Auf eine Wahl-Prognose würde ich weder bei forsa noch einem anderen Institut setzen. Was Manfred Güllner seine Leute aber im RTL/n-tv-Trendbarometer ermitteln ließ, halte ich für glaubwürdig. Schon einfach deshalb, weil das exakt dem entspricht, was ich von vielen Leuten höre, die mit vielen Leuten tagtäglich zu tun haben. Bei finanzen.net steht:
«Die Bereitschaft, einer „Macron-Partei“ die Stimme zu geben, ist bei ehemaligen Wählern der SPD (70%) oder der Union (68%) besonders groß. Diese „vergessene Mitte“ im Wählerspektrum – so forsa-Chef Prof. Manfred Güllner gegenüber der Mediengruppe RTL – „wird durch die in beiden Parteien erhobenen Forderungen nach einem stärkeren Links- bzw. Rechtskurs verschreckt. Gäbe es für die große Mehrheit der Mitte in Deutschland eine politische Alternative wie vor einem Jahr in Frankreich, geriete somit auch das gesamte derzeitige Parteienspektrum in Deutschland in Gefahr.“»
Was die „Bewegung“ von Macron wirklich ist und wozu sie am Ende taugt oder nicht, ist hier nicht von Bedeutung. Was Güllners Leute da eingefangen haben, ist keine Auskunft darüber, was sich jene 57 Prozent der wahlberechtigten Bundesbürger unter einer solchen „Bewegung“ vorstellen und was sie sich von ihr erwarten.
Was das Forsa-Ergebnis hingegen unübersehbar sichtbar macht, ist ein breites Misstrauensvotum gegen alle Parteien. Wenn je 70 Prozent der Wähler von Union und SPD sagen, eine Art Macronative wäre für sie wählbar, heißt das, je zwei Drittel der ehemaligen Volksparteien haben ihre innere Kündigung ausgesprochen. Zugleich heißt es aber auch, die anderen Parteien bieten diesen zum Absprung Bereiten keine sie ansprechenden Alternativen.
Dass AfD und Die Linke das nicht sind, ergibt sich daraus dass diese „vergessene Mitte“ ja wegen der „in beiden Parteien erhobenen Forderungen nach einem stärkeren Links- bzw. Rechtskurs“ absprungbereit sind, und dann logischerweise nicht zu denen, die sie als deutlich Links oder Rechts einstufen. Für die Grünen gilt das inzwischen praktisch identischerweise. Ob der FDP bewusst ist, dass auch für sie?
Ein bemerkenswerter Befund vor den Landtagswahlen in Bayern und Hessen. Da es bei diesen keine Macronative gibt, wird interessant sein zu sehen, wie viele der „vergessenen Mitte“ tun, was sie bei der Bundestagswahl 2017 auch taten, zähneknirschend oder achselzuckend ihr Kreuz dort machen wo schon immer.
Dass der real existierende Parteibetrieb vorher auch nur in einem einzigen Fall noch eine intelligente Antwort findet, würde mich echt überraschen.