisen die dänischen Beamten Menschen ohne ausreichende Papiere zurück. Die dänische Polizei informiere ihre deutschen Kollegen über jeden einzelnen Fall, so dass eine Übergabe der Betroffenen an die deutschen Beamten erfolge. Umgekehrt sei eine Zurückweisung nicht möglich, da es auf deutscher Seite keine stationären Grenzkontrollen gebe. Und wer erstmal im Land sei, könne nicht einfach zurückgewiesen werden.“

Laut GdP-Vize Radek diskutieren die Dänen auch nicht lange: „Wieso soll zum Beispiel Dänemark einen Flüchtling zurücknehmen, wenn dieser zuerst in Bulgarien registriert wurde?“

Der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag berichtete Anfang des Jahres davon, dass sich der Vorsitzende des Ausländerausschusses des dänischen Parlaments, Martin Henriksen, über die Ausreisen nach Schleswig-Holstein freue: „Wir sind damit sehr zufrieden. Sollte das der deutschen Gesellschaft Probleme bereiten, kann ich nur hoffen, dass Deutschland die Leute auch weiter Richtung Süden schicken kann.“ Aber der Politiker der Dänischen Volkspartei ging noch weiter: Ein Teil der Betroffenen hätte es überhaupt nur durch Angela Merkels Politik der offenen Grenzen bis nach Skandinavien geschafft – für Henriksen „ein unfreundlicher Akt der Bundesregierung gegenüber Dänemark“.

Wie zerfahren die Situation an der deutsch-dänischen Grenze mittlerweile tatsächlich ist, belegen Aussagen des schleswig-holsteinischen Landes-Flüchtlingsbeauftragen Stefan Schmidt, zur Praxis der Dänen, wenn er das Interesse der Flüchtlinge verteidigt, dort Asyl zu beantragen, wo sie es selbst vorziehen. Also in Deutschland. Deutschland würde ja auch versuchen, „Flüchtlinge in die nach Dublin-Regelung zuständigen Staaten zurückzuführen“. Das diese Vorhaben allerdings in der überwiegenden Zahl scheitert, weil die Skandinavier diesem Ansinnen kaum nachkommen, scheint Schmidt nicht zu interessieren.

Schmidt gründete 2004 den Verein „Borderline Europe – Menschenrechte ohne Grenzen“. In Italien war er damals wegen Schleusertätigkeiten angeklagt, wurde allerdings Jahre später freigesprochen. Schmidt hatte im Mittelmeer Flüchtlinge aufgenommen und in einen italienischen Hafen gebracht. Was die deutschen Sozialdemokraten heute sicher gerne verschweigen: „Der damalige deutsche Innenminister Otto Schily (SPD) und sein italienischer Kollege Bepe Pisanu erklärten zu dieser Rettungsaktion, es gelte, einen „gefährlichen Präzedenzfall“ zu verhindern. Schmidt wurde u.a. mit dem Menschenrechtspreis der Stiftung ProAsyl ausgezeichnet.

In Schleswig-Holstein regiert eine große Koalition aus CDU, den Grünen und der FDP unter Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Günther hat mit Angela Merkel keine Probleme. Auch mit Dänemark ist alles im Lot. Wenn sich der Focus also fragt: „Warum ausgerechnet aus dem Norden immer mehr Migranten zu uns kommen“, dann dürfte diese Frage damit beantwortet sein.

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