Die Titelgeschichte „Den Mördern auf der Spur“ erzählt, wie der kriminalistische Fortschritt dazu führt, dass jahrzehntealte, bislang unaufgeklärte Todesfälle mit neuen Methoden aufgeklärt werden – dank Einsatz aktueller wissenschaftlicher Erkenntnisse und neu gebildeten Spezialeinheiten. Wenn heute Ermittler wie Frank-Martin Heise und Wolfgang Sielaff aus Hamburg, dafür sorgen, „dass der Rechtsstaat solche Verbrechen nicht ungesühnt lässt“, dann ist das eine Seite der Medaille. Ein bisschen erinnert die Aufmachung an amerikanische Serien, die in den deutschen Fernsehsendern inzwischen fast rund um die Uhr gesendet werden. So wenig wie diese Serien ein Bild der realen Verbrechensaufklärung in den USA zeigen, so wenig sollte man glauben, dass sich jetzt die Aufklärungsquote von Kapitalverbrechen – sie ist durchaus sehr hoch – grundsätzlich wird steigern lassen.
Denn eines zeigt der Beitrag auch: der menschliche Faktor spielt in der Kriminalaufklärung eine große Rolle. Nicht nur der NSU-Skandal hat es offengelegt: Allzu schnell werden Opfer zu Tätern gestempelt, wenn es anders nicht ins Weltbild der Ermittler passt. Und das verstellt mitunter den Blick, nach den wahren Tätern zu suchen. Es herrscht immer noch die leider weitverbreitete Einstellung vor: Wer Opfer ist, muss sich selbst helfen. Bezeichnend ist, dass die Initiative, eine Spezialeinheit zu bilden, in einem der dargestellten Fälle von einem pensionierten Beamten ausgehen musste, den seine ungeklärten Fälle nicht losließen. Wenn neue Spezialeinheiten dazu führen, die Verbrechensaufklärung mit einem neutraleren Blick zu verfolgen, ist viel gewonnen.
Man wird nie verhindern können, dass Verbrechen geschehen, erst recht nicht Kapitalverbrechen. Man kann allerdings die Hürden erhöhen. Viele Regionen Deutschlands werden insofern zu „rechtsfreien“ Räumen gemacht, als sich die Polizei flächendeckend aus ländlichen Gebieten zurückgezogen hat, keine Präsenz mehr ausübt und jene, die dort leben, nicht mehr kennt. Statt „Leuchtturmprojekten“, die in Deutschland immer gerne ausgerufen werden und sich oft als potemkinsche Dörfer erweisen, sollte die Arbeit an der Basis verstärkt werden. Was nicht heißt, dass man auf neueste Erkenntnisse der Ermittlungsarbeit verzichten sollte.
Viele Berufene und Nicht-Berufene meinen zurzeit am besten zu wissen, was die SPD jetzt tun muss. Nicht jeder der Auguren ist so tief in der Materie wie Matthias Machnig – auch strukturell, war er doch von 1999 bis 2002 selbst (unglücklich agierender) SPD-Generalsekretär. Im Interview von Michael Sauga und Veit Medick „Trump ernst nehmen“, in dem es aber nur zu kleinen Teilen um den Handelsstreit mit dem US-Präsidenten geht, fordert der Ex-Wirtschaftsstaatssekretär mehr Geld für Innovationen und warnt davor, dass sich der politische Diskurs von der Lebensrealität abkoppele. Mit Blick auf mögliche Verbündete der SPD bei zukünftigen Wahlen meint Machnig, dass die „politische Auseinandersetzungen um neue Schnittmengen in einer veränderten Parteienlandschaft und damit neue Mehrheitskonstellationen noch gar nicht richtig begonnen“ habe.
Helmut Kohl belog bei der Wiedervereinigung laut Spiegel wissentlich die Öffentlichkeit über den Zustand der neuen Bundesländer, denen er damals in drei bis vier Jahren blühende Landschaften versprach. Er habe die Negativzahlen bewusst nicht hochgespielt, weil er laut einem Gesprächsprotokoll vom 22. Oktober 1999 das Selbstwertgefühl der Ostdeutschen nicht habe schädigen wollen. Psychologisch, politisch und kommunikativ handelte Kohl damit damals vielleicht richtig, auch wenn ihm die Ostdeutschen das bis heute nicht danken. Allerdings wurde die Wertschätzung für die neuen Bundesbürger in den dann folgenden Jahren mit Füßen getreten.
Eine der schillerndsten Figuren im Deutschen Bundestag ist der Linken-Abgeordnete, Agent Provocateur, Multimillionär, Manager von Katharina Witt, Musikproduzent, langjähriger Biermannfreund und Stasi-Mitarbeiter Diether Dehm. Nicole Abé begleitete den Unruhgeist über mehrere Monate („Der Nachtfalter“).
Mit dem Beitrag „Lieber doch nicht“ hat die Redaktion mit ihrer Analyse der Trump‘schen Nordkoreapolitik Journalistenpech. An der neuesten Nordkorea-Pirouette des selbsternannten Größten aller Dealmaker muss jede aktuelle Einordnung scheitern. Was man jetzt schreibt, ist im Twitter-Zeitalter gleich schon wieder überholt. Ob es an dieser Schnelllebigkeit liegt, dass im Teaser offenbar eine Zeile fehlt?
Das Geschehen in Italien bleibt für den Normalbürger hierzulande rätselhaft. Wie lange kann sich eine Regierung halten, deren Koalitionskitt allein im Geldausgeben besteht? Die Spiegel-Redaktion sieht ein hochexplosives Gemisch am Stiefel („Ein brennendes Streichholz“). Am Ende kommt es so, dass zur Beruhigung aller Gemüter wieder einige Milliarden Euro über die Alpen rollen. Griechenland lässt grüßen.
„Warum in die Ferne schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah.“ In dem Beitrag „Doktor Algorithmus“ feiert Kalifornien-Korrespondent Thomas Schulz die High-Tech-Szene, die sich im Silicon Valley der Digitalisierung der Medizin verschrieben hat, allen voran Google und Hunderte Start-ups. Der Focus berichtet in dieser Woche über das Biotech-Wunder von Mainz. Denn dort hat sich laut Focus ein milliardenschweres Netzwerk von innovativen Krebsforschern zusammengefunden. Aber was gilt in Deutschland und in Hamburg schon der Prophet im eigenen Land?
Erst recht dann gar nichts, wenn man im Beitrag auch noch das eigene Buch bewerben kann – wieder einmal. No-Go Nummer eins. No-Go Nummer zwei und richtig peinlich ist der Beitrag „Low Budget“. Darin berichtet der Autor Hauke Goos über seine schlechten Erfahrungen mit einem Autovermieter in Spanien. Ich kenne noch die Regel: Schreibe nie einen Beitrag, wenn du selbst betroffen bist; lass das einen Kollegen oder eine Kollegin mit Abstand zum Thema machen. Die allergrößte Peinlichkeit aber ist: Das ist doch alles bekannt! Und zwar seit vielen Jahren. Wie abgehoben von der Wirklichkeit ist jemand, der einen Automietvertrag unterzeichnet und den nicht durchliest. Auch hierzulande muss man wachsam sein, ob zur eigentlichen Buchung ggfs. noch Versicherungsleistungen hinzukommen, die man ggfs. gar nicht haben will. In der realen Welt jenseits der Wattepackung eines Spiegel-Verlagshauses kann das Leben anstrengend und ungerecht sein – und plötzlich ist man einer unter ganz, ganz vielen da draußen.