Tichys Einblick
Sprache ist verräterisch

Unterirdische Wortwahl eines Journalisten

Trump "Bergwerksstollen-Niveau" vorzuwerfen, das ihn von einem vornehmen Obama unterschiede, verbildlicht die Kluft zwischen Oben und Unten im Selbstverständnis von Journalisten.

© Fotolia

Eigentlich lese ich das Handelsblatt Morning Briefing schon seit Steingarts späten Zeiten nicht mehr, heute aber beim sehr frühen morgendlichen Hineinzappen in die Welt der Welterklärer, Abteilung Journalisten, doch. Dabei stieß ich auf diese Stelle (Hervorhebung von mir):

„Je lauter Donald Trump im Rhythmus der Tage über Politik twittert, so unscheinbarer kommt sein Vorgänger daher. Das mag daran liegen, dass Barack Obama nicht auf dem Bergwerksstollen-Niveau des jetzigen Amtsinhabers ankommen will. Vielleicht aber ist der Mann einfach überlastet. Zum einen schreibt er mit Frau Michelle an einer Autobiografie, zum anderen tritt das Paar über ihre Firma Higher Ground als Produzent von Filmen, Serien, Shows und Dokumentationen bei Netflix auf.“

Die kommerzielle Ausschlachtung des ehemaligen Amtes nicht nur durch diesen Präsidenten und nicht nur in Amerika wäre eine eigenen Geschichte wert. Aber mir geht es hier um das „Bergwerksstollen-Niveau“.

Welches Gesellschaftsbild spricht aus dieser Wortwahl eines Journalisten? Welche Arroganz von Oben gegen Unten. Bergleute (englisch Miner) sollen also Vorbild von Donald Trumps Kommunikationsstil oder gar Vorstellungswelt sein? Das wäre gut.

Ich kannte viele Bergleute. Männer, die anpacken konnten, deren Sprache einfach war und gerade deshalb durch und durch echt. Männer, die die nicht bloß arbeiteten, sondern schufteten. Ich habe kaum beeindruckendere als Bergmannskapellen spielen und Bergmannschöre singen hören. Ein stolzer Berufsstand, der über Jahrzehnte zu den Treuesten der Treuen der Sozialdemokratischen Bewegung gehört hatte, die untergegangen ist in einem Funktionärsclub zur gegenseitigen Karriereförderung.

Bei der Wortwahl „Bergwerksstollen-Niveau“ war dem Journalisten wahrscheinlich nicht bewusst, was er damit zum Ausdruck brachte, eine Absicht schließe ich aus. Um so mehr macht es sichtbar, welche Kluft zwischen denen da Oben und die für sie schreiben, einerseits und dem Volk da Unten andererseits klafft.

Das ist die Grundlage dafür, dass die Mandarine der Massenmediendemokratie sich um Freiheit und Recht nicht kümmern müssen, wenn sie ein willkürliches Umgehen mit Recht und Ordnung für ihr persönliches Erscheinungsbild in den Massenmedien für förderlicher halten. Welche Begriffe dafür passen, möge jeder selbst entscheiden. Ich fände es großartig, würden sich Politiker, Journalisten und die anderen öffentlich Mitwirkenden an Bergmanns-Niveau halten. Dann kehrte wieder Anstand ein. Und mit ihm Freiheit durch Recht, gleiches Recht für alle.

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