Tichys Einblick

Aasgeier kreisen über der Autoindustrie

774.000 Mercedes zurück in die Werkstätten und eine Gewinnwarnung (also eine sinkende Gewinnerwartung).

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774.000 Fahrzeuge von Mercedes müssen zurück in die Werkstatt und ja, was dann? Das ist noch unklar. Verkehrsminister Andreas Scheuer wollte jedenfalls Aktionismus demonstrieren und hat dem Chef von Daimler, Dieter Zetsche, unzulässige Abschalteinrichtungen an den Kopf geknallt. Das sei verboten, die Autos müssten zurückgerufen werden. Noch ist völlig unklar, was mit ihnen geschehen soll. Software-Updates sind bisher nach außen hin nicht bekannt geworden.

Und darf er das überhaupt? Bewiesen ist nichts. Daimler-Chef Zetsche hatte zwar gesagt, ja, wir machen das, lassen aber gleichzeitig gerichtlich klären, ob der Schritt zulässig ist.

Doch was ist unzulässig und was nicht? Juristisch ist nichts geklärt. Ein Politiker könne eine solche juristische Bewertung auch nicht treffen. Das meint jedenfalls der Stuttgarter Jurist Hanno Kiesel in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung.

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Der Verkehrsminister nehme hier eine juristische Bewertung vor, so Kiesel, die ein Politiker nicht zu treffen habe. Scheuer könne lediglich feststellen, dass bestimmte Motoren nicht in der Lage seien, die Abgaswerte einzuhalten, die laut Zulassung erreicht werden sollen. »Es mag die Aufgabe des Ministers sein, Sorge dafür zu tragen, dass Daimler diesen Mangel behebt. Es obliegt in unserem Rechtssystem allerdings den Ermittlungsbehörden beziehungsweise am Ende den Gerichten und nicht der Politik, eine juristische Bewertung vorzunehmen. Nach den Aussagen von Daimler-Chef Dieter Zetsche befinden sich in den betroffenen PKW keine unzulässigen Komponenten. Und diese Aussage konnte bislang noch nicht gerichtlich widerlegt werden.«

Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft auch gegen Daimler. Kiesel: »Allerdings befindet sich die Untersuchung im Status eines Ermittlungsverfahrens. Dafür genügt es, dass ein Anfangsverdacht vorliegt. Aus kriminalistischer Sicht kann man einen Anfangsverdacht im Themenbereich Abgasmanipulationen sehr schnell begründen, da es bereits andere Hersteller gibt, gegen die in einem ähnlichen Kontext ermittelt wird.« Ein Ermittlungsverfahren sage nichts darüber aus, ob ein Betrug vorliege oder nicht. Es gelte die Unschuldsvermutung.

Zu möglichen Schadensersatzforderungen verweist Kiesel auf zwei verschiedene Aspekte: einen zivilrechtlichen und einen strafrechtlichen. »Wenn objektiv feststeht, dass das, was ich kaufe, nicht dem entspricht, was mir versprochen wurde, habe ich einen vertraglichen Anspruch auf Nachbesserung. Das ist ein schuldrechtlicher Anspruch.«

»Der Schadenersatz wiederum verlangt eine unerlaubte Handlung. Und diese kann man auch aus strafrechtlichen Vorwürfen wie dem Betrugsvorwurf ableiten. Dann muss ich dem Unternehmen bzw. seinen Verantwortlichen aber den Betrug nachweisen können, was wiederum eine Verurteilung im Strafverfahren voraussetzt.«

Jetzt ist die spannende Frage, klagt Daimler tatsächlich, oder lässt der Konzern die Sache auf sich beruhen? In einem solchen Verfahren würde zum ersten Mal der Diesel-Skandal juristisch beleuchtet werden. Das ist bisher noch nie geschehen. Was ist eine technisch notwendige Abschaltfunktion, was geht darüber hinaus, und was wäre dann Betrug?

Gibt es einen nachweisbaren Schaden? Gespannt darf man sein, wie es gelingen sollte, Tote durch Abgase nachzuweisen. Diese unbelegte Behauptung wirft bekanntlich die Deutsche Umwelthilfe mit Fleiß in die Welt.

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Währenddessen ziehen bereits die ersten Gefahrenanzeichen am Horizont auf. Jetzt hat Daimler eine Gewinnwarnung herausgegeben und die Prognose für dieses Jahr zurückgezogen. Die Überschüsse werden sinken und nicht wachsen. Die heftige Reaktion an der Börse: Vier Prozent Verlust der Daimler-Aktie, der Börsenwert sinkt um drei Milliarden Euro an einem Tag. Einmal eine Folge des Handelskonfliktes zwischen den USA und China, zum anderen des Abgasskandals in Deutschland. Auch bei dem Stuttgarter Autokonzern drohen Verluste von Arbeitsplätzen ebenso wie bei VW. Die IG-Metall sieht bei Daimler 100.000 Arbeitsplätze in Gefahr.

Das Kreisen der Aasgeier kann man derweil schön beim Volkswagen-Konzern beobachten. Rund eine Milliarde Diesel-Bußgeld muss VW in Niedersachsen zahlen; auf diese Aktion der Braunschweiger Staatsanwaltschaft ließ sich der VW-Konzern erstaunlich geräuschlos und ohne Widerspruch ein. Eine Menge Geld, das in den Staatssäckel von Niedersachsen – zugleich zweitgrößter VW-Anteilseigner – gespült wird. Das wiederum lässt die Augen zum Beispiel von Brandenburgs Finanzminister Christian Görke blitzen. Rund 30 Millionen Euro würden seinem Land nach Einwoh-nerzahl gerechnet zustehen, verriet der dem Berliner Tagesspiegel. Muss man hinzufügen, von welcher Partei Görke ist? Er gehört zur Linken, die gerade das Bundesland Brandenburg ruinieren und bei jeder Neiddebatte vornedran sind.

Der knorke Görke: »Der Dieselskandal bei VW betrifft ja nicht nur das Land Niedersachsen, sondern hat der gesamten Bevölkerung, egal ob VW-Dieselfahrer oder nicht, gesundheitliche Schäden zugemutet und die Umwelt in allen Bundesländern belastet.«

Auch in Hessen lockt der Ruf des Geldes. Der hessische Finanzminister Schäfer will einen »Schadensausgleich«, damit das Geld allen zugutekommt. Noch wagt er nicht, zu behaupten, dass VW in allen Ländern für »vorzeitige« Tote gesorgt habe, und damit das Geld allen zustehe. Schäfer: »Die Praktiken von VW haben bundesweit Schaden angerichtet!«

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Zuvor hatte bereits Schleswig-Holsteins Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) eine bundesweite Verteilung der Geldbuße gefordert: »Niedersachsen weiß nicht, wohin mit der Milliarde, während die Kommunen bundesweit mühsam das Geld für die Umsetzung von Luftreinhalteplänen zusammensuchen.« Deshalb würde es »der Anstand gebieten, das Geld bundesweit allen Betroffenen zur Verfügung zu stellen«. Das Wort »Anstand« aus solch grünem Munde zu hören, hat schon etwas.

Nur auf die Idee, die Besitzer der Dieselfahrzeuge ein wenig zu entschädigen, kommt keiner der Bauernfänger. Die haben wie auch Autohändler massive Wertverluste ihrer Dieselfahrzeuge zu verkraften und können es wohl nur mit Klagen versuchen. Ein Hebel könnten übrigens die ersten Fahrverbote auf bestimmten Strecken sein. Die Messwerte stehen infrage und ebenso wie die behaupteten Gesundheitsgefahren, für die es keinerlei Belege gibt, wie wir hier mehrfach ausgeführt haben.


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