Ein Arzt schert aus und möchte keine Zuwanderer mehr behandeln. Flüchtlingshelfer geben entnervt ihre ehrenamtlichen Tätigkeiten auf, Tafeln stoppen vorübergehend den Zugang für Ausländer, Eltern holen ihre fast erwachsenen Töchter plötzlich wieder mit dem Auto in der Stadt vor der Disco ab, Kinder dürfen abends nicht mehr draußen spielen, einmal zugesagte Kita-Plätze sind nicht mehr verfügbar, hinter vorgehaltener Hand und mit Bedauern wird mitgeteilt: Vergeben an die Zuwandererkinder, die tägliche Meldung über wieder eine neue Messerattacken (sieben pro Tag in Berlin), Vergewaltigung oder schwere Körperverletzung steht schwarz auf weiß in der Zeitung, die beim Frühstück neben der Brötchentüte liegt. Und die kommt vom Bäcker. Dort holt nach Selbstbekunden auch FDP-Chef Christian Lindner seine Brötchen. Der muss jetzt allerdings nach Wunsch der Leitmedien selber welche backen, aber ganz kleine.
Dort heißt es, Lindner hätte das Falsche zum falschen Zeitpunkt über die falschen Leute gesagt:
„Man kann beim Bäcker in der Schlange nicht unterscheiden, wenn einer mit gebrochenem Deutsch ein Brötchen bestellt, ob das der hochqualifizierte Entwickler künstlicher Intelligenz aus Indien ist, oder eigentlich ein sich bei uns illegal aufhaltender, höchstens geduldeter Ausländer. Damit die Gesellschaft befriedet ist, müssen die anderen, die in der Reihe stehen, damit sie nicht diesen Einen schief anschauen und Angst vor ihm haben, müssen sich alle sicher sein, dass jeder, der sich bei uns aufhält, sich legal bei uns aufhält. Die Menschen müssen sich sicher sein, auch wenn jemand anders aussieht und noch nur gebrochen deutsch spricht, dass es keine Zweifel an seiner Rechtschaffenheit gibt. Das ist die Aufgabe einer fordernden, liberalen, rechtsstaatlichen Einwanderungspolitik.“
Nun wird es in Berlin nicht anders sein als in Braunschweig oder Bielefeld. Der typische Zuwanderer wird eher selten beim Bäcker anzutreffen sein. Das Frühstücksbrötchen gehört schon kulturell nicht zu seiner ersten Idee am Morgen. Schon gar nicht dieses komische Vollkornbrot. Es darf eher davon ausgegangen werden, dass das Fladenbrot vom Türken eine Tür weiter neben dem Bäcker eher das Produkt seiner Wahl ist. Wenn sich also mal ein Zuwanderer beim Bäcker verirrt, dann aus Neugierde oder aus Versehen oder weil er sich einmal anschauen will, was der Deutsche sich so auf den Frühstücksteller packt oder zum Kaffeetrinken mit nach Hause nimmt.
Real-Kauf beispielsweise hat das Fehlen des Zuwanderers am Backshop längst bemerkt und bietet eine Serie unterschiedlicher arabischer Back- und Süßwaren auf vielen Quadratmetern an prominenter Stelle des Verkaufsraumes an. Hier greifen allerdings noch vornehmlich Deutsche zu. Das Fremde ist dem Deutschen für den Moment mal das Interessantere. Zumindest in Gebäckform. Möglicherweise wird sich dieses fremde Gebäck sogar etablieren, so wie Döner, das einmal Gyros hieß oder wie der Falafel-Laden ums Ecke oder der türkische Gemüsehändler, der fünf Sorten Schafskäse anbietet, solchen, der wirklich noch vom Schaf kommt und nicht nur so heißt, nach nichts schmeckt und aus Kuhmilch hergestellt wird.
Ja, Christian Lindners Beispiel war unglücklich, weil es dieses Zusammentreffen beim Bäcker kaum gibt. Aber es gibt wirkmächtigere Beispiele, auf die sich Lindner hätte beziehen können, beispielsweise auf die Ansage von Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) der Verhaltensregeln gegenüber Zuwanderern empfahl: „Bürgerinnen und Bürger werden einfach sensibler sein müssen. Man muss nicht unbedingt Menschen nah an sich ranlassen.“ Aber Nähe ist nun Mal beim Bäcker unvermeidbar.
Der Spiegel stellt in einer Polemik fest: „In Bäckereien geschieht selten Schlimmes, die Verbrechen finden anderswo statt.“ Nur leider verpasst es das Magazin zu benennen, wo genau das passiert, vergisst nachzufragen, warum Diskothekenbesitzer lieber Bußgelder riskieren, als ihre Türsteher anzuweisen, jeden hereinzulassen. Vergisst zu fragen, warum in Großstädten mittlerweile schon Kneipen Türsteher anstellen, um junge männliche Zuwanderer auszusieben und abzuweisen. Eben dort, wo die Nähe eine tägliche Überprüfung erlebt und entsprechend reagiert wird. Beim Bäcker ist das nicht der Fall. Aber Lindner hat deswegen nicht weniger Recht.